Microsoft-Convertible: Microsoft Surface Pro 8 im Test

Die neuste Generation des Microsoft-Tablet-Convertible-Laptop-ohne-Tastatur-aber-doch-mit geht an den Start. [...]

Das Surface Pro 8 ist etwas grösser, sonst grösstenteils gleich wie bisher (c) Microsoft

Das Surface ist ein eigenwilliges Ding. Beim Launch des ersten Modells passte es nicht wirklich in eine Produktekategorie, wenige Jahre später war es der einzige wirklich wahrhaftig passende Vertreter der Convertibles. Das Surface ist nicht ein Tablet mit Tastatur wie das iPad. Oder ein Notebook mit abnehmbarem Unterteil wie das SurfaceBook. Vielmehr ist das Surface ein Tablet mit Notebook-Herz. Ein Tablet, auf dem Desktop-Software läuft. Vor ein paar Jahren verband es so die Vorteile der Tablet-Welt mit den Vorteilen der Desktop/Notebook-Welt.

Einfache Bedienung mit Touch, ohne aber auf den gewohnten Workflow verzichten zu müssen. Mehr Portabilität mit besserem Dateimanagement. Mitte der 2010er war das vielleicht nicht eine Revolution, aber mit Sicherheit die Idee der Stunde. 2021 sieht der Markt aber anders aus. Das neu lancierte Surface Pro 8 startet in eine Welt, in der Tablets und Notebooks von beiden Seiten her deutlich näher zusammengerückt sind.

Design & Verarbeitung

Wie schon bei den bisherigen Surface-Modellen kommt auch das Pro 8 dezent, aber ansehnlich daher. Unser Testmodell ist in elegantem schwarz gehalten, Microsoft nennt es «Graphit». Ebenfalls erhältlich ist ein silbernes Modell mit der Bezeichnung «Platin». Im Vergleich zu früheren Modellen ist das Surface Pro vor allem grösser geworden. Durch das neu 13 Zoll große Display ist auch das Gehäuse rundherum grösser und schwerer geworden. Im Vergleich zum Surface Pro 4 ist das Pro 8 rund 100 Gramm schwerer und wiegt ohne Tastatur 891 Gramm. Gewicht und Größe machen das Surface Pro 8 etwas grenzwertig für den Gebrauch als reines Tablet. In Kombination mit einem Keyboard-Folio ist das neue Format jedoch sehr angenehm.

Ohne Tastatur sieht das Surface auch 2021 noch merkwürdig aus (c) Microsoft

Gleich geblieben sind jedoch auch einige der Probleme des Surface Pro. So ist der Kickstand weiter brillant auf einer festen Oberfläche, jedoch mühsam auf den Beinen. Der Begriff «Laptop» kann hier wirklich nicht mit gutem Gewissen verwendet werden. Auch beim Keyboard-Folio sind es die gleichen Vor- und Nachteile wie bei früheren Modellen. Die Tastaturaufhängung ist noch immer etwas schwammig, eventuell sogar leicht verstärkt durch die Stylus-Nische. Beim Touchpad stört das laute Klicken und die teilweise extreme Empfindlichkeit beim Antippen. Im Vergleich zu einem modernen Notebook-Touchpad ist das Modell des Surface Pro noch immer schwach.

An der Verarbeitung des Tablets selbst gibt es nichts zu motzen. Microsoft hat hier ganze Arbeit geleistet und liefert ein schönes, sauber verbautes Gerät ohne jegliche technischen Ungenauigkeiten. Zumindest nicht von außen sichtbare Mängel. Ob die Konstruktion auch innerlich und langfristig funktioniert ist schwierig zu sagen. Frühere Modelle des Surface Pro konnten hier nicht immer überzeugen. So litten unter anderem das Pro 3 und das Pro 4 unter Überhitzungsproblemen, wobei bei einigen Geräten nach etwa einem Jahr Nutzung das Display unter Last zu flackern begann. Hoffen wir, dass so etwas beim Surface Pro 8 nicht mehr der Fall ist.

Display, Touch & Stylus

Bei einem Tablet darf vor allem ein Bauteil keine Schwächen aufweisen: Das Display. Glücklicherweise gibt sich das Surface Pro 8 hier keine Blöße. Der 13-Zoll-Bildschirm ist hell, hochauflösend und auf Wunsch sogar schnell. Standardmäßig löst das Display mit 2880 mal 1920 Pixeln auf. Also etwa irgendwo zwischen QHD (2560 × 1440) und UHD (3840 × 2160) mit einem weniger weiten Seitenverhältnis. Das resultiert in einer angenehmen Pixeldichte von 267 PPI. Wer möchte, kann zudem die Bildwiederholrate des Displays von 60 Hz auf 120 Hz erhöhen. Das resultiert in einem flüssigeren Bild, auf Kosten von Akkulaufzeit. Bei einfachen Büroarbeiten lohnt sich die höhere Bildrate nicht wirklich, ebenso wenig für Filme und Serien, die sowieso in niedrigeren Bildraten aufgenommen werden.

Höhere Bildraten sind in der Praxis vor allem für Gamer nützlich, was auf dem Surface Pro jedoch nicht prioritär sein wird. Aber: Schön flüssig ist die höhere Bildrate eben schon. Der Akku hält in unserem Test bei leichten Büroarbeiten ziemlich genau die angegebenen 16 Stunden durch. Bei rechnerisch intensiven Arbeiten, besonders über die GPU, schmilzt der Akku-Ladestand aber nur so dahin. Ähnlich wie das bei vergleichbaren Intel-Notebooks der Fall ist.

Der Slim Pen 2 wurde garantiert nicht von einer Lehrperson entwickelt (c) Microsoft

Die Touch-Steuerung ist auf dem Surface Pro 8 so gut wie noch nie. Das hat aber weniger mit der Hardware zu tun, als mit dem Betriebssystem. Das Pro 8 wird mit Windows 11 ausgeliefert, das noch besser mit Touch funktioniert als Windows 10. Besonders im Einstellungs-Menü sind neu viel mehr der Optionen wirklich über die Touch-freundliche Oberfläche verfügbar. Etwas merkwürdig ist hier die Konstruktion des Tastatur-Folios. Dieses hängt in der angewinkelten Standardposition oben leicht über den Displayrand hinaus, was das Antippen der Steuerungsköpfe in der Taskleiste etwas fummlig macht. Nicht wirklich schlimm, aber auch unerwartet störend.

Fast bizarr ist hingegen das Design des Stylus. Der Surface Slim Pen 2 wurde klar dafür entwickelt, in die Ladenische zu passen, anstatt dafür in eine Hand zu passen. Aus ergonomischer Sicht ergibt es Sinn, dass Stifte entweder rund oder mehrkantig sind. Mindestens drei Kanten sollte ein Stift haben, damit er gut gehalten werden kann. Oder eben eine Kante mit einem runden Rest. Microsofts Surface Slim Pen 2 hat zwei lange Kanten, die von schmalen Rundungen verbunden werden.

Die Rundungen sind dabei aber zu schmal, um richtig gehalten zu werden. So ist es praktisch unmöglich, den Stift korrekt in der Hand zu halten. Möglicherweise gibt es hier auch kulturelle Unterschiede mit der Stifthaltung in den USA, aber für Schweizer Verhältnisse ist der Microsoft-Stylus ungeeignet. Dass der Stift dann noch 139 Franken extra kostet, macht die Situation nicht besser. Und schon fast merkwürdiger ist der Fakt, dass Microsoft mit dem ursprünglichen Surface Pen bereits einen exzellenten Stylus hatte. Ein Redesign war aus Nutzersicht komplett unnötig.

Ausstattung & Lieferumfang

Wie bei Surface-Geräten üblich kann auch das Surface Pro 8 in verschiedenen Konfigurationen bestellt werden. Unser Testmodell kommt mit einem Intel Core i7-1185G7 (Vierkern), 16 GB RAM und einem 256-GB-SSD. Diese Konfiguration kostet im Microsoft-Store derzeit Fr. 1649.-. Bei den Prozessoren hat man die Wahl zwischen dem bereits genannten i7, und einem Intel Core i5-1135G7 (Vierkern). Beim Arbeitsspeicher sind 8, 16 oder 32 GB LPDDR4x-RAM möglich. SSDs gibt es in vier Größen: 128 GB, 256 GB, 512 GB und 1 TB.

Preislich liegen die Surface-Modelle zwischen Fr. 1149.- (i5, 8GB RAM, 128 GB SSD) und Fr. 2649.- (i7, 32 GB RAM, 1 TB SSD). Realistisch gesehen sind die Varianten mit 8 GB RAM oder 128 GB SSD aber kaum alltagstauglich. Für Windows 11 ist 8 GB RAM so grenzwertig, dass schon wenig Leistungshunger obendrauf das System an die Grenzen bringt. Was den Nutzspeicher angeht, ist schon bei unserem 256-GB-Modell etwa 55 GB für Recovery und das Betriebssystem reserviert. Ein Wert, der über die Jahre mit kommenden Windows-Updates noch steigen wird. Bei einem 128-GB-Gerät lässt das knapp über 70 GB für Software und Daten übrig. Wer kaum Software benötigt und fast komplett in der Cloud lebt, kann damit wohl leben, für alle anderen wird es aber sehr schnell sehr ungemütlich.

Das Tastatur-Folio ist wie gewohnt: gute Tastatur, mässiges Touchpad, nicht im Lieferumfang enthalten (c) Microsoft

Die Anschlüsse sind bei allen Varianten gleich: Es gibt einmal einen «Surface Connect»-Anschluss, zweimal USB-C (USB 4.0 / Thunderbolt 4), und einen 3,5-mm-Audioanschluss. Das ist dann auch der Vorteil gegenüber einem Tablet wie dem iPad Pro, das weiterhin auf einen einzelnen USB-Anschluss setzt, der auch noch zum Aufladen gebraucht wird. Bei Microsoft geschieht das über den genannten «Surface Connect»-Anschluss, bei dem im Normalbetrieb der bekannte Stromanschluss montiert wird. Wer sich aber eine Docking-Station für das Surface kauft, hängt diese ebenfalls am Connect-Anschluss an, und versorgt dann die Docking Station mit Strom. Daher der «Connect»-Name statt einfach «Stromanschluss».

Was bei jedem Surface-Release für Diskussionen sorgt, ist der Lieferumfang. Wie üblich erscheint auch das Surface Pro 8 ohne Tastatur-Folio oder Stylus. Wer beides möchte, legt Fr. 289.- drauf. Das Folio allein kostet 189.- und der Stylus schlägt einzeln mit Fr. 135.- zu Buche. Bei einem reinen Tablet ist das normal. Die Preise für die Peripherie sind dann auch etwa vergleichbar mit Marktleader Apple. Aber: Das Surface Pro ist auch in der achten Iteration noch stärker von der Tastatur und dem Touchpad abhängig wie reine Tablets. Zwar ist Windows 11 für reine Touch-Steuerung besser als Windows 10, die Software hinkt aber noch immer hinterher.

Da Windows nach wie vor hauptsächlich als Desktop-OS dient, ist das Gros der Software dafür für den Gebrauch mit Maus und Tastatur ausgelegt. Microsoft hat es auch heute noch nicht geschafft, den eigenen App Store zu einem wirklich guten Anlaufpunkt für touch-freundliche Apps zu machen. Auf einem iPad erhält man im Store nur Apps, die darauf auch gut funktionieren. Im Vergleich dazu ist der Windows Store gespickt mit Apps, die Touch vernachlässigen, und Apps welche bessere Versionen außerhalb des Stores anbieten. Solange Microsoft es nicht schafft, einen Großteil aller wichtigen Softwareentwickler mit deren Spitzenprodukten als Touch-freundliche Programme in den Microsoft Store zu bringen, so lange bleibt Windows hauptsächlich ein Desktop-Betriebssystem.

Ein weiteres Argument gegen das Surface Pro 8 als reines Tablet liefert Microsoft dazu noch selbst: Mit dem größeren Display und dem daraus resultierenden Gewicht bietet sich das Pro 8 deutlich mehr für den Notebook-Ersatz an.

Software

Software ist für das Surface Pro 8 ein Problem, welches sich durch viele Aspekte des Gerätes durchzieht. Vieles davon haben wir daher bereits erwähnt. Beispielsweise die Probleme von Windows 11, sowohl als Touch-OS als auch als Desktop-OS funktionieren zu müssen. Oder auch das schwache Angebot an Tablet-Apps im Microsoft Store.

Man sieht schon an den Bewertungen der Top-Apps, dass es um den Windows Store nicht gerade gut steht (c) Screenshot / PCtipp

Ein weiterer Faktor kommt dann noch dazu: Bloatware. Bei Tests von Windows-PCs der kommenden Monate werden Sie einen Satz öfters lesen: Bloatware ist breit vorinstalliert, der Hersteller kann aber nichts dafür. Hier ist das anders. Das Surface wird von Microsoft hergestellt, also ist Microsoft selbst für die installierte Bloatware verantwortlich. All die unnötigen Apps, die Windows 11 mitliefert, kommen von Microsofts eigenen Deals. Wobei Microsoft teilweise schlau vorgeht: Apps wie TikTok sind genau genommen nicht vorinstalliert, sondern nur als Links im Startmenü platziert. Erst wenn man den Link anklickt, wird die App heruntergeladen.

Allerdings muss man die «Apps» dennoch manuell entfernen, was die Sache nicht weniger nervig macht. Dann ist da noch der Faktor Windows 11. Das neuste Werk von Microsoft bringt zwar einige sehr gute Neuerungen mit sich, aber auch viele kontroverse Änderungen. Im aktuellen Zustand ist Windows 11 in Ordnung, aber nicht so ausgereift wie Windows 10. Einige Design-Entscheidungen sind sogar geradezu bizarr, wie das neu gestaltete Start-Menü, das gut die Hälfte des Platzes für kürzlich verwendete Dateien verbläst, selbst wenn man diese Funktion ausgeschaltet hat. Und dann die erzwungene Gruppierung von Taskleisten-Icons. Selbst auf dem kleinen Surface-Display ist der negative Einfluss auf den Workflow deutlich stärker als die Platzersparnis.

Das witzigste Detail bei der Software des Surface Pro 8 ist jedoch, dass Microsoft sein Surface PRO mit Windows 11 HOME ausliefert. Kann man sich nicht ausdenken, sowas.

Marktplatzierung

Bei der Einführung des ersten Surface war Microsoft der Welt einen Schritt voraus. Das Surface bot viele Vorteile des Tablets mit einem Desktop-fähigen Betriebssystem dahinter und war somit ideal für alle, die einen Mittelweg zwischen Tablet und Notebook suchten.

Dieser Mittelweg ist aber in den letzten Jahren deutlich schmaler geworden. Notebooks haben viele der praktischen Neuerungen der Tablet-Welt übernommen (allem voran die M1-Macbooks), und reine Tablets sind nicht nur grösser geworden, sondern haben auch in Sachen Produktivität praktisch zu Notebooks aufgeschlossen. Vor ein paar Jahren holte das Surface Tablet-Nutzer ab, welche bessere Produktivitäts-Features wollten, genauso wie Notebook-Nutzer, die sich ein kompakteres, einfacheres System wünschten. Die gleichen Nutzer werden heute aber bereits in der bestehenden Produktegruppe abgeholt. Notebooks sind kompakter und einfacher geworden, Tablets sind besser mit Produktivität.

Windows 11 ist noch keine Stärke des Surface Pro 8 (c) Screenshot / PCtipp

Das Surface war zwar immer ein schlechteres Tablet als das iPad und ein schlechteres Notebook als viele Geräte auf diesem Markt. Die Kombination machte es aber zu einem perfekten Zwischending für eine schlecht erschlossene Bedürfnis-Nische. Auf dem heutigen Markt ist es immer noch ein schlechteres Tablet als das iPad und ein schlechteres Notebook als die meisten Notebooks der gleichen Preisklasse.

Aber: Die Kombination ist nicht mehr einzigartig, denn Tablets und Notebooks ragen mittlerweile so weit in die Mitte der zwei Produktegruppen, dass dem Surface kaum noch Platz bleibt. Das iPad mit mehr USB oder das noch etwas kompaktere MacBook Air ist nett, aber bietet zu wenig, um die Nachteile von Windows 11 und des vergleichsweise ineffizienten Intel-Systems auszugleichen.

Fazit

Wie schon früher ist das Surface Pro 8 ein guter Hybrid. Als Produkt in einem Vakuum betrachtet, ist es ein gelungenes Convertible. Unauffällig und trotzdem schön, spitzenklassig verarbeitet, mit einem starken Display und solider Hardware. Probleme gibt es vor allem beim Stylus und einem noch etwas sehr unfertigen Windows 11. Beides ist lösbar.

Die Frage ist: Wer soll sich das kaufen? Sowohl auf dem Notebook– als auch auf dem Tablet-Markt gibt es mehr Leistung für weniger Geld. In vielen Fällen mit sehr kompetitiven Features. Windows hat noch immer Mühe, als Tablet-OS zu funktionieren und als Notebook droht Windows den Anschluss an Apples M1-Generation zu verlieren. Dazu die Startschwierigkeiten von Windows 11 – und das Surface wird eines dieser Geräte, das man eigentlich nur gut bewerten, aber trotzdem nicht zum Kauf empfehlen kann.


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