Große Zeitungen lassen kein gutes Haar an der Generation Z. Sie sei von der beruflichen Realität überfordert und nicht leistungsbereit war regelmäßig zu lesen. Innovative Unternehmen schlagen seit Kurzem andere Töne an. Der Businessstratege Jonas Paul Klatt verrät, was die Gründe für diese Entwicklung sind. [...]
Als Generation Z werden von der Sozialforschung jene Jahrgänge bezeichnet, deren Geburtsjahr im Zeitraum von 1997 bis 2012 liegt. Für die Sozialisationsforschung ist interessant, wie diese Menschen aufgewachsen sind und was für Einstellungen sie durch das Aufwachsen in diesen Jahren entwickelt haben. Anders als viele Zeitungsartikel ergeben die Ergebnisse von Studien dabei ein durchaus widersprüchliches Bild. Einerseits wünscht sich die Generation eine bessere Work-Life-Balance und scheint sich mehr in der Freizeit oder in privaten Projekten verwirklichen zu wollen, als in einer beruflichen Karriere. Das hört sich nach geringem Engagement an. Andererseits zeigen das Engagement bei Fridays for Future und Klimaprotesten, dass die Menschen durchaus engagiert sind. Zeigt sich dieses Engagement nur jenseits des Arbeitslebens?
Was will die junge Generation und wie bringt sie sich ein?
Tatsächlich ist es eine neue Arbeit, die sich die Generation Z wünscht. Sinnstiftend soll sie sein und den Menschen Chancen zur Selbstverwirklichung geben. Während die Aktivitäten auf sozialen Netzwerken vor einigen Jahren als Ablenkung und unverbindliches Klicken abgetan wurden, zeigt sich gegenwärtig das innovative Potenzial dieser Bereiche. Junge Menschen nutzen Tools, um sich und ihre Projekte zu organisieren und ihr Handeln gezielt auszurichten. Ihr Umgang damit schreit geradezu nach mehr Selbstverantwortung. Das Problem an vielen Unternehmen: Sie haben ihren Mitarbeitern diese bislang nur begrenzt gegeben. Als Businessstratege interessieren mich seit Jahren Innovationspotenziale, die eine Unternehmenskultur neu aufstellen und ins 21. Jahrhundert führen können. Ich bin der Meinung, dass die Generation Z exakt dieses Innovationspotenzial für Unternehmen bietet.
Entsprechend wundert es mich, dass auch innovative Unternehmer wie Carsten Maschmeyer zuletzt darauf gedrängt haben, dass Unternehmen mehr Selbstverantwortung an Beschäftigte abgeben sollten. Die Arbeitskultur kann so an die Bedürfnisse der neuen Generation angepasst werden, dass beide Seiten davon profitieren. Im Umgang mit digitalen Tools beweist die Generation Z eine hohe Multitaskingfähigkeit und den Willen, klare Prioritäten zu setzen. Die Aufgabe der Unternehmen besteht aus meiner Sicht darin, diese Priorisierung mit Qualifikation im effizienten Arbeiten zu verbinden. Auch der Wunsch nach sinnstiftenden Tätigkeiten lässt sich unternehmerisch aufgreifen. Im Idealfall sollte es bei der Arbeit nicht nur um einen Job gehen. Ein Projekt, das etwas Nachhaltiges bewirkt, mit dem sich alle identifizieren können und das gemeinsam vorangetrieben wird, bewirkt einen wirtschaftlichen Schub. Zudem wirken derartige Projekte anziehend bei der Rekrutierung von qualifiziertem Personal.
So verändern sich die Unternehmen im 21. Jahrhundert
Wie sich die Organisationen verändern müssen, um eine solche Arbeit zu ermöglichen? Frederic Laloux hat es in seinem viel beachteten Buch Reinventing Organizations beschrieben. Der Unternehmensberater gilt als einer der wichtigsten Autoren der New Work-Bewegung. In seinem Grundlagenwerk beschreibt er das Aufbrechen der hierarchischen Unternehmensstrukturen und der starren Arbeitswoche hin zu einem Unternehmen, das ein lebendiger Organismus ist, sich in agilen Teams stets neu aufstellt und seinen Mitarbeitern viel Freiheit lässt. Die Arbeit an einem sinnstiftenden Projekt und die kreativen Freiräume sind die Qualitäten der unternehmerischen Umstrukturierung. Mit diesen Vorteilen kommen sie exakt jenen Bedürfnissen entgegen, die die Generation Z an das Arbeitsleben stellt.
Das soziale Selbstbewusstsein der jungen Generation wurde oft als Überheblichkeit beschrieben. Sie schätze das Angebot der Unternehmen nicht und lasse sich Gestaltungsmöglichkeiten entgehen. Dabei bilden gerade die persönliche Souveränität und der Blick auf Nachhaltigkeit eine Voraussetzung für die Dynamisierung der Unternehmen im Zeichen von New Work. Als Beschäftigte können die Jungen eine Kultur der konstruktiven Kritik in den Alltag bringen und sind zugleich darauf bedacht, dass sich niemand im Berufsleben verbrennt. Work-Life-Balance und effizientes Arbeiten können Hand in Hand gehen, wenn die Organisation die Selbstverantwortung an Gruppen abgibt und effektive Formen der Selbststeuerung ermöglicht. Im Vergleich mit anderen Generationen zeichnet sich die neue dabei durch das klare Setzen von Grenzen aus. Die Unternehmen sollten begreifen, dass dies zu einer positiven Arbeitskultur beiträgt.
Dynamisierung der Unternehmenskultur durch die Generation Z
Die Generation Z tritt mit einem innovativen Mindset auf, das sich nicht nur an festen Strukturen orientiert. Sie überdenken diese und melden sich zu Wort, wenn sie andere Wege finden. Unternehmen sollten am Arbeitsplatz Möglichkeiten zur Teilhabe einrichten und auf die bisherigen zugreifen. Durch diese können erstens innovative Anregungen eingesammelt werden. Zweitens geschieht durch die Praxis der Teilhabe eine weitere positive Sache: Den Beschäftigten wird der Eindruck von „Ownership“ vermittelt. In der Forschung über Lernprozesse in Organisationen ist das ein wichtiger Fachbegriff. Er hebt darauf ab, dass die Mitarbeiter in der Beteiligungspraxis erkennen, dass das Ganze von ihnen selbst mitverwirklicht wurde und sie ein Teil des großen Projekts sind. Solche Erfahrungen der unternehmerischen Schöpfung werden von der Generation Z besonders geschätzt. Moderne Unternehmen sollten sie ihnen bieten und damit einen ökonomischen Ansporn schaffen.
Die innovativen und die unternehmerischen Leuchtturmprojekte haben längst mit den beschriebenen Veränderungen begonnen. Auch Großunternehmen setzen jetzt auf agile Strukturen, die neue Bedürfnisse von jungen Arbeitnehmern bedienen. Die Coronajahre haben diese Entwicklung noch gefördert. Arbeit via Homeoffice, digitale Treffen und flexible Organisation wurden gefördert. Die Generation Z hat begriffen, dass sich ein Wandel am Arbeitsmarkt abzeichnet. Die besten Köpfe dieser Generation wagen jetzt ihren Einsatz, um die Veränderungen weiter voranzutreiben. Wer als Unternehmer am Ball bleiben möchte, sollte jetzt nicht die Augen verschließen. Die Generation Z wird zu einem Akteur des Wandels, an dem sich erfolgreiche Unternehmen orientieren.
*Der Autor Jonas Paul Klatt verfügt über eine mehrjährige Erfahrung in Vertrieb, Online-Marketing und Pressearbeit und ist Businessstratege.
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