Komplexe Digitalprojekte iterativ umsetzen

Agile Transformation bleibt das große Thema, wenn es darum geht, umfassende Projekte des Digitalbereichs effizient, kostensparend und zielführend umzusetzen. Denn Märkte ändern sich immer schneller; Anforderungen an Unternehmen sind stetig im Wandel. [...]

Im Vergleich zu klassischen Projekten, die langfristiger angelegt werden können, bestehen im digitalen Umfeld wesentlich kürzere Zyklen. (c) pixabay

Die Umsätze einer Baumarktkette im Onlinehandel steigen bei gutem Wetter sprunghaft an. Das hat Folgen für die Angebotspalette im Webshop, die Lagerhaltung und die Distribution. Dieses Beispiel zeigt wie tiefgreifend einfachste Komplexitätstreiber in die Unternehmensabläufe einwirken können und wie wichtig es ist, ein Verständnis für die flexible Optimierung innerhalb der Digitalstrategien eines Unternehmens zu entwickeln.

Zu Beginn eines digitalen Projektes ist dessen endgültiger Umfang nicht immer leicht umfänglich einzuschätzen. „Die Anforderungen können sich extrem schnell verschieben, viele Themen erschließen sich erst auf dem Weg der Umsetzung. Die Parameter eines Projektes, das in der Zeitspanne von bis zu einem Jahr bearbeitet wird, können sich während dieser Zeitspanne ändern und damit umfassende Veränderungen erforderlich machen“, so Oliver Vogt, Geschäftsführer der Digitalagentur TEAM23, die sich auf komplexe Digitalprojekte spezialisiert hat. „Die Anforderungen an Markt und Zielgruppe können sich bereits während der Umsetzung rapide verändern. Es ist deshalb wichtig, in der Projektumsetzung grundsätzlich flexibel zu bleiben.“ Digitale Komplexitätstreiber lassen sich schwer kalkulieren; zwar ist das Ziel meist klar formuliert oder vorgegeben, auf dem Weg dahin entstehen aber häufig Herausforderungen oder zusätzliche Aufgaben, die sich bei Beginn noch nicht erschlossen haben.

Im Vergleich zu klassischen Projekten, die langfristiger angelegt werden können, bestehen im digitalen Umfeld wesentlich kürzere Zyklen, in denen man Digitalprojekte überdenken und redefinieren muss. Aus technischer Sicht gibt es inzwischen eine Vielzahl von Systemen, die man miteinander verknüpfen muss, um alle Projektbeteiligten optimal in eine Lösung einzubinden. Im Zuge dessen, werden vor allem agile Ansätze und Methoden zur Bearbeitung digitaler Projekte immer relevanter. „Man sollte Projekte so angehen, dass stets in kleinen Iterationen gearbeitet wird, um sich der Komplexität eines Gesamtproduktes immer weiter anzunähern. Das hat zur Folge, dass in den Unternehmen auch grundsätzliche Überzeugungsarbeit geleistet werden sollte, wie digitale Projekte überhaupt sinnvoll funktionieren können“, so David Danier, Supervising Chief Technical Officer of Scalable Customer Success TEAM23.

Bewusstsein für die Komplexität ist Voraussetzung für den Projekterfolg

Das Verständnis für das Problem ist dabei schon die halbe Lösung. Projekte können sich im fortschreitenden Verlauf verändern, weiterentwickeln und auch einmal eine ganz andere Richtung einschlagen als ursprünglich geplant. „Die Mitarbeit des Unternehmens ist für den Erfolg eines umfangreichen Digitalprojektes unerlässlich“, so Vogt. „Die passive Auftragsvergabe nach dem Motto ‚Hier ist das Problem, präsentiert uns dann bitte mal die Lösung’ funktioniert so leider nicht, der Weg hin zum Projektergebnis muss zusammen gegangen werden. Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen Unternehmen und externem Experten sowie Sparring sind geboten.“

Dabei stellen zeitgemäße Standardlösungen formal wichtige Faktoren dar, die für die Projektumsetzung bereits wichtige Tools bieten. An einigen Punkten ist es allerdings nötig, diese vorgegebenen Normen zu verlassen und individuelle Lösungsansätze für ein digitales Projekt zu entwickeln. „Das kann dazu führen, dass bestehende Abwicklungsprinzipien erweitert oder grundlegend selbst neu erarbeitet werden müssen. Es muss also ein Bewusstsein für diese Komplexität entstehen“, so Danier weiter.

Die Innensicht verlassen

Auch die eigenen Grenzen zu erkennen ist ein wichtiger Punkt bei der Entwicklung von komplexen Digitalprojekten. Selbst Unternehmen, die über eigene Ressourcen oder verantwortliche Personen verfügen, sind gut darin beraten, sich externe Beratung oder Dienstleistung zu organisieren. „Sparringspartner können von außen noch einmal eine andere Sicht auf die Themen bewirken. Der äußere Standpunkt ist für das Gesamtergebnis äußerst wichtig“, betont Vogt die Grenzen einer internen Lösung.

Das eigene Geschäftsmodell in die digitale Welt zu übertragen, stellt eine umfassende Aufgabe dar, die viele auch alteingesessene Herangehensweisen im Unternehmen grundlegend zur Disposition stellen kann. Die Ideenfindung dazu sollte daher nicht nur intern im Unternehmen, sondern auch extern stattfinden. Digitalisierungsprojekte stellen zudem keine delegierbaren Aufgaben an einzelne Abteilungen dar, sondern müssen ressortübergreifend ausgearbeitet werden.
Eine solch umfassende Zusammenarbeit im Unternehmen führt zwangsläufig zu einer beträchtlichen Komplexität an Aufgaben. Spätestens wenn die Ziele des Projektes dann fachübergreifend definiert sind, entsteht Bedarf an Hilfe bei der digitalen Umsetzung oder Moderation. „Komplexe Website-Projekte beziehen z. B. Integrationen verschiedener Tools aus HR-Management oder ERP/Warenwirtschaft ein. In diesen Fällen gilt es, sämtliche betroffenen Abteilungen und das Managementboard in den Prozess zu integrieren“, fügt Danier hinzu.

Kollaboration entschärft Komplexität

Auf dem Weg zum Erfolg digitaler Projekte ist der Einsatz von Techniken parallelen und iterativen Projektmanagements unerlässlich. Agile Methoden wie Scrum mit Sprint Planning, Review sowie Kanban sind daher wichtig. Es ist zum Teil erforderlich, diese Arbeitsstrukturen miteinander oder mit klassischen Methoden wie dem Wasserfall zu kombinieren.

Der grundlegende Schritt ist allerdings, diese auch konsequent anzuwenden. Dazu braucht es einen stetigen, intensiven Austausch sowie das Verständnis für die Problematik der Komplexität als Schlüssel für die zielführende Umsetzung innerhalb und außerhalb der beteiligten Firmen. „Regelmäßiger, abteilungsübergreifender Austausch führt dazu, dass interne Stakeholder sowie externe Partner eine Einheit bilden, welche im Grund wie ein eigenes Unternehmen oder Abteilung funktioniert. Damit lässt sich ein Großteil der Komplexität eines digitalen Projektes auflösen“, erklärt Vogt. Trotz der Allgegenwärtigkeit digitaler Tools ist der Gedanke der klassischen Zusammenarbeit mit physischer Präsenz dabei ein Erfolgsgarant.

Über die Laufzeit eines Projektes reduziert sich signifikant das Risiko

Ausarbeitung und Dokumentation klassischer Projekte bringen einen weiteren enormen zeitlichen Aufwand mit sich. Die Vorteile agiler Methoden liegen auf der Hand aufgrund stetiger Fehlererkenntnis und Korrekturmöglichkeit. Um komplexe Zusammenhänge innerhalb digitaler Projekt darstellen und erfolgreich auflösen zu können, empfiehlt sich daher Folgendes: „Es sollte früh ein Stadium der Umsetzung und des Screenings erreicht werden, um entwickelte Lösungsansätze direkt am Markt prüfen und gegebenenfalls nachjustieren zu können. Damit steigt die Reaktionsfähigkeit auf etwaige Risiken, die während des Projekt oder einzelner Teilabschnitte entstehen können. Umfassende Digitalprojekte gleichen zudem nicht selten einer Operation am offenen Herzen; besonders im E-Commerce-Bereich sind längere Entwicklungszeiten undenkbar, denn Bestell- und Lieferfähigkeit sind schließlich essentiell“, betont Danier. „Projektkonzepte werden daher fortlaufend um neue Erkenntnisse der verschiedenen Abteilungen ergänzt, um sie auch schnellstmöglich in das Projekt einzuarbeiten. Dafür stellen agile und iterative Arbeitsweisen die optimalen Toolsets dar.“

*Robert Karl Fellmer ist IT-Journalist für Wordfinder PR.


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