Moderne IT-Infrastrukturen großer Unternehmen mit vielen Standorten sind komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint. [...]
Schon ihr Betrieb ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Optimierung kann zu einer echten Herausforderung werden. Die Lösung dieses scheinbar gordischen Knotens ist ein Digital-Twin-Strategie, die die gesamte IT-Infrastruktur berücksichtigt und auf einer umfassenden IT-Plattform aufsetzt.
Mit ihrer Hilfe können IT-Leitung, Infrastruktur- sowie Data-Center-Verantwortliche nicht nur Kosten sparen, sondern vielfach Prozesse beschleunigen, verlässlicher gestalten und vereinfachen.
Die IT-Infrastruktur eines Unternehmens ist keineswegs nur eine Ansammlung von Hardware, die sich einfach in einer Datenbank verwalten lässt. Sie besteht aus
- Netzwerk-Komponenten und Kabeln
- Stromversorgung
- Servern und Backup-Systemen
- Clients und Peripherie-Geräten
- Betriebssystemen
- Virtuellen Systemen
- Netzwerk-Zonen
- Cloud-Anwendungen
- Containern und Servlets
- Internet-Zugängen
- Gebäudetechnik
- u.v.m.
Die besondere Komplexität entsteht aber nicht nur über die schiere Masse an zu verwaltenden Assets, sondern vor allem durch die zahllosen Verbindungen und Abhängigkeiten. Jede Veränderung kann sich auf diverse andere IT-Komponenten und -Anwendungen auswirken.
Ohne die notwendige Transparenz der Abhängigkeiten ist jede Erweiterung oder Umbau ein Risiko. Das stellt hohe Anforderungen an das Know-how der IT-Mitarbeitenden sowie an eine aktuelle, akkurate IT-Dokumentation und verlangt nach sauber ausgearbeiteten Prozessen.
Zusätzliche Belastungen entstehen durch regulatorische Vorgaben zur Dokumentation der IT-Infrastruktur und dem Wunsch der Geschäftsleitung, schnell, agil und flexibel auf neue Business-Anforderungen zu reagieren.
Diese Anforderungen dürfen aber nicht zu Lasten der Performance im „normalen“ Betrieb oder der Ausfallsicherheit gehen, denn oft haben Unternehmen Leistungs- und Verfügbarkeits-Agreements (SLAs) gegenüber ihren jeweiligen Kunden vertraglich festgelegt und müssen sie erfüllen.
Hohe Komplexität durch hybride IT-Strukturen
Besondere Komplexität erzeugen auch hybride Cloud-Strukturen, die On-Premise- und IaaS- und PaaS-Anwendungen vernetzen. Sie verlangen nach einer hohen Bandbreite, redundanten Zugängen ins Internet (von jedem Standort!) und einer besonderen Security-Schicht.
Wenn dann zu Wartungszwecken einzelne Dienste temporär abgeschaltet werden müssen, sollte im Vorfeld geklärt sein, welche anderen IT-Anwendungen davon betroffen sind und wann das beste Zeitfenster für eine solche Aktion ist.
Historisch bedingt haben aber die meisten Unternehmen nicht nur eine IT-Dokumentation im Einsatz, sondern viele. Dies erschwert nicht nur, sich einen Gesamtüberblick zu verschaffen, sondern beeinträchtigt auch die Planung und Durchführung von Change-Projekten, weil die Systeme koordiniert werden müssen.
Statt die Komplexität der IT-Infrastruktur einfacher handhabbar zu machen, fügen sie durch die Vielzahl an Verwaltungssystemen noch Komplexität hinzu.
Der Digitale Zwilling als „Komplexitätsbändiger“
Aus dieser komplexen Ausgangslage und den Voraussetzungen heraus wird klar: Mit kleinen, operativ-taktischen Verbesserungen an Prozessen und Werkzeugen lässt sich die Komplexität nicht bändigen. Stattdessen ist es erforderlich, den Umgang mit Planungs-, Bereitstellungs-, Change- und Dokumentationsprozessen grundlegend auf eine andere Basis zu stellen.
Der richtige Ansatz hierfür ist der Aufbau eines digitalen Zwillings. Er stellt ein komplettes, ganzheitliches digitales Abbild einer komplexen Infrastruktur inklusive aller Abhängigkeiten dar und schafft auf diese Weise Transparenz und Übersichtlichkeit.
Ein digitaler Zwilling ist jedoch kein statisches Abbild, sondern eine digitale und realitätsgetreue Arbeitslandschaft: Mit ihm lassen sich Changes simulieren, konkrete Arbeitsaufträge generieren und nach ausgeführter Arbeit wieder digital dokumentieren. Um positive Effekte zu erzielen, muss der digitale Zwilling jedoch bestimmte Eigenschaften haben.
Qualitätskriterien eines digitalen Zwillings der Infrastruktur
- Holistisches Abbild schaffen:
- Ein echter digitaler Zwilling sollte alle Daten integrieren, die für das Infrastrukturmanagement der physischen und virtualisierten Server und Netzwerke relevant sind – einschließlich der Verkabelung und laufender Services. Er muss also ein holistisches Abbild der Realität erschaffen – und nicht nur einen oberflächlichen oder partiellen Einblick geben. Der digitale Zwilling basiert also auf einer vollwertigen CMDB (Configuration Management Database). Ein integriertes IP-Adressmanagement (IPAM) vereinfacht zudem die Verwaltung von Netzwerk-Adress-Strukturen.
- Strukturen abbilden und visualisieren:
- Darüber hinaus sollte der digitale Zwilling die Realität strukturieren. Dabei hilft eine Zonenstruktur zur Einteilung von Lokationen, also Campus, Gebäude, Stockwerke, Räume, Zonen in Räumen sowie Cages im Rechenzentrum. Damit lassen sich regionale und organisatorische Strukturen optimal und strukturiert digital nachbilden. Hilfreich ist außerdem eine fotorealistische und interaktive Visualisierung, um die IT-Mitarbeitenden bei der teilautomatisierten Planung zu unterstützen und das Ergebnis anschaulich in 2D- und 3D-Ansichten darzustellen. Damit können sich Infrastrukturverantwortliche schnell und einfach zurechtfinden und durch die komplexe IT-Landschaft navigieren, zum Beispiel in einzelne Gebäude oder Stockwerke zoomen. Vorgefertigte Kontext-Ansichten ermöglichen die Darstellung komplexer Strukturen als Virtualisierungsebene. Dadurch lassen sich Sachverhalte schneller erkennen, beispielsweise, welche Applikation auf welchem virtualisierten Server betrieben wird.
- Einfache Datenerfassung und Aktualisierung:
- Eine umfassende Komponentenbibliothek mit aktiven und passiven Hardware-Devices über alle Hersteller hinweg erleichtert es, den digitalen Zwilling aufzubauen und aktuell zu halten, also neue CIs (Configuration Items) bzw. Assets virtuell schnell und direkt in den jeweiligen Zonenstrukturen und Racks zu platzieren. Einmal erfasste CIs/Assets lassen sich kopieren und anpassen, um größere Mengen effizient in die CMDB aufzunehmen. Fertige „Ready-to-use“-Konnektoren zu Management-Systemen wie VMware, ein Autodiscovery-Gateway und eine umfassende API mit einem integrierten ETL-Tool erleichtern und automatisieren darüber hinaus den Abgleich und Austausch von Daten mit anderen Systemen des Unternehmens – zugunsten einer verbesserten Aktualität und Interoperabilität.
- Übergreifende und teilautomatisierte Prozesse:
- Enthält der digitale Zwilling ein integriertes Workorder- und Workflow-Management, lassen sich feingranulare Aufgabenlisten aus der Planungsfunktion heraus direkt an interne Umsetzungsteams und externe Dienstleister geben. Parametrisierbare Routing- und Placement-Funktionen schlagen bei Change-Planungen automatisch eine optimierte Kabelführung und Portbelegung vor. Je enger der digitale Zwilling dabei mit der realen Welt verknüpft ist, desto effizienter wird das Infrastrukturmanagement. Verfügt der digitale Zwilling zudem über eine integrierte DCIM-Funktionalität, lassen sich das Server- und Netzwerk-Infrastrukturmanagement mit dem Facility Management der Rechenzentrumsräume verknüpfen. Auch das erhöht die Transparenz und Effizienz.
Die positiven Effekte einer Digital-Twin-Strategie
Unternehmen, die auf eine echte Digital-Twin-Strategie setzen und über eine Lösung verfügen, welche die beschriebenen Funktionalitäten beinhaltet, verbessern sich im operativen Bereich deutlich. Sie reduzieren die Bereitstellungszeiten, etwa für physische und virtuelle Server, da die Planung, Ausführung und anschließende Dokumentation im selben System und mit standardisierten Prozessen und Baugruppen erfolgen.
Ein positiver Effekt dabei: Je schneller neue Dienste bereitgestellt werden, desto größer werden die Akzeptanz und Zufriedenheit der internen IT-Kunden. Viele Firmen können mithilfe des digitalen Zwillings „unschädliche“ Wartungsfenster viel einfacher ermitteln und die Qualität ihrer ITIL-/ITSM-Prozesse im Helpdesk insgesamt deutlich verbessern.
Liefert der digitale Zwilling ein holistisches Bild der Infrastruktur, erhöhen sich die Transparenz und das Wissen über die vorhandene Infrastruktur im gesamten Unternehmen, auch beim Management. Transparenz ist auch entscheidend bei etwaigen Störungen.
Hier gewinnen Unternehmen mit digitalem Zwilling einen Zeit- und Effizienzvorteil, denn Root-Cause-Analysen lassen sich schneller ausführen und damit Störungen schneller lokalisieren und beheben.
Nicht zuletzt hat der digitale Zwilling auch einen positiven Effekt auf die Wirtschaftlichkeit: Downtimes lassen sich minimieren und Audits leichter vorbereiten (und bestehen). Auch direkte Kosteneinsparungen sind realisierbar: Wenn Transparenz über sämtliche vorhandene und ungenutzte Ressourcen herrscht, wird nur so viel neues Material (Hardware) gekauft, wie tatsächlich benötigt wird.
Dies kommt auch der Nachhaltigkeit zugute. Auch bei der Verkabelung lassen sich durch optimiertes Routing eine Menge Material und Materialkosten einsparen. Nicht zuletzt schützt ein digitaler Zwilling auch vor negativen Auswirkungen bei unvorhersehbaren Ereignissen in Sachen Ausfallsicherheit, Redundanz und Risikoreduktion.
Er hilft, Infrastrukturen resilienter und flexibler zu machen und entlastet die Menschen, die mit komplexen Infrastrukturen arbeiten müssen, im Alltag massiv vor Überlastung.
Typischer ROI in 18 Monaten
Dass sich eine Investition in eine IT- und TK-Dokumentationslösung für das Management komplexer Infrastrukturen lohnt, zeigt eine Studie von FNT zusammen mit Research in Action.
Für ein beispielhaftes Unternehmen konnte bei einer Investition von 510.000 € eine Einsparung von 2,17 Mio. € nach drei Jahren erwirtschaftet werden. Das entspricht einem ROI von 326 Prozent. Die typische Amortisationszeit liegt bei unter 18 Monaten.
Laden Sie die vollständige Studie hier kostenlos herunter.
*Matthias Gromann ist Director Business Line IT & Data Center Solutions bei FNT Software.
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