Während sich bei der Positionierung der Anbieter in Gartners Magic Quadrant nur wenig getan hat, ist der Markt für Enterprise Mobility Management selbst stark in Bewegung: Der Fokus wandert in Richtung Unified Endpoint Management (UEM). [...]
Wer im größeren Stil mobile Endgeräte im Unternehmen einsetzt, kommt um eine zentrale Verwaltungsplattform nicht herum. EMM-Suiten sind quasi der Klebstoff, der mobile Devices mit der Infrastruktur verbindet. Die Lösungen ermöglichen es Firmen, mit Techniken wie Mobile Device Management (MDM), Mobile Application Management (MAM), Mobile Content Management (MCM), Mobile Identity (MI) oder Containment Geräte und Apps über den gesamten Lebenszyklus (Rollout, Updates…) zu verwalten, Bestand, Einstellungen und Nutzung der Geräte zentral einzusehen und ihre Compliance mit den Unternehmensrichtlinien sicherzustellen, geschäftskritische Daten auf den Geräten durch verschiedene Techniken zu schützen, sowie Probleme mit den mobilen Devices durch Analyse oder remote Handlungen zu lösen versuchen.
Das Problem: Es gibt schätzungsweise über hundert Hersteller, die EMM-Funktionen in irgendwelcher Form anbieten. Als Orientierungshilfe bei der Auswahl hat Gartner daher seinen jährlich erscheinenden „Magic Quadrant for Enterprise Mobility Management Suites“ (Studie per Registrierung bei vielen EMM-Playern erhältlich) aufgelegt. Die Studie bietet eine Art Marktübersicht über die aus Sicht von Gartner wichtigsten Anbieter, wobei verschiedene Auswahl- und Ausschlusskriterien angelegt werden.
Wie die frisch erschienene vierte Auflage von Gartners Marktübersicht (davor lag der Fokus auf MDM) zeigt, hat sich die Situation im EMM-Lager inzwischen weitgehend stabilisiert: Im Leaders Quadrant finden sich die üblichen Verdächtigen: VMWare AirWatch und MobileIron platzierten sich das siebte Jahr in Folge in dem für Kaufinteressenten besonders wichtigen Quadranten, auch BlackBerry ist wieder vertreten (anstelle des 2015 übernommenen Wettbewerbers Good Technology), ebenso IBM, das mit MaaS360 sechs Mal hintereinander einheimsen. Lediglich Citrix fiel zurück und führt nun hinter Microsoft den Visionaries-Quadranten an – gefolgt von Sophos, SOTI und Ivanti, der neuen Bezeichnung für Landesk nach dem Zusammenschluss mit Heat Software.
Im Nischenanbieter-Quadranten wiederum findet man wie im Vorjahr den deutsche Workspace-Management-Spezialist Matrix42, den chinesischen Anbieter NationSky, den schwedischen Spezialist für Software Asset Management (SAM) Snow Software (Snow Device Manager) sowie den über die Meraki-Übernahme zum EMM-Anbieter avancierte Netzwerkriesen Cisco (Cisco Meraki Systems Manager). SAP, im Vorjahr ebenfalls als Nischenanbieter gelistet, schied aus, weil es sich nicht mehr für die Teilnahme qualifizieren konnte.
Featuritis als Auswahlkriterium?
Über die Sinnhaftigkeit der Auswahl und Bewertung von EMM-Anbietern durch Gartner kann man sich vortrefflich streiten. Gartner selbst weist in seiner Studie hin, dass zwar eines der Zulassungskriterien für Lösungsanbieter der Einschluss von MDM (Mobile Device Management), MAM (Mobile Application Management) und mindestens einer der weiteren Technologien Mobile Identity, MCM (Mobile Content Management) oder Containment (Dual Persona etc.) sei. Nichtsdestotrotz würden die meisten der Gartner-Kunden lediglich MDM- und MAM-Funktionen nutzen.
Fortschrittlichere Features wie Mobile Identity, Mobile Content Management und Containerisierung kommen dagegen nur laut Gartner bei einem kleineren Prozentsatz zum Einsatz. Im Schnitt würden nur zehn Prozent der gesamten Funktionen genutzt, wobei die jeweilige Funktion stark von der jeweiligen Organisation abhänge, so das Analystenhaus.
Anbieter für bestimmte Szenarien
Mit Hinblick auf diesen geringen Prozentsatz verweist Gartner in seinem Report auch auf eine Reihe von Spezialanbietern, die ihre Investitionen in EMM erhöht haben, sich aber letztendlich nicht für eine Aufnahme in den Magic Quadrant qualifizieren konnten.
So könnte der auf Kiosk-Mode- und Digital-Signage-Lösungen spezialisierte EMM-Anbieter 42Gears für kleine und mittelgroße Unternehmen interessant sein, die firmeneigene Geräte im Restricted-Modus verwalten möchten. Den MAM-Spezialisten Apperian wiederum legt Gartner Firmen nahe, die Nutzern Anwendungen bereitstellen wollen, ohne das gesamte Device zu managen.
Für Nutzer der G(oogle)-Suite, die nur einfache Management-Funktionen für Android- und iOS-Devices benötigen, empfehlen die Analysten die G Suite Admin-Konsole. Die Lösung unterstützt auch Chrome-OS, bietet aber keinen vollen Support für Windows-Konfiguration und Verwaltung, weshalb Google nicht für den Magic Quadrant in Frage kam.
Die EMM-Lösung von Jamf (Jamf Pro) hingegen bietet laut Gartner (fast) alles, was man zum Management von Macs, iPhones und iPads braucht, einschließlich Device Management, MAM, Inventory Management, Security und Bereitstellung über eine einzelne Konsole – unterstützt aber nicht Android und Windows.
Auch der insbesondere durch seine Identity & Access Management-Lösungen bekannte kalifornische Anbieter Oktawird von Gartner erwähnt: Während sich der Hersteller der EMM-Lösung Okta Mobility Management mangels ausreichend Umsatz nicht qualifizieren konnte, empfiehlt Gartner das Produkt Unternehmen, die bereits ein oder mehrere Lösungen von Okta aus dem Identity-Bereich nutzen, und insbesondere, wenn bevorzugt iOS-Geräte verwaltet werden sollen.
Die Münchner Firma Virtual Solution AG, bekannt für die BSI-zertifizierte Lösung SecurePIM, wird ebenfalls lobend von Gartner erwähnt: SecurePIM sollte aus Sicht der Analysten jede Organisation in Betracht ziehen, die einen hochsicheren Container für sicheren Mail-, Daten- und Intranet-Zugang auf mobilen Endgeräten brauchen – ohne unbedingt das zugrundeliegende Device zu verwalten.
Enterprise Mobility Management im Wandel
Grundsätzlich interessant ist die Frage, wie lange eine solche Marktübersicht überhaupt noch zeitgemäß ist. Das Problem ist dabei nicht, dass – wie Gartner berichtet – viele Unternehmen auch nach der vierten Auflage nicht mit dem Begriff EMM vertraut sind, sondern nur den alten Begriff MDM kennen. Vielmehr könnte mit dem Verschmelzen von stationärer und mobiler Nutzung auch EMM schon bald nicht mehr den Anforderungen von Organisationen entsprechen. Stattdessen brauchen sie eine einzelne Lösung für die Verwaltung von traditionellen Endgeräten und mobilen Devices – besser bekannt als Unified Endpoint Management (UEM).
Apple und Microsoft kommen diesem Wunsch nach Konvergenz entgegen, indem sie MDM-APIs in ihre Plattformen integrieren. Probleme beim Unified Endpoint Management bereiten indes Legacy-Erfordernisse wie komplexe Win32-Anwendungen und Gruppenrichtlinien, die aktuell nicht via EMM verwaltet werden können. Sowohl Microsoft wie auch die EMM-Anbieter arbeiten aber daran, diese Lücke zu schließen, weshalb die Anzahl an Szenarien, in denen Organisationen PCs mit EMM-Tools verwalten können, zunehmen. Doch damit nicht genug: Als weitere – anstehende – Entwicklung im Bereich Unified Endpoint Management kommt der Bedarf einiger Unternehmen, zusammen mit traditionelleren Endgeräten auch die Verwaltung einiger (nicht aller) IoT-Devices zu übernehmen.
Über kurz oder lang könnte damit auch der Fokus von Gartners Magic Quadranten wieder etwas Anpassung vertragen. Ähnlich wie die Analysten bereits vor einigen Jahren die Betrachtung von reinen MDM-Lösungen auf EMM-Suites erweitert hatten, würden sie mit einem Magic Quadrant UEM Suites einer Richtung folgen, die Hersteller wie VMware Airwatch, Blackberry, Citrix, MobileIron und die meisten anderen längst eingeschlagen haben.
Immerhin: Als Konsequenz auf die Entwicklung in Richtung UEM hatte Gartner bereits vor einem Jahr bekannt gegeben, den Magic Quadrant für Client Management Tools einzustellen und stattdessen in einem einen Marktführer Endpoint Computing Managern Kaufempfehlungen für Client-Management-Tools zu geben.
* Manfred Bremmer schreibt für die Computerwoche.
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