Mit nachvollziehbarer KI aussichts-reiche Gründer und Start-ups finden

Am Software Competence Center Hagenberg (SCCH) wurde ein neuer Forschungsansatz entwickelt, in dem KI nachvollziehbar und damit die eigenen Entscheidungen erklärend verwendet wird. Der im Projekt inAIco "interpretable AI correction" entwickelte Ansatz unterstützt die Speedinvest Heroes Consulting GmbH dabei, die aussichtsreichsten Start-ups zu identifizieren. [...]

Manuela Geiß und Florian Sobieczky forschen an XAI. (c) SCCH
Manuela Geiß und Florian Sobieczky forschen an XAI. (c) SCCH

KI-basierte Systeme sind die Treiber der Digitalisierung. Doch wird Automatisierung mittels selbstlernender Algorithmen (maschinelles Lernen oder das derzeit sehr beliebte Deep Learning) betrieben, dann bleibt die Entscheidungsfindung des Systems verborgen und ist für den Menschen nicht nachvollziehbar. Man spricht hier von einer Black-Box-Situation. Damit der Mensch jedoch die Herrschaft über KI-Systeme behält, müssen diese Modelle nachvollziehbar und interpretierbar sein. Darum geht es beim Thema der „Explainable Artificial Intelligence“ (XAI). Dieser Bereich der „erklärbaren“ (besser: nachvollziehbaren) KI beschäftigt sich mit der zentralen Frage, ob Lernalgorithmen für Künstliche Intelligenz nicht nur die Genauigkeit von Prognosen verbessern, sondern zugleich auch Interpretationen zum besseren Verständnis der Korrektur liefern können. Denn wer die Entscheidungen nachvollziehen kann, für den werden sie erklärbar und das stärkt das Vertrauen in die Entscheidungen ganz wesentlich. 

XAI lässt sich überall dort anwenden, wo solides Basiswissen über das zu lösende Problem vorhanden ist. „Man verwendet einen konventionellen, erklärbaren Algorithmus und gibt nur so viel KI dazu, als für eine verbesserte Prognose notwendig ist. Die Voraussagen werden damit nicht besser, aber qualitativ erklärt. Wie dem Schulkind, das von der Lehrkraft den korrigierten Aufsatz erhält, hilft es wenig, dass die Fehler angestrichen sind. Das Kind lernt nichts daraus. Ergänzt man die Info, wie man den Fehler nächstes Mal vermeiden kann, bringt das den entscheidenden Mehrwert. Deshalb korrigieren wir nicht das Modell, sondern beschreiben die Veränderung“, verrät Projektleiter Florian Sobieczky, Senior Researcher Data Science am SCCH, das Erfolgsrezept.

Investments in Start-ups absichern 

Die Speedinvest Heroes Consulting GmbH suchte nach einer Möglichkeit, durch Vorhersage der Erfolgswahrscheinlichkeit von Start-up-Unternehmen unter Berücksichtigung psychologischer Profile die Entscheidung für das zielführendste Investment abzusichern. So wurde im Projekt inAIco der neue Ansatz auf diese Fragestellung angewendet, um bestmögliche Empfehlungen abgeben zu können. „Die Voraussetzung ist, dass das Geschäftsmodell gut aufgestellt ist. Daneben sind kognitive Fähigkeiten für die Verarbeitung von Informationen, Entscheidungsfindung und Lernen von grundlegender Bedeutung. Auch eine hohe Leistungsmotivation ist signifikant für eine langfristige positive Entwicklung. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass neben den Key-Value-Performance-Indikatoren des Start-ups auch psychometrische Charakteristika im Persönlichkeitsprofil der Gründer und Gründerinnen Einfluss auf den Erfolg mit ihrem Business haben“, erklärt Geschäftsführer Lukas Rippitsch von Speedinvest Heroes Consulting.

Lukas Rippitsch ist Managing Director von Speedinvest Heroes
Consulting  (c) Speedinvest Heroes Consulting GmbH

„Denn Studien zufolge können Unternehmer trotz finanzieller Unterstützung, einer überzeugenden Idee sowie einer ausgezeichneten Qualifikation scheitern“, so Rippitsch weiter, „wenn die notwendigen Persönlichkeitsmerkmale nicht vorhanden sind. Wir suchen die Do-er, die Entrepreneure, die Anatomie erfolgreicher Gründer und Gründerinnen und versuchen die Gemeinsamkeiten in Form von Mustern zu erkennen. In der ersten Studie wurden erste Ergebnisse dazu gesammelt. Erste Erfolgsfaktoren konnten ebenso festgestellt werden, wie Besonderheiten in der gesamten Start-up-Szene. Die Ergebnisse findet man auf www.speedinvest-heroes.com. Als nächstes wollen wir diese Studie europaweit ausrollen. All diese Daten sind die Basis, um Gründerinnen und Gründer besser zu coachen, zu begleiten und die richtigen Founder mit den richtigen Start-ups zum richtigen Zeitpunkt zu matchen.“  

Markus Manz, CEO des Software Competence Center Hagenberg (SCCH) sieht in dieser Anwendung eine hervorragende Umsetzung des vom SCCH verfolgten inAIco-Ansatzes: „Das ist ein wichtiger Schritt für den Brückenschlag zwischen den Modellen für wirtschaftspsychologische und marktwirtschaftliche Daten.“ Dieser Grundstein sei in enger Zusammenarbeit mit Speedinvest Heroes Consulting zu einem belastbaren Vorhersagemodell verdichtet worden, so Manz.  

SCCH fördert junge Forscherinnen 

„Das SCCH ist prädestiniert, die Forschung der sogenannten XAI voranzutreiben. Die Expertise, die unsere ForscherInnen auf dem Gebiet von Deep Learning und hoch performantem Machine Learning haben, ermöglicht uns die beste KI für die jeweilige Problemstellung auszuwählen.  Bei der Klärung der Frage, welche KI am besten zu welchen Basismodellen passt, hat uns Post-Doktorandin Manuela Geiß mit ihrer Expertise auf dem Gebiet der mathematischen Lernmodelle unterstützt, so dass auch die Anwendbarkeit des Ansatzes auf verschiedenste Lebensbereiche ermöglicht wird (z.B. Autonomes Fahren)“, so Projektleiter Sobieczky.

inAIco wurde mit Mitteln der zweiten Ausschreibung „FFG BRIDGE Young Scientists“ gefördert. Das ermöglicht die intensive Einbindung von Dissertantinnen und Dissertanten sowie PostDocs im Projekt. Darüber hinaus sind zwei weitere ambitionierte Jungforscherinnen beteiligt: Salma Mahmoud hat ihren Master in Informatik der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) absolviert und wird das Projekt mit ihrer Expertise in der Handhabe von Neuronalen Netzen unterstützen. Anna Christina Glock hat den Masterstudiengang Data Science und Engineering an der FH Hagenberg abgeschlossen und ist nun Doktorandin an der JKU mit einer Arbeit über Deep Learning in der Tribologie. In einem kürzlich von ihr veröffentlichtem Paper (ISM 2020) zeigte sie die Durchführbarkeit des Ansatzes in einem allgemeineren Rahmen.

Ausgezeichnet mit dem Best-Paper-Award 

Bei der ISM (International  Conference on Industry 4.0 and Smart Manufacturing) wurde das Projekt Ende 2020 mit dem „Best Service Innovation“-Paper-Award ausgezeichnet. Der Award wird von der International Society of Service Innovation Professionals (ISSIP) in Zusammenarbeit mit IBM an das beste Paper vergeben, das sich mit der Förderung von Serviceinnovationen in der Industrie und generell beschäftigt.

Weitere Infos unter www.scch.at.


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