EU-Kommissarin Neelie Kroes hat sich mit ihren neuen Regeln für die Telekom-Branche Kreisen zufolge in den eigenen Reihen doch noch durchgesetzt. Sie habe die Mehrheit der Kommissare auf ihre Seite gezogen, sagte ein mit der Sache vertrautes hochrangiges Mitglied der EU-Kommission der Nachrichtenagentur Reuters. [...]
Der Vorschlag werde nun am Donnerstag vorgestellt. Ursprünglich sollten Details zu den neuen Leitlinien am Mittwoch von Kroes veröffentlicht werden. Zuvor hatten sich Eingeweihten zufolge bis zu neun der 28 Kommissare gegen die Pläne gesträubt.
Mit dem Entwurf werden auf Jahre hin die Weichen für die Geschäfte von Telefon-Giganten wie der Deutschen Telekom, Telefonica und Vodafone gestellt. Der Widerstand hatte sich vor allem an dem Kroes-Vorschlag entzündet, künftig eine Überholspur im Internet einzurichten. Die soll mautpflichtig sein, was heißt: Die Betreiber der Internet-Infrastruktur wie Telekom & Co. sollen für die Expressdaten Extra-Geld verlangen dürfen.
Telekom-Konzernen und große Inhalteanbietern solle ermöglicht werden, unter bestimmten Bedingungen untereinander entsprechende Verträge abzuschließen, hieß es in einem Kommissionsentwurf, den Reuters einsehen konnte. Kritiker sehen durch den Vorstoß ein ihrer Ansicht nach grundlegendes Prinzip des Internets bedroht: Die Gleichbehandlung aller Daten unabhängig von der Zahlungsbereitschaft des Absenders. In Deutschland gab es über die Netzneutralität vor drei Jahren eine große Diskussion.
Bevor die Vorschläge Gesetz werden, müssen noch die 28 Mitgliedsländer und das EU-Parlament ihre Zustimmung geben.
RÜBIG: „PLÄNE UNDURCHSICHTIG“
„Die Pläne der EU-Kommissarin Neelie Kroes sind zögerlich und undurchsichtig. Warum will sie, wenn in Österreich ein Gigabyte Daten am Handy etwa drei Euro kostet, den EU-Datenroaming-Großhandelsmaximaltarif auf 50 Euro pro Gigabyte festlegen. Das zeigt doch nur, dass die Preise nichts mit realen Kosten zu tun haben, sondern ein Missbrauch der Marktmacht sind“, so der ÖVP-Telekomsprecher im EU-Parlament, Paul Rübig. Er will Änderungsanträge im Parlament einbringen zur vollständigen Abschaffung von Auslandszuschlägen für Telefongespräche, SMS und Internetzugang im EU-Ausland.
„Wenn Auslandszuschläge im Widerspruch zur Idee des EU-Binnenmarktes stehen, dann gehören sie ganz abgeschafft. Wir wollen Missbrauch am Telekommarkt abstellen und es für die Kunden transparenter machen, nicht zusätzliche, verschachtelte Angebote und Optionen. Überall in der EU sollen Inlandstarife gelten“, so der ÖVP-Europaabgeordnete.
Rübig legt drei Anforderungen fest, die das geplante Gesetz für ihn erfüllen müsse. So sollen Telefonanbieter verpflichtet werden, bei Vertragsabschluss die gesamten Fixkosten bis zum Vertragsende auszuweisen. „Wir wollen wirkliche Kostentransparenz. Sogenannte Null-Euro-Angebote in der Werbung sind irreführend“, so Rübig. Ganz wichtig ist ihm das Prinzip der Netzneutralität: „Die Netzbetreiber dürfen nicht mehr bestimmte Apps blockieren“, betont der Europaabgeordnete. Außerdem sollen die Anbieter die Übertragungsgeschwindigkeit bei Datenverkehr nachweisen müssen. „Bisher geben die Anbieter oft Maximalgeschwindigkeiten an. Wir wollen, dass Minimalgeschwindigkeiten angegeben werden“, so der ÖVP-Politiker.
Rübig legt Wert darauf, dass es nicht Aufgabe der Politik sei, Preise zu regulieren, sondern dass es hier darum gehe „Missbrauch abzustellen und den EU-Binnenmarkt zu verwirklichen“, so der Europaparlamentarier. (apa/rnf)
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