Im Vorfeld der Salesforce Kundenkonferenz Dreamforce in San Francisco, die vom 14. bis 16. Oktober 2025 in San Francisco stattfindet, hat die ITWelt.at mit der Salesforce-Austria-Chefin über den Einsatz von KI und KI-Agenten bei Salesforce und die Rolle des Menschen im KI-Zeitalter gesprochen. [...]
Fachkräftemangel ist in vielen Branchen ein großes Thema. Agentic AI verspricht Automatisierung und Effizienz – gleichzeitig heißt es immer wieder, der Mensch müsse die letzte Instanz bleiben, Stichwort human-in-the-loop. Wie geht Salesforce mit diesem Spannungsfeld um?
Mohr-Zydek: Wir sehen Technologie grundsätzlich als Möglichkeit. KI-Agenten können Routineaufgaben selbstständig übernehmen und so Mitarbeitende entlasten. Ziel ist, sie von repetitiven Tätigkeiten zu befreien, damit sie sich auf höherwertige, kreative Aufgaben konzentrieren können. Gleichzeitig bleibt die Entscheidungsbefugnis immer beim Menschen. KI soll unterstützen, nicht ersetzen.
Wichtig ist dabei auch Bildung: Über unsere kostenlose Lernplattform Trailhead bieten wir Schulungen an, in denen man erfährt, was autonome Agenten sind, wie sie eingesetzt werden – und wo ihre Grenzen liegen. Nur wer versteht, wie KI funktioniert, kann sie verantwortungsvoll nutzen.
Welche Leitlinien gibt Salesforce den Unternehmen für den Umgang mit KI an die Hand?
Wir verfolgen einen verantwortungsbewussten Ansatz. Als Hersteller sehen wir uns in der Pflicht, unsere Erfahrungen weiterzugeben. Dafür haben wir unter anderem unsere Acceptable Use Policy veröffentlicht.
Darin sind Richtlinien festgehalten, die definieren, in welchen Fällen KI-Agenten eingesetzt werden dürfen – und wo menschliche Kontrolle zwingend erforderlich ist. Wenn beispielsweise rechtliche oder finanzielle Konsequenzen für Kunden möglich sind, muss der Mensch entscheiden. Wo das Risiko gering ist, kann automatisiert werden.
Haben Sie ein konkretes Praxisbeispiel für den Einsatz solcher Agenten?
Ja, etwa beim österreichischen Holzverarbeitungsunternehmen Egger Holz. Kundenanfragen zu Farben oder Oberflächen werden dort rund um die Uhr automatisiert beantwortet. Sobald es jedoch um konkrete Kaufentscheidungen geht, übernimmt ein Mitarbeiter.
Das zeigt, wie KI wiederkehrende Fragen effizient abwickeln und gleichzeitig die persönliche Kundenbetreuung verbessern kann.
Salesforce nutzt Agenten ja auch intern. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Sehr gute. Wir haben unsere Service-Agenten im Oktober 2024 gestartet – seither wurden bereits über eine Million Anfragen automatisiert bearbeitet. Rund 85 Prozent aller Servicefälle werden heute ohne menschliches Eingreifen gelöst.
Das bedeutet: Unsere Mitarbeitenden können sich auf komplexe Anfragen konzentrieren, was die Servicequalität und die Kundenzufriedenheit deutlich verbessert hat.
Trotzdem zeigen aktuelle Studien, dass viele Unternehmen KI noch kaum einsetzen. Wie sieht das in Österreich aus?
Wir haben selbst eine Studie in Österreich durchgeführt. Über 60 Prozent der Befragten können sich vorstellen, Routineaufgaben an Agenten zu übergeben. Etwa ein Drittel würde KI sogar für kreative Aufgaben wie Textvorschläge oder Ideengenerierung einsetzen.
Zugleich gibt es Skepsis: Rund 20 Prozent lehnen den Einsatz von KI-Agenten ab. Hier ist Vertrauen entscheidend – und Vertrauen entsteht durch Wissen. Deshalb setzen wir stark auf Schulungen und Transparenz.
Ein zentraler Baustein ist dabei unser Trust Layer. Er schützt sensible Daten vor dem Zugriff durch öffentliche Sprachmodelle, verhindert Datenlecks und stellt sicher, dass alle KI-Prozesse nachvollziehbar bleiben. Transparenz und Datenschutz sind für uns ein hohes Gut.
Damit KI funktioniert, braucht es qualitativ hochwertige Daten. Wie stellt Salesforce das sicher?
Ohne gute Daten keine gute KI. Viele Unternehmen haben ihre Daten noch immer in Silos gespeichert. Mit unserer Data Cloud integrieren wir Informationen aus verschiedenen Quellen – auch aus externen Systemen – und schaffen so eine 360°-Sicht auf den Kunden.
Dank unseres Zero Copy-Prinzips müssen Daten nicht dupliziert werden. Über Metadaten erkennt die KI, welche Informationen wofür relevant sind. Das erhöht die Qualität der Ergebnisse erheblich.
Wir nennen das unser „Metadatenprinzip“ – es bildet die Grundlage für vertrauenswürdige, transparente KI.
Sie haben erwähnt, dass Agentic AI helfen kann, den Fachkräftemangel abzufedern. Werden dadurch nicht auch Arbeitsplätze ersetzt?
KI verändert Arbeit – sie ersetzt aber nicht einfach, sondern schafft neue Rollen. Ich sehe darin keine bloße Evolution, sondern eine wirkliche Revolution.
Ein Beispiel aus unserem eigenen Unternehmen: Früher habe ich die Schulungen meiner Mitarbeitenden selbst bewertet. Heute übernimmt das ein Agent, der detailliert analysiert, welche Themen gut verstanden wurden und wo Weiterbildungsbedarf besteht. So erhalten unsere Mitarbeiter gezielte Lernempfehlungen – und ich werde entlastet.
Das zeigt, wie KI Prozesse verbessert und Lernkulturen stärkt. Wichtig sind dabei klare Leitplanken, also Guardrails: Was darf KI übernehmen, und wo bleibt die Verantwortung beim Menschen? Hier ist auf jeden Fall das Management gefragt, klare Strategien und ethische Standards festzulegen.
Zum Abschluss: Was erwartet Besucherinnen und Besucher auf der nächsten Dreamforce?
Die Dreamforce ist unser größtes Kundenevent und findet einmal jährlich statt. Sie bringt Kundinnen und Kunden aus aller Welt zusammen – zum Wissensaustausch, zur Inspiration und natürlich, um Innovationen unserer Plattform kennenzulernen.
Besonders wertvoll ist der direkte Austausch zwischen Unternehmen: Mittelstand, Großkunden, Branchenvertreter – alle teilen ihre Erfahrungen sowohl segment- als auch branchenspezifisch. So entsteht ein praxisnaher Einblick, wie Salesforce-Lösungen weltweit eingesetzt werden. Und selbstverständlich gibt es wieder spannende Neuheiten rund um unsere Plattform und wie Unternehmen sich zu einem Agentic Enterprise entwickeln können.

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