SAP S/4 HANA: Integration statt Scheitern

S/4HANA ist das aktuelle Flaggschiff-ERP von SAP und damit insbesondere für viele bestehende Anwender Maß aller Dinge. Nicht ohne Grund: Denn der unternehmerische Erfolg hängt auch von einer leistungsfähigen Warenwirtschaft ab – inklusive Personalmanagement mit Ressourcenplanung, Gehalts- und Lohnabrechnung und der Zufriedenheit der Mitarbeiter. [...]

Der unternehmerische Erfolg hängt auch von einer leistungsfähigen Warenwirtschaft ab. (c) Unsplash
Der unternehmerische Erfolg hängt auch von einer leistungsfähigen Warenwirtschaft ab. (c) Unsplash

Doch gerade wegen der Wichtigkeit der eingesetzten ERP-Lösung scheuen jedoch viele Unternehmen den Wechsel. Gescheiterte Umstellungsprojekte machen zu Recht Schlagzeilen, denn im schlimmsten Fall können die entstandenen Kosten die Existenz des Unternehmens selbst gefährden. Wer umsteigen und die Vorteile eines neuen Systems nutzen will, sieht sich also möglicherweise unüberwindbaren Hindernissen gegenüber. Doch sind diese Hürden einfacher zu bewältigen, als man denken könnte – wenn vom ersten Schritt an alles gut geplant ist. 

Bereit sein ist alles

Die allererste Hürde, an der bereits alles scheitern kann, ist eine auf den ersten Blick einfache Frage: Ist das Unternehmen bereit für einen Wechsel? 

Je nach Art des Projekts ändern sich die Anforderungen grundlegend. Handelt es sich um eine Greenfield-Implementierung (Neuinstallation), eine Brownfield-Migration (Systemumstellung) oder einen hybriden Ansatz? Die Antwort auf diese Frage beeinflusst nicht nur die S/4HANA-Implementierung selbst, sondern lenkt auch die Konfigurations- und Migrationsstrategie von Beginn an in bestimmte Bahnen.

An dieser Stelle ist es entscheidend, den Funktionsumfang und die notwendigen Voraussetzungen auf Basis eines SAP-Readiness-Checks zu definieren. Mittels des entsprechenden Tools, das sowohl SAP als auch Implementierungspartner zur Verfügung stellen, wird sichergestellt, dass alle benötigten Funktionen identifiziert und für eine erfolgreiche Implementierung vorbereitet werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Festlegung des Betriebsmodells des Systems. Hier ist zu entscheiden, ob das System lokal gehostet (On-Premise) oder ausgelagert – beispielsweise in einer Private Cloud – betrieben wird. Diese Entscheidung beeinflusst die Implementierungsstrategie, die Wartungsansätze und das gesamte Systemmanagement gesammelt.

Ebenso wichtig ist die Planung der zukünftigen Systemlandschaft und Integration. Es muss berücksichtigt werden, wie die jeweiligen ERP-Module und externen Systeme miteinander interagieren sollen, um einen nahtlosen Datenfluss und eine effiziente Betriebsführung zu gewährleisten. Nicht zuletzt sollten auch optionale Anforderungen berücksichtigt werden, die das System weiter optimieren können, wie z.B. Datenarchivierung, Datenbereinigung und Prozessharmonisierung. Davon profitieren Betriebsabläufe und die Datenintegrität gleichermaßen.

Marian Gladis, SD Worx Österreich

Messen, messen, messen

Einen ausgereiften Plan für ein Greenfield- oder Brownfield-Projekt aufzustellen, ist Hauptaufgabe der Projektmanager und sollte keine große Herausforderung darstellen – oder etwa doch?

Denn der Projektplan ist nur die halbe Miete. Allzu oft geraten im Klein-Klein des Kampfes um die Einhaltung des Zeitplans die eigentlich angestrebten strategischen Ziele aus dem Blick. Was soll mit der Umstellung wirklich erreicht werden, welche unternehmerischen Ziele werden verfolgt? Hier kommen besonders Aspekte wie der vorliegende Business Case und die Total Cost of Ownership (TCO) ins Spiel, denn sie dienen dazu, die Wirtschaftlichkeit und den tatsächlichen Nutzen der Entscheidung zu bewerten. Ebenso wichtig sind die zugrundeliegende IT- und HR-Strategie sowie Sicherheits- und Compliance-Anforderungen, die für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Sicherheitsstandards entscheidend sind.

„Bewertung“ ist in diesem Zusammenhang das Schlüsselwort: Letztendlich geht es in jeder Projektphase um Messbarkeit. Und zu messen gibt es viel – die Erreichung festgelegter Projektphasen und der damit verbundenen Ziele, die Auswirkungen von Änderungen auf Zeitplan und Budget, die zu erreichenden Leistungsbenchmarks, und natürlich der ROI nach erfolgreichen Projektabschluss, etwa durch Effizienzsteigerungen. 

Das Boot muss voll werden

Stichwort Stakeholder: Je nach Betriebsmodell sind unterschiedliche Personen und Gruppen mit ins Boot zu holen. Speziell für HCM sind in diesem Zusammenhang innerhalb des jeweiligen Unternehmens auch und gerade C-Level-Führungskräfte, Geschäftsbereichsleiter sowie IT-Infrastruktur- und Netzwerkspezialisten relevant. Hinzu kommen externe Stakeholder: wichtige Endanwender, Compliance- und Audit-Vertreter sowie Change-Management-Stakeholder.

Die Erwartungen, Rollen und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten klar zu definieren, um Missverständnisse und Unklarheiten zu vermeiden, hat oberste Priorität. Regelmäßige Kommunikation und Transparenz dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden, um alle Beteiligten über den aktuellen Projektfortschritt auf dem Laufenden zu halten und Vertrauen aufzubauen. Eine starke Projekt-Governance, die Besprechungen, Überwachung, Gremien, Änderungsmanagement, Entscheidungsgremien und Verantwortlichkeiten umfasst, trägt wesentlich zum Erfolg bei.

Projektmanagement ist jedoch kein Selbstläufer – die Unterstützung durch das Management ist erfolgskritisch. Denn Führungskräfte können Konflikte zwischen Stakeholdern entschärfen und Beziehungen pflegen, um ein funktionierendes Projektumfeld zu gewährleisten. Und: Sie kommunizieren und würdigen Erfolge öffentlich und steigern so Moral und Motivation.

Praxis gegen Theorie

Über die letztlich wichtigste Personengruppe haben wir noch nicht gesprochen: All jene, die das neue System am Ende benutzen sollen. Gerade die Key-User müssen frühzeitig in das S/4HANA-Projekt eingebunden werden, denn ihr Input liefert äußerst wertvolle Insights in die gelebte Praxis – und sie fühlen sich abgeholt und respektiert. Gerade diese frühe Einbindung hilft, Bedenken auszuräumen und wertvolles Feedback in das Systemdesign einfließen zu lassen – aber sie sollte nicht mit Projektstart wieder fallen gelassen werden. Ein Pilotprogramm mit einer ausgewählten Gruppe von Nutzern ermöglicht es dann, das System unter realen Bedingungen zu testen und Verbesserungen vorzunehmen, bevor es im gesamten Unternehmen eingeführt wird.

Generell ist eine klare und transparente Kommunikation das A und O: über die Vorteile des neuen Systems, den Zeitplan für die Implementierung und die Auswirkungen auf die tägliche Arbeit der Anwender. Hier hilft es auch, einen speziellen Helpdesk einzurichten, der die Anwender bei Fragen oder Problemen während und nach der Umstellung unterstützt – idealerweise nicht nur virtuell, sondern auch mit Change-Botschaftern in jeder Abteilung. Denn wie in jedem klassischen Arbeitsverhältnis gilt auch hier: Mitarbeiter, die sich ernst genommen fühlen, sind am ehesten bereit, mit anzupacken und ein Projekt voranzutreiben.

*Der Autor Marian Gladis ist SAP S/4HANA Solution Architect bei SD Worx Österreich.


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