Testautomatisierung im Treasury- und Kapitalmarktbereich: Von der Upgrade-Herausforderung zum Innovationsmotor

System-Upgrades waren in der Finanzdienstleistungsbranche lange Zeit ein zweischneidiges Schwert. [...]

Thomas Lederer, Senior Manager, Solution Consulting Treasury and Risk Europe bei Finastra (c) Finastra
Thomas Lederer, Senior Manager, Solution Consulting Treasury and Risk Europe bei Finastra (c) Finastra

Auf der einen Seite bieten sie die Möglichkeit, die Infrastruktur zu modernisieren, die betriebliche Belastbarkeit zu erhöhen und die sich ändernden regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. Auf der anderen Seite können manuelle Testverfahren im Zuge des Upgrades ressourcenintensive Prozesse darstellen, die die Beziehungen zwischen operativen Abteilungen belasten. Ironischerweise hat der Prozess, der das Risiko reduzieren sollte, dieses oft erhöht.

Eine komplexe Umgebung mit hohem Risiko

Finanzinstitute haben oft Schwierigkeiten damit, Upgrades zu echten Innovationstreibern zu machen. Sie sind häufig mit internen Beschränkungen konfrontiert – darunter fragmentierte Systeme, begrenzte Automatisierung oder fehlende Möglichkeiten zur Isolierung von Testumgebungen. Infolgedessen müssen selbst kleine Änderungen in der gesamten IT-Landschaft getestet werden, und Fehler sind schwer zu identifizieren und zu beheben. In komplexen Handelsumgebungen mit täglich zehntausenden Transaktionen können solche Ineffizienzen zu ernsthaften finanziellen, regulatorischen und Reputationsrisiken führen.

Technologiepartnerschaften als Treiber für Innovation

Einige Institute konnten ihre Release-Zyklen durch gezielte Testautomatisierung bereits erheblich beschleunigen – bei gleichzeitig geringerem Ressourcenbedarf und stabileren Systemen. Diese Transformation ist häufig das Ergebnis enger Partnerschaften mit Technologieanbietern, durch die Finanzinstitute ihre Testprozesse neu strukturieren und intelligente Automatisierung einführen konnten.

Der erste Schritt ist häufig die Automatisierung der Testfalldurchführung – eine Änderung, die sich schnell als erfolgreich erweist. Die Testdauer wird drastisch verkürzt, Regressionstests werden zuverlässig automatisiert, und die Teams gewinnen Kapazitäten, um sich auf die Entwicklung neuer Funktionen und die Analyse von Fehlerursachen zu konzentrieren.

Für Banken bietet dieser Ansatz mehrere klare Vorteile. Er ermöglicht schnellere Software-Releases und eine deutlich kürzere Time-to-Market. Gleichzeitig verbessern sich die Systemstabilität und die Fehleranfälligkeit, während die aufsichtsrechtlichen Anforderungen zuverlässiger erfüllt werden können – und das alles ohne zusätzlichen Personalaufwand im Testteam.

Die Effizienz kann durch die strategische Zusammenarbeit mit spezialisierten Technologieanbietern noch weiter gesteigert werden. Diese Partner bieten nicht nur auf komplexe, regulierte Bankenumgebungen zugeschnittene Testautomatisierungs-Tools, sondern auch umfassende Dienstleistungen für die Konfiguration, Implementierung und laufende Wartung. Ergänzt wird dies häufig durch Evergreening-Programme, die Testverfahren kontinuierlich an Systemänderungen anpassen.

Solche Kooperationen bieten einen erheblichen strategischen Wert. Technologiepartner vereinen fundierte Branchenkenntnisse mit modernem technischen Know-how. Mit API-first-Architekturen, agilen Methoden und der Fähigkeit, fortschrittliche Ansätze wie KI-gesteuerte Testautomatisierung oder modulare Systemintegration zu implementieren, helfen sie Instituten, eine nachhaltige, zukunftsfähige Transformation zu realisieren.

In der Praxis ermöglicht dieser Ansatz heute in vielen Instituten wenige planbare Upgrades pro Jahr – mit spürbar reduziertem Ressourcenbedarf, beschleunigter Fehlerbehebung und minimalen Ausfallzeiten. Die Automatisierung sorgt dafür, dass Upgrades deutlich schneller, vorhersehbarer und überschaubarer ablaufen. Workarounds werden nur noch in Ausnahmefällen und für sehr kurze Zeiträume benötigt.

Evergreening macht Finanzinstitute nicht nur effizienter, sondern vor allem reaktionsfähiger auf neue regulatorische Anforderungen, Marktveränderungen und wachsende Kundenerwartungen – ohne die massiven Belastungen, die früher mit System-Upgrades verbunden waren. Sie müssen heute keine risikobehafteten Mammutprojekte mehr sein. Mit intelligenter Testautomatisierung, durchdachten Strategien und gezielter Zusammenarbeit mit innovativen Technologie-Partnern lassen sich Upgrades in einen standardisierten, wertschöpfenden Routineprozess überführen.

In einer Zeit, in der Agilität, Resilienz und Geschwindigkeit über die Wettbewerbsfähigkeit entscheiden, sind Automatisierung und Evergreening längst keine optionalen Maßnahmen mehr – sie sind zu einem strategischen Schlüssel für nachhaltigen Erfolg im Finanzsektor geworden. Wie das konkret aussehen kann, zeigt das Beispiel der Erste Group.

Erste Group: Mit Testautomatisierung zum agilen Upgrade-Zyklus

Die Erste Group zählt zu den führenden Bankengruppen in Zentral- und Osteuropa und hat sich stets den Anforderungen eines dynamischen Marktes gestellt. Eine zentrale Herausforderung: technologische Upgrades effizient und zukunftssicher umzusetzen. 

Die Bank hat sich daher dafür entschieden, ihre Testprozesse strategisch neu aufzustellen. Gemeinsam mit Finastra setzte die Erste Group auf intelligente Testautomatisierung, klar strukturierte Abläufe und eng verzahnte Technologiepartnerschaft. Schritt für Schritt wurde die Testdurchführung automatisiert, Regressionen zuverlässig abgedeckt, manuelle Engpässe abgebaut.

Heute dauern Upgrades bei der Treasury- und Riskomangement Plattform Kondor+ nur noch vier Wochen – mit stabileren Ergebnissen, weniger Aufwand und deutlich höherer Planbarkeit. Die Prozesse sind klar standardisiert, Fehlerquellen werden frühzeitig erkannt, und Testumgebungen lassen sich flexibel anpassen. Das Testteam kann sich wieder auf wertschöpfende Aufgaben konzentrieren, etwa die Entwicklung neuer Funktionen oder die Analyse systemischer Schwachstellen. Zwei große Releases pro Jahr sind für die Erste Group inzwischen Routine und zeigen, wie gezielte Automatisierung und verlässliche Partnerschaften zu nachhaltiger Effizienz führen und ein Innovationstreiber sein können.

*Der Autor Thomas Lederer ist Senior Manager, Solution Consulting Treasury and Risk Europe bei Finastra.


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1 Comment

  1. Herr Lederer, Ihre Darstellung der Upgrades als Routine und nachhaltigen Erfolg ist ja mal eine nette Umschreibung für Mammutprojekte! 😉 Tatsächlich klingt dieser agile Upgrade-Zyklus nach dem Versprechen, Banken mit KI und Partnern die Hölle auf Erden (also Upgrades) in einen Spass-Spa zu verwandeln. Sehr charmant, dass man Workarounds nur noch in Ausnahmefällen braucht. Na dann, wer braucht schon noch Kreativität, wenn KI alles regelt? Die Erste Group klingt nach einer Bank, die jetzt vielleicht mehr Zeit für die Bankettierung hat – statt bei Upgrades zu schuften. Das ist ja der Klassiker: Technologie macht alles einfacher… wenn man nicht gerade dabei ist, sie einzurichten. Eine lustige Zeit für nachhaltige Effizienz!grow a garden calculator

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