Mensch gegen Maschine: Neuer Turing-Test nötig

Der Computerwissenschaftler Mark Riedl ist überzeugt: Es fehlt "ein Testverfahren, das eine breite Basis an potenziell wichtigen Fähigkeiten und Arten von Intelligenz aufzeigt". [...]

Geht es nach den Vorstellungen vieler Computeringenieure, wird die Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz schon bald Maschinen hervorbringen, die es in puncto Denkvermögen und Lernfähigkeit mit dem Menschen aufnehmen können. Um die künstliche mit der natürlichen Intelligenz vergleichen zu können, setzt sich der US-Professor Mark Riedl vom Georgia Institute of Technology nun für die Implementierung eines neuen Testsystems namens „Lovelace 2.0“ ein. Das Verfahren, das letztlich den altbekannten Turing-Test ablösen soll, fordert Computer dazu auf, kreativ zu werden, ein Gedicht oder eine Geschichte zu schreiben, oder ein Bild zu malen.

„Was wir brauchen, ist ein Testverfahren, das eine breite Basis an potenziell wichtigen Fähigkeiten und Arten von Intelligenz aufzeigt“, erklärt Riedl in einem kürzlich veröffentlichten wissenschaftlichen Bericht. Der Computerwissenschaftler der Georgia Tech, der unter anderem auch als Direktor des Entertainment Intelligence Lab fungiert, ist in dieser Hinsicht keinesfalls von der Aussagekraft des Turing-Tests überzeugt. „Als Diagnose-Tool für Intelligenz hat dieser Test eine klare Schwachstelle: Er ist sehr anfällig für Schwindeleien“, betont der Experte. So hätten sich etwa in der Vergangenheit bereits einige menschliche Jury-Mitglieder – wenn auch nur für kurze Zeit – täuschen lassen.

Das von Riedl vorgeschlagene System verfolgt dabei einen völlig anderen Ansatz als das schon 1950 von Alan Turing entwickelte Konzept. Bei Letzterem führt ein menschlicher Fragesteller über eine Tastatur und einen Bildschirm ohne Sicht- und Hörkontakt mit zwei ihm unbekannten Gesprächspartnern eine Unterhaltung – einer davon ist ein Mensch, der andere eine Maschine. Beide versuchen, den Fragesteller davon zu überzeugen, dass sie denkende Menschen sind. Der Test gilt als bestanden, wenn nach der intensiven Befragung nicht klar ist, wer dabei Mensch und wer Maschine war.

Das „Lovelace 2.0“-Verfahren prüft die Künstliche Intelligenz hingegen, indem es sie auffordert, kreativ tätig zu werden. Unter solche kreativen Produkte können etwa Gemälde, Gedichte, Geschichten oder architektonische Entwürfe und künstlerische Designs fallen, wie Riedl erläutert. „Kreativität ist in Bezug auf menschliche Intelligenz nicht einzigartig, aber ein guter Echtheitsstempel für ein entsprechendes Denkvermögen“, ist der Forscher überzeugt.

Wenn es um einen Vergleich von künstlicher und menschlicher Intelligenz geht, gibt es immer wieder heftige Diskussionen in Expertenkreisen. Erst im Juni 2014 war diese wieder erneut entflammt als der Entwickler des Chat-Bots „Eugene Gootsman“, der einen 13-jährigen ukrainischen Jungen nachahmt, für sich beansprucht hatte, dass seine Software den Turing-Test bestanden habe. Dies wurde jedoch in der Folge von mehreren Beobachtern in Zweifel gezogen. „Intelligenz braucht mehr als nur Cleverness. Man muss kreatives Potenzial haben“, meint Riedl abschließend. (pte)


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