Learning Nuggets ist E-Learning - nur anders. Lesen Sie, was Sie zum Thema wissen müssen. [...]
In einer Zeit schnellen Wandels gehört permanentes Lernen zum Arbeitsalltag wie die gute Tasse Kaffee. Doch Zeit ist knapp. Deshalb sind Kurzzeit-Lernformate wie das Learning Nugget gefragt. Learning Nuggets sind kurze Lerneinheiten die viele Formen annehmen können (zum Beispiel Text, Audio-Podcast oder Video). Sie geben einen Lernimpuls, der direkt anwendbar ist.
Learning Nuggets – Definition
Der Begriff Learning Nuggets beschreibt eine eigenständige, kurze Lerneinheit, die Mitarbeiter innerhalb weniger Minuten durchlaufen können. Normalerweise liegt die Dauer bei rund fünf Minuten. Häufig ist ein solches Learning Nugget ein kurzes Video.
Learning Nuggets sind besonders als Impuls im Rahmen der täglichen Arbeit gedacht. Es geht dabei darum, eine bestimmte Idee, Botschaft oder ein klar umgrenztes Thema zu vermitteln. Dadurch dass dieses Lernformat kurz und knackig daherkommt, besteht eine gute Chance, dass Mitarbeiter die Lerneinheit auch im Tagesgeschäft nutzen. Wichtig ist dabei, dass dieser Lernimpuls für den Arbeitsalltag bedeutsam ist und direkt angewendet werden kann.
Learning Nuggets als Format sind dagegen immer dann ungeeignet, wenn es darum geht, ein größeres Themengebiet zu vermitteln, wie „Grundlagen der Kommunikation“ oder „Grundlegende Hygiene-Richtlinien“. Hierbei muss sich der Lernende intensiver in ein Thema hineindenken und sich damit auseinandersetzen. Sei es, dass er neues Wissen bewusst lernen oder auch bestimmte neue Skills üben und wiederholen muss.
Learning Nuggets – selbst erstellen oder beauftragen?
Learning Nuggets können ein Text, ein Audio-Podcast oder ein Video sein. Je nach Produktionsform ist der Aufwand größer. Ein Text ist naturgemäß schneller erstellt als die Produktion eines Videos. Dabei scheiden sich die Geister, auf welchem Qualitätslevel Audio-Podcasts oder Videos sein müssen.
So gibt es die einen Stimmen, die sagen, dass die Ton- bzw. Videoqualität gar nicht so High End sein muss, wie zum Beispiel bei den Wissensmagazinen Quarks oder Galileo, wenn der Inhalt einen hohen Nutzwert hat. Plakativ gesagt ist es mir als Video-Nutzer egal, ob das Video mit einem Smartphone gedreht wurde, wenn ich dadurch schnell erfahre, wie ich eine Schneekette auf die Reifen ziehe. Ein weiteres Argument ist: Nutzer mögen lieber authentische als zu sehr geschliffene und austauschbare Produktionen.
Andere Stimmen verweisen darauf, dass mittlerweile der Standard bei Audio-Podcast- und Videoproduktionen so hoch ist, dass es gilt, hier mitzuhalten. Denn Nutzer erwarten Radio- und TV-Qualität. Was hier richtig oder falsch ist, lässt sich nur mit Blick auf die Zielgruppe beantworten. Wer ist der Nutzer des Learning Nuggets und welche Qualität erwartet dieser?
Und damit beantwortet sich auch die Frage, ob Sie selbst ein Learning Nugget erstellen oder es in Zusammenarbeit mit einem Dienstleister produzieren. Letzteres ist naturgemäß teurer, sichert aber auch eine höhere Professionalität. Solch ein Investment lohnt sich vor allem dann, wenn das Learning Nugget einen größeren Adressatenkreis hat. Außerdem sollte es längere Zeit verwendbar sein.
Weiterhin ist empfehlenswert, den Markt zu checken, ob es zu bestimmten Themen bereits Learning Nuggets bei Anbietern im Sortiment gibt. Die Zahl derer, die solch einen „Standard-Content“ zur Verfügung stellen, steigt stetig. In diesem Fall macht es oft keinen Sinn, dasselbe Thema nochmal selbst zu produzieren. Besser ist es, sich dann nur auf Spezialwissen und -themen zu konzentrieren, die für das eigene Unternehmen bedeutsam sind.
Learning Nuggets – Vor- und Nachteile
Learning Nuggets haben den Charme, dass sie auf PC, Laptop, Tablet oder Smartphone mit wenig Zeitaufwand genutzt werden können. Denn fünf Minuten Zeit in der S-Bahn, in der Schlange beim Bäcker oder in der Kaffeepause sind immer drin. Auch wenn der Arbeitsalltag noch so stressig ist, eine kurze Lerneinheit ist machbar.
Entscheidend ist jedoch der Nutzwert für die eigene Arbeit. Und das ist auch das Versprechen vieler Learning Nuggets: hohe Relevanz für die Arbeit. Sei es als Denk-Impuls, Vertiefung von bestehendem Wissen, Update aus dem Unternehmen oder schnelle Lösung für ein Arbeitsproblem.
Learning Nuggets können Personalentwickler zum einen als Impuls an die Mitarbeiter aktiv versenden, z.B. als E-Mail-Impuls. Sie sind wie Push-Nachrichten, die die Mitarbeiter aus dem gewohnten Trott herausreißen und wertvolle Tipps geben.
Zum anderen gibt es immer mehr Unternehmen, die die Learning Nuggets auf einer internen Plattform bereithalten. Das Prinzip ist vergleichbar wie bei der Videoplattform YouTube. Die Lernimpulse sind somit jederzeit und an jedem Ort nutzbar. Mitarbeiter finden hier Learning Nuggets zu verschiedensten Themen. Die Plattform ist wie ein Nachschlagewerk für praktische Probleme in der Arbeit, die mit entsprechendem Wissen leicht lösbar sind. „Performance Support“ heißt hier ein Schlagwort, das öfter zu hören ist. Ein Learning Nugget unterstützt also im besten Fall schnell, präzise und prägnant die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz. Und zwar dann, wenn ich es brauche.
Die Kehrseite der Medaille ist, dass die Bereitstellung solcher inhaltlich wertvoller Learning Nuggets sehr aufwändig ist. Im Unternehmen braucht es auf der Seite der Personalentwicklung Mitarbeiter, die ermitteln, welche Learning Nuggets für welche Zielgruppen im Unternehmen hohe Relevanz haben und welche Erwartungen sie an Learning Nuggets haben.
Ein Kochrezept oder eine Lösung, die für alle passt, wäre schön, ist aber leider eine Illusion. Es funktioniert nicht, mal eben einen Text im Morgengrauen auf der Tastatur „herunterzuhacken“. Vielmehr gilt es, Lerninhalte genau auf die Zielgruppe und deren Arbeitssituation abzustimmen. Sonst ist es am Ende kein Learning Nugget, sondern ein Learning Rohrkrepierer, der als Datenleiche im Firmennetzwerk dahindämmert.
Learning Nuggets – Beispiele
Learning Nuggets sind häufig für Führungskräfte und Vertriebsmitarbeiter im Einsatz. Denn diesen Zielgruppen fehlt besonders die Zeit, sich ausgiebig mit Lerninhalten zu befassen. Anderseits gibt es hier viel zu lernen.
Ein Kreditinstitut mailt daher seinen Führungskräften am Anfang jeder Woche einen Learning Nugget Impuls als Video. Es sind Themen aus dem reichhaltigen Fundus des Management- und Leadershipwissens wie „Führen auf Distanz“, „Meetings-Effienz“ oder „eigene Produktivität“ Dabei setzen die Nuggets an Themen an, die immer wieder aus dem Führungsalltag als herausfordernd gesehen werden. Das BWL Institut in Basel liefert zum Beispiel auf YouTube Learning Nuggets zu den unterschiedlichsten Themen – keine Sequenz ist länger als fünf Minuten:
Ein Versicherungsunternehmen hatte die Idee, die Learning Nuggets mit Hilfe der eigenen Vertriebsleute zu entwickeln. Nach dem Motto „Best Practice“ aus den eigenen Reihen. Dahinter stand die Erkenntnis, dass Vertriebsmitarbeiter am ehesten anderen Vertrieblern als Tippgeber trauen und nicht „irgendwelchen Trainern“. Wenn nun aber Vertriebskollege X einen Tipp aus der Praxis an seine Kollegen per Video verkündet, resultiert daraus eine höhere Glaubwürdigkeit und Relevanz. Und noch einen Vorteil hatte dieser Ansatz: Das ganze Wissen in den Köpfen konnte als großer gemeinsamer Wissensschatz gehoben werden. Auch in diesem Fall kommt nun am Anfang jeder Woche ein Best-Practice-Learning-Nugget als Push-Nachricht in die Mail-Kanäle der Vertriebsmannschaft. Die hohen Click-Zahlen zeigen, dass dieser Learning-Nugget-Ansatz den Nerv trifft.
Dies sind nur drei Beispiele. Wie der Blick in die Firmenlandschaft zeigt, mangelt es nicht an Themen. Andere Ansatzpunkte für Learning Nuggets sind zum Beispiel Tipps zum Umgang mit einer Software wie Microsoft Teams oder zum Thema „Business English“.
Doch es sind nicht nur die Themen, die es geschickt für Learning Nuggets auszuwählen gilt, sondern auch die Art der Verpackung. Denn natürlich nutzt sich auch das Format des Learning Nuggets schnell ab, wenn nicht Abwechslung hereinkommt. Ein sehr kreativer Kopf aus einem Unternehmen erhöhte die Aufmerksamkeit, indem er eine Learning-Nuggets-Serie im Look & Feel des Retro-Styles filmte und damit auf unterhaltsame Art und Weise an die Zeiten von Stan Laurel und Oliver Hardy, Buster Keaton und Charlie Chaplin erinnerte.
Quellen zur Vertiefung Gilles, C. (2013). Kleine Portionen bitte. managerSeminare 183, Juni 2013, S. 56 – 60. https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Microlearning-Kleine-Portionen-bitte,227785 Gloger, A. (2009). Lerntrend Kürze. Die Weiterbildungsminis kommen. managerSeminare 132, März 2009, S. 56 – 61. https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Lerntrend-Kuerze-Die-Weiterbildungsminis-kommen,173747 Haidar , L. (2016) E-Learning für Eilige. Weiterbildung on demand. managerSeminare 221, August 2016, S. 78 – 86. https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Weiterbildung-on-demand-E-Learning-fuer-Eilige,247298 Siepmann, F. (Hrsg.) (2020). eLearning BENCHMARKING Studie. Digitale Transformation der Personalentwicklung. Siepmann media + research, S. 10. https://www.elearning-journal.com/elearning-journal-ebook-bms-ts-digitalisierung |
*Axel Koch ist Professor für Training & Coaching an der Hochschule für angewandtes Management in Ismaning bei München. Der promovierte Diplom-Psychologe hat die Wirtschaftsbestseller „Die Weiterbildungslüge“ (unter Pseudonym, Campus 2008)) und „Change mich am Arsch“ (Econ, 2018) geschrieben. Er entwickelte die mit dem Deutschen Weiterbildungspreis 2011 ausgezeichnete Transferstärke-Methode, zu der es auch das gleichnamige Buch „Die Transferstärke-Methode“ (Beltz, 2018) gibt. In seiner über 25-jährigen Arbeit als Trainer, Berater und Coach hat er tiefe Einblicke in zahlreiche Unternehmen und die gängige Praxis von Personalentwicklung und bei Change-Prozessen gewonnen.
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