Manufacturing Execution System: Was ist ein MES?

Das Manufacturing Execution System digitalisiert Produktionsdaten und ist Schaltzentrale für essenzielle Unternehmenssysteme. Das müssen Sie zu MES wissen. [...]

Das Manufacturing Execution System - kurz MES - ist die Schaltzentrale für Produktionsabläufe (c) pixabay.com

Unübersichtlich, komplex und dennoch erstaunlich organisiert – begibt man sich in moderne Produktionsanlagen, dann erschlägt einen oftmals die undurchsichtige Organisation dieser Betriebe. Während sich die Kommunikation zwischen den einzelnen Anlagen und Maschinen in den letzten Jahrzehnten immer weiter verbessert hat, wuchs auch die Komplexität der Anlagen immer weiter.

Dabei wurde auch die Organisation der komplizierten Abläufe innerhalb der Anlagen stetig optimiert – ein Umstand, der nur durch übergreifende Systeme erklärt werden kann. Durch diese lässt sich die Produktivität von Anlagen leiten und ein Überblick über die komplexen Abläufe behalten. Genau diese Aufgabe übernimmt das Manufacturing Execution System (MES).

Manufacturing Execution System – Definition

Das MES ist als metaphorische Gehirn der Produktion die zentrale Anlaufstelle, um detaillierte Informationen aus der Fertigung zu erhalten. Seine Aufgaben sind eng verknüpft mit der Rolle des Enterprise Ressource Planning (kurz ERP). Kaum eine Produktionsanlage kann heute noch ohne ein MES funktionieren. Dabei ist das Manufacturing Execution System ebenso relevant für eine produktive Auslastung der Anlagenkapazitäten wie für die weitreichende Planung effektiver Ressourcennutzung und die Erfüllung von Aufträgen.

MES – Funktionsweise

Um zu verstehen, welche Aufgabe ein MES innerhalb eines produzierenden Unternehmens übernimmt, muss zunächst die übergeordnete Struktur moderner Firmen betrachtet werden. Prozesse innerhalb der Produktion haben stets den Hintergrund, dass verfügbare Rohstoffe und Ausgangsmaterialien genutzt werden, um eingehende Aufträge zu bearbeiten und schlussendlich die gewünschten Produkte bereitzustellen. Eine Keksfabrik bekommt so etwa Rohstoffe wie Mehl, pflanzliche Fette oder Zucker geliefert, die innerhalb des ERP oder bereits im Manufacturing Execution System gespeichert werden. Gleichzeitig gehen im ERP auch die Bestellungen für das gewünschte Produkt ein – in diesem Beispiel fertig verpackte Kekse.

Um die eingegangenen Aufträge zu bearbeiten, werden nun die verfügbaren Rohstoffe durch das ERP überprüft und entsprechende Produktionsaufträge an das MES weitgeleitet. Die Aufträge gehen dabei bereits heruntergebrochen auf einzelne Chargen beim Manufacturing Execution System ein – etwa für den Export der Kekse in unterschiedliche Absatzmärkte, verbunden mit unterschiedlichen Verpackungen. Das MES selbst kann dann in Abhängigkeit der Bereiche (Mixen, Öfen, Verpacken), je nach Verfügbarkeit der einzelnen Maschinen, die Produktion der Kekse einleiten.

Dabei kann das MES als zentraler Bestandteil der Produktion verstanden werden, der alle Teile der Anlage – im Beispiel der Keksfabrik also etwa Mixer, Öfen, Verpackungslinien, etc. – überblickt und daher auch die Verfügbarkeit der einzelnen Geräte plant. Stehen beispielsweise für die Herstellung des Keksteiges verschiedene Mixer zur Verfügung, kann das MES je nach Auftragslage bereits Entscheidungen treffen, welche Mixer für die Erfüllung welcher Aufträge in Frage kommt.

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Manufacturing Execution System – Aufgaben

Als Schaltzentrale steht das MES an manchen Stellen in Konkurrenz zum ERP. Insbesondere hinsichtlich der Ausgangsmaterialien und der Rohstoffe können die verfügbaren Materialien in beiden Systemen vermerkt werden. Allerdings ist der Detaillierungsgrad beim Manufacturing Execution System höher, wenn beispielsweise die Zusammenstellung von Kleinstmengen als Vorbereitung sowie die Chargenverfolgung in Silos durch Batch-Mischungen und Materialeigenschaften in Betracht gezogen wird. So entstehen Daten für die weitere Produktion. Auch die genaue Planung der Mixer kann bereits im ERP erfolgen – oder eben durch das MES übernommen werden, wobei hier mehr Detailwissen liegt.

Das ERP wird als übergeordnetes System zur Ressourcenplanung eingesetzt und findet seinen Einsatz vorrangig beim E-Commerce-, HR- und Dokumentenmanagement. Das Manufacturing Execution System hingegen ist ein System, das genau auf die Bedürfnisse der Produktion zugeschnitten ist. Daraus ergeben sich zahlreiche Vorteile, wenn im Umfeld der Produktion möglichst viele Informationen über das MES verarbeitet werden sollen. So können Rohstoffe bereits bei der Lieferung in das MES verbucht werden, um produktionsrelevante Schritte, wie etwa Qualitätskontrollen, zu berücksichtigen. Zudem bietet sich über das Manufacturing Execution System auch eine übergreifende Möglichkeit zur Rückverfolgbarkeit einzelner Batches – ein Umstand, der insbesondere im Rahmen strenger werdender Regulierungen in bestimmten Branchen an Relevanz gewinnt.

Eine weitere Aufgabe von Manufacturing-Execution-Systemen ist – neben der Planung der Produktionskapazitäten – Daten, die aus der Produktion anfallen zu sammeln und weiterzugeben. Hier ist wiederum ein enger Datenaustausch zwischen MES, ERP und der Prozessleitebene (z. B. Supervisory Control and Data Acquisition, kurz SCADA) entscheidend. Die aus der Produktion vom Manufacturing Execution System gewonnenen Daten können auf diese Weise an anderer Stelle zur Optimierung der Produktion und Verbesserung der künftigen Planung eingesetzt werden.

MES – Vorteile

Um die Vorteile eines MES für Unternehmen zu erkennen, muss man sich die Konsequenzen vorstellen, wenn eine Produktion ohne ein solches System auskommen müsste. Am Beispiel der Keksfabrik würde sich für die Mitarbeitenden in der Produktion eine unübersichtliche und aufwendige Situation ergeben. Die aus dem ERP entstehenden Aufträge und über das SCADA generierten Rezepte und Abläufe würden wohl über schriftliche Form in der Produktion ankommen und dementsprechend abgearbeitet werden. Noch bevor mit der Arbeit am Mixer begonnen werden kann, müssten die Mitarbeitenden die entsprechenden Rohstoff-Batches in einem Ordner vermerken und auch notieren, in welchem Mixer der Verarbeitungsprozess stattgefunden hat. Eine entsprechende Aufzeichnung müsste dann auch für alle weiteren Produktionsprozesse stattfinden, die zugleich mit etwaigen Abfällen und Reworks – als Teig, der wieder in den ursprünglichen Prozess zurückgeführt wird – ergänzt werden müsste.

Die durch das MES gewährte Übersicht über alle Produktionsdaten wird besonders offenkundig, wenn ein Zulieferer beispielsweise eine Salzlieferung reklamieren würde. Die Mitarbeitenden müssten in diesem Fall aus den gesammelten Akten und Ordnern nachvollziehen, welche der produzierten Kekse mit dem entsprechenden Salz hergestellt wurden. Ein Prozess, der unter Zuhilfenahme des Manufacturing Execution System wenige Minuten dauern würde, zöge sich ohne das System mehrere Tage oder Wochen hin. Insbesondere in hoch regulierten Branchen, wie etwa der Medikamentenherstellung, können hier schnell immense Schäden auftreten.

Manufacturing Execution System – Zukunftsaussichten

Das MES als zentrales Steuerungsinstrument in der Produktion wird in den kommenden Jahren noch weiter an Bedeutung gewinnen. Insbesondere durch die generierten Produktionsdaten ergeben sich hier Chancen, neue Technologie einzusetzen. Da es als metaphorisches Gehirn die Prozessabläufe in der Produktion in einem bestimmten vordefinierten Rahmen digitalisiert und somit entscheidende Informationen für Mitarbeitende bereitstellen kann, sind beispielsweise AR-Anwendungen zum Austausch und zur Instandhaltung von entscheidenden Teilen der Anlage möglich.

Zudem wird sich das Manufacturing Execution System in Zukunft zu einem noch intelligenteren Bestandteil der Produktion entwickeln. Denkbar ist etwa der Einsatz von Algorithmen zur zusätzlichen Prozessoptimierung sowie zur Optimierung der Anlagenauslastung oder die optimierte Reaktion auf unvorhergesehene Schwierigkeiten bezüglich Material, Qualität, Prozessen oder Personal.

*Uwe Küppers ist Manager Consulting Services bei Kalypso EMEA: A Rockwell Automation company.


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