Life-Sciences-Unternehmen setzen bisher nur wenige digitale Gesundheitsangebote um

Neue Studie des Capgemini Research Institute: Trotz hoher Ambitionen verfügen erst wenige Life-Sciences-Unternehmen über die digitalen, technischen und integrativen Fähigkeiten zur Umsetzung von Connected Health. Dies könnte Big-Tech-Unternehmen den Markt-Einstieg eröffnen. [...]

Es braucht ein skalierbares, personalisiertes und integriertes Connected-Health-Portfolio. (c) Unsplash
Es braucht ein skalierbares, personalisiertes und integriertes Connected-Health-Portfolio. (c) Unsplash

Die Zahl der zugelassenen Connected-Health-Angebote wird in den nächsten fünf Jahren um 40 Prozent steigen. Dies trägt ihrem Potenzial zur stärkeren Einbindung der Patienten, für neue Behandlungsmöglichkeiten sowie frühere Diagnosen von Erkrankungen Rechnung. Derzeit gelangen lediglich 20 Prozent der Ansätze für vernetzte Gesundheitsangebote über die Testphase (Proof of Concept) hinaus. Zu diesem Schluss kommt das Capgemini Research Institute in seiner neuesten Studie „Unlocking the Value in Connected Health“. Unter Connected Health wird dabei ein breites Spektrum an digitalen Gesundheitsprodukten und -Services verstanden, das von Wellnessangeboten bis hin zu klinisch validierten Lösungen reicht.

„Der Bedarf und die Möglichkeit, die Behandlungserfolge für Patienten zu verbessern, sind heute vorhanden. Eine Reihe von Technologien verspricht, die Behandlungspfade sowie die Interaktion von Patienten und Gesundheitsdienstleistern zu revolutionieren. Um von den Vorteilen digitaler Gesundheitstechnologien zu profitieren, müssen Unternehmen Fähigkeiten, Technologien und Strukturen aufbauen – für ein skalierbares, personalisiertes und integriertes Connected-Health-Portfolio. Größere Life-Sciences-Organisationen zeigen vielversprechende Anzeichen von Reife; da aber auch große Tech-Player das Potenzial im Auge haben, müssen alle etablierten Marktteilnehmer an Tempo zulegen“, sagt Dr. Axel Sinner, Director im Beratungsbereich Life-Sciences- bei Capgemini Invent.

Derzeit testet weltweit nur jedes sechste (16 Prozent) Life-Sciences-Unternehmen Connected-Health-Lösungen oder hat für entsprechende Angebote bereits die Marktzulassung erhalten. Insgesamt ist der Reifegrad von Connected Health bei den meisten Unternehmen noch gering. Zu den wichtigsten Therapiebereichen für künftige Connected-Health-Produkte gehören in den nächsten fünf Jahren neuronal bedingte Krankheiten wie Multiple Sklerose, Alzheimer und Epilepsie, gefolgt von seltenen Krankheiten und Immunologie. Dafür plant mehr als die Hälfte der Life-Sciences-Unternehmen, Lösungen zu entwickeln: für die Fernbeobachtung von Patienten, für digitale Biomarker-Anwendungen (z. B. mit am Körper tragbaren Biosensoren), KI-gestützte prädiktive Diagnostik und Präventivmedizin.

Zu wenige Life-Sciences-Unternehmen verfügen über die organisatorische und technische Reife
Allerdings ist die Branche derzeit noch weit davon entfernt, solche Lösungen anwendungsreif zu realisieren. Erst ein Viertel der befragten Life-Sciences-Unternehmen besitzt die nötige Reife in Schlüsselbereichen des digital vernetzten Gesundheitssektors wie Portfoliostrategie, Produktdesign und Produktentwicklung. Die Studie ergab auch, dass weniger als ein Drittel der Unternehmen über die digitalen, technologischen und integrativen Fähigkeiten verfügt, die für erfolgreiche Initiativen im Bereich Connected Health erforderlich sind. So nutzt beispielsweise nur ein Viertel der Unternehmen künstliche Intelligenz, um Echtzeitdaten aus vernetzten Gesundheitsprodukten zu analysieren. Noch weniger (21 Prozent) verfügen über eine zentrale Einheit, um Innovationen, Synergien und Best Practices in ihrem Connected-Health-Portfolio zu fördern.

Höherer Reifegrad eher bei Großunternehmen

Es sind überwiegend die größeren Unternehmen, die den erforderlichen Reifegrad von Connected Health –über die Strategiephase hinaus – aufweisen. Fast die Hälfte der Life-Sciences-Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 20 Milliarden US-Dollar gab an, dass ihre Portfoliostrategie und -planung ausgereift ist, verglichen mit nur 17 Prozent der Unternehmen mit weniger als einer Milliarde US-Dollar Umsatz.

Die Gründe für diese Diskrepanz sind vielfältig. Vor allem aber liegen sie darin, dass größere Unternehmen besser in der Lage sind, die beiden anspruchsvollsten Herausforderungen bei der Entwicklung und Skalierung von Connected Health zu bewältigen: (IT-)Sicherheit und regulatorische Zulassungen.

Der Capgemini-Studie zufolge haben insbesondere kleinere Life-Sciences-Unternehmen Nachholbedarf. Die Ursachen für ihre mangelnde Reife könnten darin begründet liegen, dass Führungskräfte aus der IT einerseits und aus den Geschäftsbereichen andererseits die im Unternehmen vorhandenen Fähigkeiten unterschiedlich einschätzen: So glaubt beispielsweise fast die Hälfte der Vertreter der Geschäftsseite, dass ihr Unternehmen für vernetzte Gesundheitsangebote über angemessene Fähigkeiten im Bereich Augmented- und Virtual Reality verfügt. Dieser Meinung sind jedoch nur 20 Prozent der Tech-Führungskräfte. Augmented- und Virtual Reality, Systemtheorie und Interoperabilität, Engineering und human-zentriertes Design sind die technischen Fähigkeiten, bei denen die größten Lücken bestehen.

Sechs Ansätze, um den Reifegrad von Connected Health verbessern

Der Studie zufolge können Unternehmen mit Hilfe von sechs Ansätzen ihren Reifegrad bei Connected Health erhöhen und die Entwicklung konkreter Anwendungen beschleunigen:

  • Definition einer kommerziellen Connected-Health-Strategie, abgestimmt auf die bestehenden Portfolio-Pläne
  • Entwicklung von Connected-Health-Produkten mit messbarem Patientennutzen und Behandlungsergebnis
  • Aufbau eines Datenökosystems, das den sicheren Datenaustausch und die Interoperabilität innerhalb sowie außerhalb des Unternehmens ermöglicht und fördert
  • Qualifizierung von Mitarbeitenden in den Bereichen Datenwissenschaft, Verhaltensforschung und agiler Entwicklung
  • Zentralisierung der Governance, des Geschäftsmodells und der Finanzstrukturen für Connected Health, um das Wachstum und die regulatorische Koordination zu fördern
  • Aufbau eines Connected-Health-Ökosystems, das Struktur und Leitlinien bietet, aber auch offene Innovation zulässt

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