Low-Code-Entwicklung als Chance bei hoher Digitalisierungs-Nachfrage

74 Prozent der europäischen IT-Führungskräfte und Entwickler sehen die Nachfrage nach Software stark beschleunigt und 69 Prozent sorgen sich zudem um die Nachfrage nach Entwicklern. Low-Code erreicht Mainstream-Status als kostensparende, schnelle und kollaborative Alternative. [...]

Mehr als die Hälfte der Befragten setzt Low-Code mittlerweile auch für die Entwicklung komplexerer und unternehmenskritischer Apps ein. (c) Pixabay

Die Siemens-Tochter Mendix hat die Ergebnisse der internationalen Studie „State of Low-Code 2021“ zum Status Quo der Low-Code-Technologie in der von Corona geprägten Arbeitswelt veröffentlicht. Zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut Reputation Leaders hatte der Marktführer im Bereich Low-Code für Unternehmen im Mai und Juni dieses Jahres 2.025 IT-Experten aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden, China, den USA und Großbritannien befragt. Die Ergebnisse zeigen die in den letzten Jahren stark gestiegene Bekanntheit, die heute vielseitigen Einsatzbereiche sowie Potenziale von Low-Code auf, das gegenüber klassischer Softwareentwicklung die Realisierung von Digitalisierungsprojekten schneller und günstiger ermöglicht.

Bedarf an Unternehmenssoftware wächst schneller als verfügbare Programmierer-Kapazitäten

Das Digitalisierungstempo, das sich seit März 2020 weltweit massiv beschleunigt hat und mit einer hohen Nachfrage nach Software-Anwendungen verbunden ist, hat auch IT-Experten überrascht: 50 Prozent aller weltweit Befragten haben die heutige Dimension an hohen Zeit- und Ressourcen-Druck nicht erwartet. 74 Prozent der europäischen Studienteilnehmer gehen von einem weiter beschleunigten Bedarf an Software aus, 69 Prozent sehen mit Sorge auf die fieberhafte Nachfrage nach Software-Entwicklern. So liegen rund 80 Prozent aller Softwareprojekte heute bereits im geplanten Zeitplan um Monate zurück.

In Deutschland wird die Situation ähnlich, wenn auch nicht so extrem wie in den anderen Märkten eingeschätzt: 67 Prozent der befragten deutschen IT-Experten erwarten eine beschleunigte Nachfrage nach Software-Entwicklung. Das Gefühl der besonderen Dringlichkeit, den „Software-Stau“ zu lösen, verspüren 44 Prozent der Deutschen – ein Wert, der dem weltweiten Durchschnitt entspricht. Interessant erscheint ein Unterschied in den

Konsequenzen, die die Befragten ziehen wollen: Ein im Ländervergleich vergleichsweiser hoher Anteil fällt bei den deutschen Befragten auf die Absicht, mehr externe Entwickler einstellen zu wollen (26 Prozent). In Anbetracht des Fachkräftemangels scheint es, dass die deutschen IT-Verantwortlichen hier entweder konservativer oder zögerlicher gegenüber neuen, günstigeren und schnelleren Technologien wie Low-Code eingestellt sind oder höhere Kosten in Kauf nehmen wollen. Während in den USA 29 Prozent noch viel konsequentere, neue Wege in der Software-Entwicklung einschlagen, sind in Deutschland bisher nur 19 Prozent bereits entschieden dafür. 

Hohe Akzeptanz für Low-Code als Alternative, um Software-Nachfrage gerecht zu werden

Low-Code ist heute weitgehend bekannt und häufig etabliert. Die Notwendigkeit für Alternativen gegenüber der klassischen Software-Entwicklung sieht eine überwiegende Mehrheit deutlich: Fast zwei Drittel der Befragten (weltweit 65 Prozent, Deutschland 60 Prozent) sehen Low-Code im digitalen Umbruch auch langfristig als einen Trend, den ihr Unternehmen nicht verpassen darf. Und das nicht nur zukünftig, sondern bereits jetzt: Weltweit 77 Prozent sowie in Deutschland 69 Prozent geben an, Low-Code Business-Applikationen bereits in ihrer Organisation einzusetzen. Hohe Relevanz bescheinigen die deutschen Befragten Industrie-Anwendungen: 54 Prozent sehen in Low-Code das Potenzial, der industriellen Fertigung digitalen Schwung zu verleihen.

Bei den Vorteilen von Low-Code ergibt sich ein deutliches Bild: 45 Prozent der deutschen IT-Experten überzeugen schnellere Entwicklungsprozesse, 44 Prozent die geringeren Kosten und 41 Prozent sehen eine bessere, kollaborative Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilung. Als weitere Pluspunkte für Low-Code zählen eine verbesserte Responsivität, Kundenzufriedenheit und die Entlastung der bestehenden IT-Ressourcen bei jeweils 36 Prozent der Befragten. Interessant sind auch die vergleichbaren Antworten von Nicht-Low-Code-Nutzern: Sie sehen als die größten Probleme bei der Software-Entwicklung, dass Prozesse zu lange dauern (47 Prozent), alte Legacy-Systeme weitergeführt werden müssen (45 Prozent) und zu wenig Kollaboration und Austausch Projekte bremsen (35 Prozent) – Kernargumente für überzeugte Low-Code-Anwender.

Nicht nur bei IT-Entscheidern, auch bei Entwicklern in Deutschland selbst hat die Low-Code-Technologie enorm an Zuspruch gewonnen. Bei 38 Prozent der traditionellen Software-Developer sehen die Befragten sogar Begeisterung für die alternative Low-Code-Entwicklung. Nur 2 Prozent halten sie aktuell für resistent gegen Low-Code. IT-Entwickler schätzen zugleich, dass fast 49 Prozent der alltäglichen Arbeitsprozesse über Low-Code erledigt werden können.

Vielfältige Einsatzfelder von Low-Code

Modellbasierte, visuelle Softwareentwicklung über Low-Code involviert mehr Mitarbeiter in die Digitalisierung und wird heute vielseitig in unterschiedlichen Branchen eingesetzt. Die wichtigsten Einsatzgebiete sind laut den deutschen Befragten Anwendungen für komplexe, individuelle Unternehmenssoftware (37 Prozent), industrielle IoT-Apps (35 Prozent), für automatisierte, existierende Arbeitsprozesse (35 Prozent), für Data Modeling und Visualisierung (34 Prozent) sowie für automatisierte Anwendungen der Robotic Process Automation (31 Prozent). Weitere Beispiele sind Produktivitätsanwendungen für die automatisierte Datenerfassung und -verwaltung, Apps für Kundeportale oder als erweiterte Funktionen von existierenden Altsystemen.

Laut Einschätzung der Befragten sind 50,6 Prozent der entwickelten Low-Code-Anwendungen in Deutschland durchaus aus unternehmenskritischen Bereichen und von hoher Komplexität wie zum Beispiel das Ablösen von sogenannten Legacy Systemen. Weltweit liegt der Wert bei 54,7 Prozent, in Europa bei 52,2 Prozent.

Für Software-Entwickler wie für IT-Entscheider zählen Low-Code-Fähigkeiten als wichtige Zukunfts-Skills, wenngleich Deutschland hier vergleichsweise noch etwas zurückhaltender ist: 47 Prozent der deutschen IT-Experten (weltweit 58 Prozent) sind von der Wichtigkeit von Low-Code für die nächste Karrierechance überzeugt. 29 Prozent der erfahrenen Coder sehen Low-Code-Kenntnisse eher als Nice-to-Have (weltweit 16 Prozent). Als für ihre weitere berufliche Laufbahn irrelevant sehen unter erfahrenen Coder die Technologie nur verschwindend geringe 6 Prozent.

„Die Studie bestätigt unsere Erfahrungen mit Kunden und Partnern weltweit sowie das, woran wir schon lange geglaubt haben“, so Derek Roos, CEO und Co-Founder von Mendix. „Low-Code ist die Zukunft der Software-Entwicklung und Mendix hierbei führend. Low-Code ist von Haus aus agil, es vergrößert den Pool an Entwickler-Talenten massiv und es ist für die Zusammenarbeit und die schnelle Software-Entwicklung konzipiert. Low-Code, und insbesondere Low-Code mit Mendix, wird schnell zu einer Kerntechnologie, die Unternehmen benötigen, um in einer digitalisierten Welt erfolgreich zu sein.“

Low-Code Marktexperte Hans de Visser, VP Product Management bei Mendix, ergänzt: „Low-Code gewinnt immer mehr an Bedeutung und das auch bei geschäftskritischen Anwendungen. Die Bekanntheit und die Akzeptanz auf beiden Seiten, bei IT-Führungskräften und von klassischem Coding geprägten Software-Entwicklern, ist heute schon sehr hoch und wächst weiter. Low-Code kann wesentlich dazu beitragen, die App-Entwicklung zu beschleunigen – selbst wenn IT-Fachkräfte fehlen, da auch IT-fremde Mitarbeiter ihr Fachwissen in die Software-Entwicklung einbringen. Wir sehen weltweit, als auch in Deutschland, dass der Bedarf nach maßgeschneiderten Software-Lösungen branchenübergreifend wächst, und Unternehmen dem nachkommen müssen, um nicht abgehängt zu werden. Laut unserer Studie scheint es so, dass man in Deutschland vergleichsweise noch etwas traditioneller über Software-Entwicklung denkt– das ändert aber nichts an den großen Herausforderungen der Digitalisierung, der fieberhaften Nachfrage und dem geforderten Tempo, das Alternativen jetzt und zukünftig verlangt.“


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