Unternehmen, die ihre IT nicht als Kosten- sondern als Wettbewerbsfaktor sehen und laufend in Automatierungslösungen investieren, meistern Krisen besser als andere. Die COMPUTERWELT sprach mit Wilfried Seyruck von der PROGRAMMIERFABRIK. [...]
Wie haben Sie bis dato die Corona-Krise intern gemeistert?
Als Betreiber kritischer Infrastruktur müssen wir auf solche Notfälle vorbereitet sein. Der Umstieg auf Homeoffice gelang daher gut und zeitgerecht. Auch dort, wo wir Kunden vor Ort bei der Entwicklung von Software unterstützen, weil auch unsere Kunden umgehend auf Homeoffice umgestellt haben. Wir konnten daher alle vorgesehenen Leistungen erbringen und sogar viele neue Fachkräfte erfolgreich integrieren, was in solchen Situationen besonderen Einsatz erfordert.
Welche Auswirkungen hatte die Krise bis dato auf Ihre Kunden?
Unsere Kunden sehen IT nicht als Kosten- sondern als Wettbewerbsfaktor und investieren daher laufend in IT-Lösungen, die ihre Geschäftsprozesse automatisieren. Daher kamen unsere Kunden vergleichsweise gut durch die Krise. Bei anderen Unternehmen war Corona ein Treiber für viele längst notwendige Digitalisierungsprojekte, die teilweise recht pragmatisch durchgeführt wurden. Etwas Mut zur Lücke ist zwar manchmal hilfreich, bei Security, Ausfallsicherheit und Performance aber gefährlich.
Was sind Ihre wichtigsten Learnings aus der Krise?
Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Die Arbeitnehmer haben das zu schätzen gelernt und wollen auch hinkünftig nicht mehr darauf verzichten. Um IT-Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, werden wir zukünftig daher mehr Homeoffice-Möglichkeiten bieten müssen, was die Arbeit unserer Führungskräfte nicht erleichtert. Gut eingespielte Scrum-Teams waren aber auch bei ausschließlicher Tätigkeit im Homeoffice sehr produktiv.
Worauf führen Sie die signifikante Umsatzsteigerung der letzten Jahre in erster Linie zurück?
In den letzten fünf Jahren konnten wir unseren Umsatz kontinuierlich von 9,7 auf 18,1 Millionen steigern. Die verstärkte Entwicklung von schlüsselfertigen Individual-Lösungen hat dazu ebenso beigetragen wie der Betrieb dieser Lösungen für unsere Kunden. Im letzten Jahr haben öffentliche Auftraggeber verstärkt Entwicklungs-Dienstleistungen über unsere BBG-Rahmenverträge abgerufen, weil die Pandemie etliche rasche Entwicklungen erfordert hat. Auch bei unseren Standard-Software-Produkten war im vergangenen Jahr die Nachfrage nach unseren Lösungen für Pathologie-Institute höher als sonst. Für das heurige Jahr rechnen wir daher nur mit einer moderaten Umsatzsteigerung.
Was waren die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die überaus rasche Realisierung des LKH-Feldkirch-Projekts?
Die manuelle Eingabe der Befunde in das Epidemiologische Meldesystem (EMS) war wegen der rasch steigenden Fallzahlen an Corona-Infektionen im März letzten Jahres für Pathologie-Institute kaum mehr zu bewältigen. In partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit diesem Kunden haben darauf spezialisierte Fachkräfte unseres Hauses daher sehr schnell eine Schnittstelle zum EMS entwickelt, die dann auch bei anderen Anwendern unserer Lösungen für Pathologie-Institute ausgerollt wurde. Damit konnten wir den stark geforderten Medizinern in diesem Bereich wertvolle Zeit sparen, die sie für die Diagnose dringend benötigt haben.
Erwarten Sie beim Thema Fachkräftemangel mehr Unterstützung durch die öffentliche Hand?
Um dieses Problem zu lösen, ist ein nationaler Kraftakt erforderlich, wo wir alle etwas beitragen müssen, um die Begeisterung von jungen Leuten für IT zu fördern. Schulwettbewerbe, wie sie die Österreichische Computer Gesellschaft durchführt, tragen dazu bei und zeigen, welches Potential vorhanden ist. Dieses Potential sollten wir ausschöpfen. Wenn 49 Prozent der Teilnehmer weiblich sind und ausgezeichnet abschneiden, sollte der Frauenanteil in den Ausbildungseinrichtungen ähnlich hoch sein. Wir müssen aber auch beispielsweise im Rahmen der Dualen Akademie selbst ausbilden.
Ihr Resümee ein Jahr Duale Akademie? Wie hält man nach Beendigung der Ausbildung möglichst viele Trainees im Unternehmen?
Die Duale Akademie ist ein echter Segen für uns, weil wir so punktgenau einen Teil unserer Fachkräfte selbst ausbilden können. Sowohl für die Entwicklung als auch den Betrieb unserer Lösungen. Der Fokus auf AHS-Absolventen passt perfekt, weil diese Zielgruppe groß und bestens geeignet ist. Damit unsere Trainees langfristig bei uns bleiben, versuchen wir daher schon während der Ausbildung interessante Aufgaben für sie zu finden, die deren Begabungen und Neigungen entsprechen.
Welche Verbesserungen würden Sie sich für den Standort Oberösterreich wünschen?
Bei uns gibt es viele hervorragende IT-Ausbildungseinrichtungen, die aber den enormen Bedarf der innovativen oberösterreichischen Unternehmen an IT-Fachkräften nicht decken können. Die zugesagte Technische Universität ist daher eine Jahrhundert-Chance, um diesen Bedarf besser zu decken und hervorragende Forscher hierher zu bringen, die insbesondere auch mit den heimischen Betrieben kooperieren wollen. Dazu ist aber ein intensiver Dialog mit Experten und Bedarfsträgern über die Ausrichtung dieser Einrichtung erforderlich.
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