Das neuste ThinkPad ist ein Notebook, das besser als Desktop funktioniert. [...]
Das Business-Notebook schlechthin geht in die nächste Generation. Wobei Generation hier wirklich mehr für Iteration steht. Das P14s Gen3 ist eine logische Weiterentwicklung des Vorgängermodells und bietet starke Business-Leistung in einem erprobten Paket. So langsam aber sicher muss sich Lenovo aber etwas einfallen lassen.
Design & Verarbeitung
Wer einmal ein Lenovo ThinkPad gesehen hat, hat sie alle gesehen. Das grundlegende Design des Arbeits-Laptops hat sich in den vergangenen Jahren kaum geändert. Das dürfte größtenteils Absicht sein: Bodenständigkeit und Kontinuität signalisieren.
So etwas wirkt langlebig und sicher, was in Business-Kreisen durchaus beliebt ist. Und schließlich ist ein ThinkPad ja hauptsächlich eine Arbeitsstation und muss nicht zwingend inspirierend sein. Allerdings würde ein wenig Inspiration auch nicht schaden.
Diese sucht man beim P14s jedoch vergeblich. Hier regieren schwarzer Hartplastik, funktionale Scharniere und eine dezente Designsprache. Neben modernen Notebooks, die sich schon fast als Deko-Objekte in die Wohnung einschmiegen, sieht das ThinkPad doch sehr funktional und altmodisch aus.
Wobei gesagt werden muss: Trotz vergleichsweise gewöhnlicher Materialien ist das ThinkPad auf keinen Fall billig verarbeitet. Im Gegenteil: Das Chassis des Notebooks wirkt solid und dürfte problemlos auch einen hektischen Arbeitsalltag mit gelegentlichen Stößen überleben.
Das ThinkPad hat in diesem Bereich diese Art von Old-School-Robustheit, die man von älteren Notebooks her kennt. Besonders das biegfreudige Display bietet hier die klassischen Vor- und Nachteile von weniger rigiden PC-Strukturen.
Display und Eingabe
Apropos Display: Im P14s ist, wer hätte es gedacht, ein 14-Zoll-Display verbaut. Dieses verwendet ein IPS-Panel, ist aber ein lebender Beweis dafür, dass IPS nicht mehr ein Garant für hochwertige Bildqualität ist.
Das 16:10-Display mit einer Auflösung von 1920 × 1200 liefert nicht einmal annähernd eine komplette sRGB-Abdeckung und ist damit für grafische Arbeiten unbrauchbar. Auch sonst kann das Display nicht besonders überzeugen, weder farblich noch mit der mäßigen Helligkeit von 300 Nits.
Bei einem Business-Laptop ist das auch nicht zwingend nötig, wäre aber schön zu haben. Viel wichtiger: Bei diversen Konkurrenten in der gleichen Preisklasse sind die Angebote besser.
Kaum verändert hat sich bei Lenovo die Eingabe. Tastatur, Touchpad und Co. sind praktisch identisch geblieben. Das gilt auch für fast archaisch wirkende Features wie den Trackpoint, also diesen roten Nippel inmitten der Tastatur. Mit diesem lässt sich der Mauszeiger in einer Art Joystick-Manier bedienen. In Zeiten von Touchscreens und guten Touchpads ist das kaum mehr nötig.
Wobei: Das Touchpad des P14s kann man beim besten Willen nicht in die Kategorie «gut» packen. Vielmehr wähnt man sich hier bei jedem Klick in einem Laptop-Museum, in dem man sich an einem altertümlichen Laptop seiner Vorväter erfreut.
In den vergangenen zehn Jahren hat Apple den Standard für gute Touchpads gelegt, den praktisch alle Hersteller mehr oder weniger erfolgreich kopiert haben. Positive Beispiele sind hier Huawei oder HP. Lenovo hingegen verbaut im P14s ein Touchpad von Anno dazumal: Man drückt zum Klicken ein breites Stück Plastik auf einen darunterliegenden Knopf, entweder rechts oder links, Hauptsache am unteren Rand, da das Pad sich nur dort physisch bewegt.
Natürlich kann man wie bei allen Windows-Laptops das Touchpad auch nur leicht antippen, was jedoch unabsichtliche Klicks leicht mit sich zieht. Die Empfindlichkeit davon lässt sich einstellen. Ich habe vorher aufgegeben und eine Bluetooth-Maus angeschlossen.
Die Tastatur des P14s ist in Ordnung. Im Vergleich zu älteren Windows-Laptops ist das Tippgefühl angenehm. Wer sich aber modernere Laptops gewöhnt ist, wird das P14s eher schwammig erleben.
Positiv sind die vielen Utility-Tasten, die Lenovo trotz wenig Platz in der Tastatur unterbringt. Dazu gehören sogar PgUp und PgDn, die schlauerweise bei den Pfeiltasten angebracht sind.
Auch sonst bietet das P14s alle wichtigen Tastatur-Features wie Fn-Lock, hintergrundbeleuchtete Tasten und die Möglichkeit, Fn und Ctrl per BIOS zu tauschen.
Ausstattung und Leistung
Im Allgemeinen kann man sich beim P14s über etwas nicht beklagen: die Ausstattung. Das Notebook bietet so ziemlich jedes Sonderfeature, das man wollen kann. Besonders bei den teureren Modellen sind sogar Extras wie eine verschließbare Kameralinse und ein Fingerabdrucksensor dabei. Wobei die meisten Extras bei jeder ThinkPad-Konfiguration einzeln und günstig dazugekauft werden können.
Hinzu kommt eine Vielzahl von Anschlüssen, die das ThinkPad in dieser Kategorie stark von schöneren Notebooks abhebt. Auf der linken Seite gibt es einen RJ45-Steckplatz für LAN-Verbindungen, zweimal USB-C, HDMI in voller Größe, einmal USB-A, und einen 3,5-mm-Steckplatz für Kopfhörer.
Dazu kommt ein zusätzlicher USB-A-Steckplatz auf der rechten Seite. Ebenfalls auf der rechten Seite ist ein optionaler Chipkartenleser angebracht. Aufgeladen wird das Notebook über einen der zwei USB-C-Steckplätze.
Audio ist wie bei den meisten Notebooks eine Nebensache, doppelt, da es sich hier um ein Businessgerät handelt, das nicht gerade als mobiles Kino dienen soll. Die Lautsprecher des P14s klingen entsprechend dünn und blechern. Sie schaffen es sogar unter 30 % Lautstärke unangenehm zu verzerren.
Das Dolby-Audio-Branding auf dem P14s ist dabei ein Zeichen dafür, dass Dolby kein Interesse an Qualitätsstandards mehr hat und die Marke quasi nichtssagend geworden ist. Lenovo hat hier schlicht das eingebaut, was für den Einsatzzweck sinnvoll ist.
Was die Leistung des Gerätes angeht, kommt es hier auf die genaue Konfiguration an. Diese können Sie entweder bei Lenovo selbst zusammenstellen oder eine vorgefertigte Variante im Fachhandel erwerben.
Unser Modell kommt mit einem Intel Core i7-1260P mit 2,1 GHz. Dazu gibt es 32 GB DDR-4-RAM, eine schnelle 512-GB-SSD (M.2), und Windows 11 Pro. Das ist schon einmal allerhand Power und qualitativ hochwertige Komponenten, die ihren Job auch tadellos erledigen. Bei regulären Büroarbeiten kommt einem da nichts in die Quere.
Heikler wird es bei grafischen Aufgaben. Das P14s verfügt über zwei Grafikeinheiten: ein integriertes Intel-Iris-Modul und eine dedizierte Nvidia T550 mit 4 GB GDDR6-Speicher. Die Leistung der GPU ist bereits nichts Besonderes, allerdings ist es vor allem die Implementierung, die für Probleme sorgt.
Das beginnt bei der Hitzeentwicklung der GPU. Sobald die T550 auch nur niedertourig läuft, springt der Lüfter an. Bei verbundener Stromversorgung sogar sehr lautstark. In meinem Fall muss ich die Power-Einstellungen von Windows aktiv der Arbeit anpassen.
In den Voreinstellungen «Ausbalanciert» und «Beste Energieeinsparung» wird die Nvidia-GPU nämlich nicht aktiv. Meine Videobearbeitungssoftware verlangt diese aber ausdrücklich, da das Intel-Iris-Modul nicht ausreichend stark ist.
Ich muss also die Energieeinstellungen auf «Beste Leistung» einstellen, um GPU-Unterstützung zu erhalten. Dann schaltet sich allerdings der Lüfter gleich lautstark zu, auch wenn ich nur sehr wenig PC-Leistung anfordere. Acht Stunden am Tag einen heulenden Lüfter im linken Ohr zu haben, ist nicht gerade angenehm.
Übrigens: Der Lüfter des P14s zeigt nach rechts, also dort, wo die meisten Nutzer ihre Maushand platzieren.
Die Leistung mit GPU ist dann solid. Bildbearbeitung geht problemlos und ohne nennenswerte Leistungseinbrüche, auch bei größeren PSD-Dateien. Bei der Videobearbeitung ist Footage bis Full-HD problemlos machbar. Bei 4K-Aufnahmen wird es stellenweise knapp. Im kleineren Rahmen sind solche Aufnahmen verarbeitbar, besonders bei niedrigen Bitraten und in kleineren Projekten. Längere Aufnahmen, komplexere Projekte und Auflösungen über 4K zwingen das P14s aber schnell in die Knie.
Das ist für Windows-Notebooks in dieser Preisklasse vertretbar. Allerdings bekommt man mittlerweile für gleich viel Geld ein Macbook Air (M2), das mit solchen Videoprojekten besser zurechtkommt.
Die GPU nimmt dann auch einiges aus der Batterielaufzeit heraus. In normalen Power-Einstellungen und durchschnittlichem Gebrauch hält das P14s etwa sechs Stunden durch.
Bei sparsameren Einstellungen sind etwa acht Stunden machbar. Volle Leistung und GPU-intensive Arbeiten saugen den Akku hingegen in unter drei Stunden leer. Das sind nicht gerade berauschende Werte; für eine Workstation, die nur gelegentlich mobil verwendet wird, aber okay.
Software
Werfen wir zuletzt noch einen Blick auf die Software, die mit dem ThinkPad P14s mitgeliefert wird. Unser Modell kam mit Windows 11 Pro und vergleichsweise wenig Bloatware.
Außer einigen Lenovo-Apps, die meisten davon nützlich für die PC-Verwaltung, ist nur wenig vorinstalliert. Das meiste davon stammt dann auch von Microsoft, wofür Lenovo nichts kann.
Generell kann Lenovo wenig für die Verfehlungen von Windows 11. Allerdings sollten Sie beim Kauf bedenken, dass Windows 11 derzeit kein gutes Betriebssystem für produktives Arbeiten ist.
Möglicherweise kann es das mit einigen Updates wieder werden, aktuell leidet es aber an einigen größeren Problemen. Die gute Nachricht dabei: Sie können das ThinkPad P14s auch ohne Windows 11 haben. Und zwar entweder mit vorinstalliertem Ubuntu Linux, oder ganz ohne Betriebssystem. Dann können Sie auch Ihre alte Kopie von Windows XP 7 oder 10 wieder installieren oder ein Linux Ihrer Wahl.
Fazit
Das Lenovo ThinkPad P14s ist auch in der dritten Generation eine klassische Workstation. Soll heißen: Es funktioniert am besten, wenn es einfach nur eine Recheneinheit ist. Die Power stimmt, die Anschlüsse sind zahlreich.
Am besten also: Externes Display anhängen, externe Peripherie verbinden, Laptop unter den Tisch und arbeiten lassen. Dann fallen auch die ganzen Schwächen wie das mäßige Display und das lächerlich archaische Touchpad nicht mehr so auf. Als Laptop macht das P14s jedoch wenig Spaß.
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote: Mein kurzes Video zur GoPro Hero 11 enthält diverse Footage der GoPro, mit Auflösungen bis zu 27 Mpx. Das war für das ThinkPad P14s zu viel.
Zu Testzwecken habe ich das Video dann auf meinem privaten MacBook Air weiterbearbeitet, das rund 100 Euro weniger kostet als das P14s. Das MacBook lief mit der hochauflösenden Footage auch nicht mehr ganz perfekt rund, schaffte das Video aber ohne nennenswerte Probleme fertig.
Und: Während das P14s nur schon beim Ladebildschirm von Davinci Resolve wie ein Düsenjet loslegt, ist das MacBook Air komplett lüfterlos. Apple hat den Laptop-Markt mit seinen M-Chips wahrlich ruiniert.
*Luca Diggelmann ist Autor bei PCtipp.ch.
Be the first to comment