Den Herausforderungen einer zunehmend konvergenten TV-Welt widmet sich die Medienfachtagung "EuroReg 2013" in Wien. [...]
Angesichts des Zusammenwachsens von TV und Internet sowie einer stärkeren Bedeutung von nicht-linearem Fernsehen ist es laut ORF-Finanzdirektor Richard Grasl von wesentlicher Bedeutung, dass öffentlich-rechtliche Sendeanstalten nicht auf der Strecke bleiben. Sie sollen neue technologische Möglichkeiten ebenfalls nützen dürfen. „Es werden neue, größere und schnellere Autobahnen gebaut, auf denen wir alle fahren werden“, erklärte er. „Und die Verkehrszeichen müssen für alle gleich gelten.“
Damit sprach Grasl nicht zuletzt auch internationale Mitbewerber wie Google, Apple oder Amazon an, die zu einem Gutteil für den Bau neuer Kanäle verantwortlich zeichnen. „Aus europäischer Sicht muss man sich Fragen: Überlässt man das den amerikanischen Großkonzernen?“ Den ORF selbst sieht er gut aufgestellt, nicht zuletzt durch die TVthek oder Second-Screen-Applikationen wie jene zur Ski WM in Schladming. „Wir müssen uns auf eine konvergente Medienwelt vorbereiten“, wobei öffentlich-rechtliche Sender nicht ausgeschlossen werden dürften. „Hier gilt es auch, auf Qualität zu setzen und unverwechselbaren, österreichischen Content zu liefern.“
Medienanalyst Lluis Borrell verwies bei der von KommAustria und RTR veranstalten Konferenz auf die hohe Entwicklungsgeschwindigkeit, gab aber gleichzeitig zu bedenken, dass der Gesamtanteil nicht-linearen Fernsehkonsums noch keine relevante Größe erreicht habe. „Das gilt für den Durchschnitt. Bei einzelnen Angeboten sieht es aber schon wieder anders aus.“ So können neue Mitbewerber – etwa das Video-on-demand-Unternehmen Netflix – durchaus wichtige Positionen am Markt einnehmen. „Außerdem gibt es die Möglichkeit für neue Businessmodelle, die es durchzudenken gilt.“ Für traditionelle Sendeanstalten sieht er zusätzliche Möglichkeiten zur Kooperation mit neuen Mitbewerbern.
Ein anderes Thema sei wiederum die Monetarisierung von nicht-linearen Inhalten. Letztlich müssten Borrell zufolge beide Systeme weiter verfolgt werden. „Die Konsumenten nehmen sowohl lineare wie nicht-lineare Standards an.“ Allerdings könnte Online-Angeboten künftig auch eine „Datendrossel“ in die Quere kommen, wie sie von der deutschen Telekom ab 2016 angedacht ist. „Nonlinear wird einen unglaublichen Konsum an Breitbandkapazität erfordern, und die Bandbreiten sind beschränkt“, so der deutsche Medienfachanwalt Christoph Wagner. Und Heiko Zysk von ProSiebenSat.1 ergänzte: „Es wäre naiv zu denken, dass es so weiter geht und man für 19,99 Euro die ganze Welt ins Haus bekommt.“
Eine auch international greifende Regulierung sei aus seiner Sicht derzeit schwierig. „Wie setze ich die dann durch?“, bezog sich Zysk auf die US-amerikanischen Anbieter. Laut Wagner müsse man sich auf europäischer Ebene zu einer Plattformregulierung anstatt einer Senderregulierung bekennen. „Das schließt auch eine Providerverpflichtung mit ein“, womit Internet-Anbieter dann auch für den von ihnen verbreiteten Content mitverantwortlich sein sollten. „Reguliert wird derzeit in einem ganz kleinen Karo, da tobt man sich aus. Das große weite Feld ist aber deutlich unterreguliert.“
Ein Thema, dem sich die EU mit dem Ende April veröffentlichten „Grünbuch über die Vorbereitung auf die vollständige Konvergenz der audiovisuellen Welt“ widmet. Letztlich sei das Thema nicht nur ein medienpolitisches, sondern auch eine wirtschaftliche Frage, betonte Manfred Matzka, Präsidialchef im Bundeskanzleramt. Das Grünbuch sei eine erste gute Antwort, „aber wir sind sicher noch nicht weit genug. Eine einheitliche Positionierung wird notwendig sein, auch wenn nationale Antworten ihren Charme haben.“ (apa)
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