Es ist ziemlich wahrscheinlich (wenn auch nicht sicher), dass der Europäischen Gerichtshof die Standardvertragsklauseln und möglicherweise auch den Datenschutzschild für ungültig erklären wird. [...]
Vor dem Europäischen Gerichtshof wird am 09. Juli ein wegweisender Fall verhandelt, der substantielle Auswirkungen auf die digitale Wirtschaft haben könnte. Es handelt sich um das letzte Kapitel einer Auseinandersetzung zwischen US-amerikanischen Strafverfolgungsgesetzen und europäischem Datenschutzrecht, ausgetragen zwischen dem österreichischen Datenschutzrechtsaktivisten Max Schrems und Facebook.
Der Fall hat weitreichende Auswirkungen und betrifft sämtliche Unternehmen, die personenbezogene Daten aus Europa (bzw. dem post-Brexit Vereinigten Königreich) exportieren oder nach Europa (bzw. ins post-Brexit Vereinigte Königreich) importieren. In dem von der irischen Datenschutzbeauftragten Helen Dixon angestrengten Verfahren verwies der irische Oberste Gerichtshof in 11 Fragen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Zusammenhang mit zwei spezifischen Rechtsmechanismen, die die Übermittlung von personenbezogenen Daten aus Europa erlauben: Dabei handelt es sich um Standardvertragsklauseln und den EU-US Datenschutzschild.
Sollte der EuGH die Standardvertragsklauseln und den EU-US Datenschutzschild für ungültig erklären, hätte dies erhebliche Auswirkungen. Ohne diese Mechanismen, die von Unternehmen sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas regelmäßig angewandt werden, um den Austausch personenbezogener Daten zu regeln, existiert gegenwärtig keine brauchbare Alternative, um den systematischen und regelmäßigen Austausch von personenbezogenen Daten aus Europa zu legitimieren.
Eine substantielle Unterbrechung der grenzüberschreitenden Datenflüsse personenbezogener Daten könnte nach durch die Business Software Alliance (BSA) vorgelegten Informationen negative Auswirkungen auf das EU BIP zwischen minus 0,8 und minus 1,3 Prozent nach sich ziehen, was laut BSA in etwa das Drei- bis Vierfache des wirtschaftlichen Rückgangs, den Europa im wirtschaftlichen Krisenjahr 2012 erlebte, ausmachen würde. Diese Zahlen wurden nicht unabhängig überprüft, jedoch ist nicht zu leugnen, dass eine Unterbrechung des grenzüberschreitenden Austausches personenbezogener Daten große negative Auswirkungen auf den Handel und die Wirtschaft haben würde.
Sabine Fehringer, Partnerin am Wiener Standort der globalen Anwaltskanzlei DLA Piper, kommentiert: „Die Standardvertragsklauseln und der Datenschutzschild werden von Unternehmen auf verschiedenste Art genutzt, um die Übertragung personenbezogener Daten aus Europa zu legitimieren. Es ist ziemlich wahrscheinlich (wenn auch nicht sicher), dass der EuGH die Standardvertragsklauseln und möglicherweise auch den Datenschutzschild für ungültig erklären wird, wodurch Unternehmen dem Risiko von umsatzbezogenen Strafen, Sanktionen und Schadenersatzansprüchen, einschließlich Sammelverfahren, ausgesetzt wären. Unternehmen sind daher gut beraten, Notfallpläne für dieses Risiko zu erarbeiten, bevor der Gerichtshof das Urteil verkündet.“
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