Wirtschafts-Crash als Kollateralschaden der Virusbekämpfung?

Die aktuelle Situation wird gerne mit einer Wirtschaftskrise wie im Jahre 2008 verglichen, was sie aus Sicht des Verbands Österreichischer Wirtschaftsakademiker volkswirtschaftlich aber nicht ist. [...]

Der Wirtschaftsakademikerverband warnt davor, unzureichende wirtschaftliche Maßnahmen im Rahmen der Bewältigung der Corona-Krise zu setzen. (c) pixabay

Der Wirtschaftsakademikerverband warnt davor, unzureichende wirtschaftliche Maßnahmen im Rahmen der Bewältigung der Corona-Krise zu setzen. Der verband weist in einer Aussendung darauf hin, dass er bewusst davon Abstand nimmt, zu den medizinischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus Stellung zu nehmen. Als Netzwerk aus hunderten Experten der Betriebs- und Volkswirtschaft möchteder Verband jedoch zur wirtschaftlichen Gefahr für Klein-, Mittel- und Großbetriebe sowie für den Öffentlichen Sektor selbst Stellung nehmen. Wir veröffentlichen in der Folge die Aussendung im Wortlaut:

Die Stellungsnahme des Wirtschaftsakademikerverbands im Wortlaut

„Im Gegensatz zu einer Wirtschaftskrise funktionierte bis vor wenigen Tagen die Österreichische Wirtschaft noch reibungslos, was letztendlich sogar zur Anstrebung eines Nulldefizits im Staatshaushalt führte. Mit dem Beginn der Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus setzten die politischen Verantwortlichen jedoch auch das bis dahin reibungslose Zusammenspiel zwischen der Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen und der Angebotsseite aus, welche bis zu diesem Zeitpunkt diese Leistungen in den meisten Branchen auch erbringen konnten. Damit kam es zu einem von der Regierung verordnetem Nachfrageverbot der Konsumenten in unterschiedlichen Branchen, für welche die Angebotsseite völlig unverschuldet nun den Kopf hinhalten muss. Dies betrifft zunächst insbesondere Branchen des öffentlichen Lebens mit den unterschiedlichsten Einkommensarten und wird zu einem Dominoeffekt des sukzessiven Wegbrechen auch weiterer Branchen führen, falls diese zu befürchtende Kettenreaktion nicht umgehend gestoppt wird.

Dies ist für das Überleben unserer Volkswirtschaft sehr gefährlich, wenn man nicht versteht, dass die davon unschuldig betroffenen Sektoren mit ihrer Wirtschaftsleistung voll und ganz für die dadurch entstehenden wirtschaftlichen Schäden entschädigt werden müssen. Hierin sehen wir auch budgetär gar keine Hindernisse, denn derzeit ist kein Nulldefizit, sondern das Überleben unserer Volkswirtschaft relevant. Wenn man die Signale einer Europäischen Zentralbank und die Aussagen der Präsidentin der Europäischen Union richtig versteht, dann ist derzeit in jeder Höhe Geld für Österreich verfügbar, um die betroffenen Sektoren am Leben zu erhalten.

Deshalb ist für uns unverständlich, weshalb gerade der wirtschaftliche Rettungsanker des Epidemiegesetzes in Form einer „Sonntags-Gesetzgebung“ einfach von heute auf morgen außer Kraft gesetzt wurden, welche die Wirtschaft plötzlich vom Anspruchsteller zum Bittsteller degradiert. Dieses besagt unter anderem, dass natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes die durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile vom Staat zu vergüten sind, wenn sie in ihrem Betrieb teilweise oder gänzlich beschränkt wurden, und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

Auch wenn dieses Bundesgesetz bereits seit 1950 in Kraft ist, ist in diesem aus unserer Sicht der Anspruch auf Entschädigung eigentlich sehr eindeutig definiert. Wieso man dieses in aller Eile genau einen Tag vor dem Eintreten der Entschädigungsansprüche außer Kraft setzt, ist für uns weder betriebswirtschaftlich noch volkswirtschaftlich nachvollziehbar. Denn dieser seit nun 70 Jahren existierende und auf seine Anwendung wartende, sinnvolle Rettungsanker unserer Volkswirtschaft ist eigentlich das, was es nun auch brauchen würde. Jedes Unternehmen hätte gleichberechtigt, egal ob Großkonzern oder Ein-Personen-Unternehmen die Gewissheit, in dieser Krisensituation einen Rechtsanspruch auf sein wirtschaftliches Überleben und auf die Abgeltung seiner Verdienstausfälle zu haben.

Setzt man dieses außer Kraft, nur weil man etwaig befürchtet, sich die Abgeltung dieser Ansprüche nicht leisten zu können, so käme dies einer einseitigen und fristlosen Kündigung einer Elementarversicherung gleich, genau wenn der Schadensfall auch wirklich eintritt. Und genau genommen haben die Österreicherinnen und Österreicher seit nun mehr 70 Jahren in diese Elementarversicherung eingezahlt.

Glaubt man nun seitens der politisch Verantwortlichen, durch das Außer Kraft setzen dieser Anspruchsgrundlage Geld zu sparen, welches jedoch nicht dem Staat, sondern den Bürgern gehört, so müssen diese sich auch bewusst werden, dass letztendlich der Schaden für die gesamte Volkswirtschaft größer sein wird, als bei der nun geplanten Entschädigung nach dem Förderprinzip, welche nun aber keinen Anspruch mehr für die Wirtschaft darstellt. Denn kommt es aufgrund zu zögerlicher oder unzureichender Maßnahmen doch zu dem befürchteten Dominoeffekt und damit zum Versterben einer größerer Zahl von Unternehmen als angenommen, so wird es dem Staat etwaig um ein Vielfaches mehr aufgrund der Steuerausfälle und Zahlung von Notstandshilfen kosten, als die jetzt noch mögliche flächendeckende und faire Abgeltung der zwar in dieser Notsituation gut gemeinten, aber dennoch selbst verordneten Entkoppelung von Angebot und Nachfrage durch ein verhängtes Nachfrageverbot. Wer dies nicht glaubt, möge uns den sofortigen Anstieg der Arbeitslosigkeit um rund 49.000 Personen innerhalb von zwei Tagen erklären, von den Kursverlusten ganz zu schweigen.

Aus unserer Sicht ist daher die gleichberechtigte Abgeltung aller entstandenen wirtschaftlichen Kollateralschäden die sinnvollste Art zur nachhaltigen Rettung der Österreichischen Volkswirtschaft. Kredite und Garantien sind hierbei genau das, was ein Unternehmen jetzt gar nicht braucht, denn dies kompensiert nicht den staatlich verordneten Umsatzausfall. Nur Bares ist Wahres und Unternehmer lassen sich nur ungern hinters Licht führen. Dies mindert lediglich das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Maßnahmen.

Hierbei sei auch erwähnt, dass das sich derzeit abzeichnende, für Österreich typische bürokratische Vorgehen einer Antragstellung durch die Unternehmen und die Gewährung durch den Staat wohl kaum funktionieren kann, insbesondere in einer Zeit, wo jetzt auch noch Homeoffice angesagt ist. Außergewöhnliche Zeiten brauchen jetzt auch außergewöhnliche Geschäftsprozesse. Hier möchten wir an dieser Stelle daran erinnern, dass der Umsatz der Unternehmen aufgrund der vorliegenden Steuerbescheide der letzten Jahre sehr leicht als Entschädigungsbasis herangezogen werden kann, ohne die Unternehmen in dieser schwierigen Situation auch noch mit Anträgen oder Behördenwegen zu belasten. Für Startups und Jungunternehmer braucht es hierbei jedoch natürlich andere Lösungen.

Wir hoffen, dass der sinnvolle und faire medizinische Ansatz zur Rücksichtnahme auf unsere gesundheitlichen Risikogruppen auch in wirtschaftlicher Hinsicht seine Anwendung finden wird, auch wenn die Gesundheit hierbei selbstverständlich im Vordergrund steht.“


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