Mitarbeitertrends 2024

Die Erwartungen der Mitarbeitenden werden im Jahr 2024 höher sein als je zuvor, so die Studie 2024 Employee Experience Trends Report, die Qualitrics Anfang des Jahres veröffentlicht hat. ITWELT.at sprach mit Dr. Roland Abel, Employee Experience (EX) Strategist EMEA von Qualtrics. [...]

Dr. Roland Abel, Employee Experience (EX) Strategist EMEA von Qualtrics (c) Qualtrics
Dr. Roland Abel, Employee Experience (EX) Strategist EMEA von Qualtrics (c) Qualtrics

In der Vergangenheit waren die Mitarbeitenden während des ersten Jahres in einer neuen Position engagierter. Jetzt aber zeigen neue Mitarbeitende ein geringeres Maß an Engagement, Wohlbefinden und Integration im Vergleich zu länger beschäftigten Mitarbeitenden. Laut einem Bericht der Society for Human Resource Management aus dem Jahr 2022 reicht ein neuer Job nicht mehr aus, um zu gewährleisten, dass sich neue Team-Mitglieder in den ersten sechs Monaten engagieren – ein kritischer Zeitraum für Unternehmensleiter, da die Kosten für die Einstellung eines neuen Mitarbeiters beträchtlich sind, je nach Position.

39 Prozent der weltweiten Mitarbeitenden, die weniger als sechs Monate in einem Unternehmen beschäftigt sind, wollen innerhalb der nächsten zwölf Monate das Unternehmen verlassen, ein Anstieg um sechs Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Einige kehren sogar an ihren früheren Arbeitsplatz zurück.

Diese Daten zeigen, wie wichtig die ersten Monate einer neuen Stelle für die Entwicklung engagierter und loyaler Team-Mitglieder sind – dennoch räumen nur 41 Prozent der Personalleiter dem Onboarding neuer Mitarbeitenden Priorität ein, um sie vollständig in das Unternehmen zu integrieren. Da viele dieser neuen Angestellten jedoch von den jährlichen Umfragen zum Mitarbeiterengagement ausgeschlossen sind, entgehen Organisationen möglicherweise wichtige Informationen zu ihrer Bindung an die Firma.

Ein Bereich, in dem Verbesserungen möglich sind, ist die Weiterentwicklung, die zu den wichtigsten Faktoren für das Engagement zählt. Neu eingestellte Mitarbeitende sind jedoch seltener als der weltweite Durchschnitt der Meinung, dass sie ihre Karriereziele erreichen können. Sie führen außerdem seltener Gespräche über ihre Entwicklung. Dies deutet darauf hin, dass Unternehmen Engagement erhöhen können, indem sie sich schon früh auf die Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Mitarbeitenden konzentrieren.

„Es reicht nicht aus, großartige Talente ins Unternehmen zu holen“, erklärt Dr. Benjamin Granger, Qualtrics Chief Workplace Psychologist. „In den ersten Monaten erhalten Mitarbeitende einen ersten Eindruck von der Arbeit in einem Unternehmen – und der erste Eindruck lässt sich nur schwer ändern. Einstellung und Onboarding sind untrennbar miteinander verbundene Erfahrungen. Sie benötigen einen roten Faden, der sie miteinander verbindet. Andernfalls riskieren Unternehmen eine frühe und kostspielige Fluktuation.“

Etwas Zeit im Büro ist besser als gar keine

Die Debatte darüber, wie viele Tage die Teams im Büro verbringen sollten, hält weiter an. Die Studie zeigt, dass die Schlüsselindikatoren für eine positive Erfahrung bei Mitarbeitenden mit hybriden Arbeitsmodellen am höchsten sind.

Mitarbeitende in hybriden Arbeitsverhältnissen weisen im Vergleich zu Mitarbeitenden, die Vollzeit im Büro arbeiten, das höchste Engagement, die höchste Bleibeabsicht und das höchste Gefühl von Wohlbefinden und Integration auf. Diejenigen, die in einem hybriden Arbeitsverhältnis stehen, haben sogar höhere Werte als Angestellte, die vollständig remote arbeiten und keine Zeit im Büro verbringen.

Frühere Untersuchungen von Qualtrics geben Aufschluss darüber, warum Mitarbeitende von hybriden Arbeitsmodellen profitieren. Die Hälfte der Mitarbeiter, die mitten in der Pandemie remote arbeiteten, hatten das Gefühl, dass sich ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden verbesserte. Dies ist das Ergebnis des Qualtrics Berichts zu den Employee Experience Trends 2022. Gleichzeitig sank jedoch der Grad der vertrauensvollen Beziehungen zu den Kollegen.

„Hybride Modelle bieten Unternehmen eine gute Möglichkeit, individuelle und organisatorische Bedürfnisse in Einklang zu bringen. Sie bieten Flexibilität und lassen gleichzeitig Zeit für die wichtige persönliche Zusammenarbeit“, so Granger. „Dennoch ist eine Einheitslösung vielleicht nicht die beste Strategie. Führungskräfte sind gut beraten, Flexibilität in ihre Arbeitsplatzrichtlinien einzubauen und Menschen mit einem gemeinsamen Ziel zusammenzubringen.“

Die Pandemie veränderte die Büroarbeit

Es wurden neue Technologien eingeführt, die Erwartungen an die Flexibilität sind höher. Die Art der Arbeit mit Kundenkontakt hindert sie oft daran, von vielen dieser Veränderungen zu profitieren. Dies kann zu einer unzufriedenen Belegschaft beitragen, die nach besseren Ressourcen und Leistungen sucht. Gleichzeitig erhöhen Personalknappheit und Inflation den Druck.

Laut Granger „kann die Bedeutung der Mitarbeitenden mit Kundenkontakten gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, und doch erleben sie ihre Arbeit ganz anders. Wir sehen die Auswirkungen dieser Entwicklung, da die Arbeitnehmer:innen ihre kollektive Stärke erkennen – sie fordern bessere Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen. Selbst scheinbar kleine Verbesserungen haben erhebliche Auswirkungen, wenn es darum geht, dass sich diese Mitarbeiter für den Wert, den sie bringen, anerkannt und geschätzt fühlen.“

Die Investition in Ressourcen, um diese Mitarbeitende an der Basis zu unterstützen, verbessert nicht nur das Engagement, sondern kann sich auch direkt auf die Kundenbindung auswirken. Untersuchungen des Qualtrics XM Institute zeigten, dass sich Investitionen in diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch eine verbesserte Customer Experience auszahlen.

Mitarbeitende würden sich lieber von KI unterstützen als bewerten lassen

Während Unternehmen daran arbeiten, KI in den Unternehmensalltag einzubinden, müssen Führungskräfte das Vertrauen der Mitarbeitenden stärken. Arbeitnehmer:innen fühlen sich mit KI am Arbeitsplatz wohler, wenn sie ein Gefühl der Kontrolle darüber haben, zum Beispiel bei der Erstellung von Aufgaben (61 Prozent der Arbeitnehmer würden KI dafür nutzen) oder als persönlichen Assistenten (51 Prozent der Arbeitnehmer). Anders in Situationen wie Leistungsbewertungen (37 Prozent) oder Einstellungsentscheidungen (29 Prozent).

Eine Ausnahme bilden Menschen, die sich als transgender oder nicht-binär identifizieren. Sie geben an, dass sie KI für Leistungsbeurteilungen (46 Prozent ) oder Vorstellungsgespräche (35 Prozent ) eher nutzen als der weltweite Durchschnitt.
Führungskräfte sind eher bereit, KI zu nutzen als Mitarbeitende der unteren Ebenen. Am positivsten ist hier die C-Suite: Etwa zwei Drittel (65 Prozent) der weltweit Befragten stehen dem Einsatz von KI offen gegenüber, doppelt so viele wie bei den Mitarbeitenden (32 Prozent), die KI nutzen würden. Dennoch ist ein überraschender Anteil des Personals in Bezug auf KI unentschlossen. Nahezu ein Viertel (23 Prozent) ist sich unschlüssig, ob sie KI am Arbeitsplatz einsetzen wollen oder nicht.

Granger fügt hinzu: „Wenn Mitarbeitende engagiert sind und ihren Führungskräften vertrauen, stehen sie dem Einsatz von KI am Arbeitsplatz offener gegenüber – vor allem, wenn sie das Gefühl haben, die Kontrolle darüber zu haben, wie diese Technologien eingesetzt werden. Dies gilt auch, wenn sie überzeugt sind, dass sie ihnen persönlich nützen. Dies unterstreicht einen greifbaren Vorteil des Mitarbeiterengagements und die Bedeutung der Kommunikation individueller Vorteile von KI, wenn Führungskräfte nach Möglichkeiten suchen, intelligente Technologien zur Steigerung von Effizienz und Geschäftsergebnissen einzusetzen.“

Die ITWelt.at sprach mit Dr. Roland Abel, Employee Experience (EX) Strategist EMEA von Qualtrics.

Wie sollten sich einheimische Unternehmen positionieren, um mehr Talente anzuziehen und zu halten?

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie sich Unternehmen als attraktive Arbeitgeber positionieren können. Nicht immer sind die Maßnahmen, die Firmen initial einfallen, jedoch ausschlaggebend, warum sich Bewerberinnen und Bewerber für sie entscheiden. Zwar zeigt sich in Trendstudien ganz allgemein, dass zum Beispiel immer mehr Wert auf flexible Arbeitsmodelle und eigene Möglichkeiten zur Verwirklichung gelegt wird – übrigens von allen Altersklassen – aber das variiert enorm zwischen den Unternehmen, den jeweiligen Job-Familien und anderen Merkmalen. Unternehmen sollten deshalb vor allem aber eines: ihren jeweiligen Beschäftigtengruppen zuhören und die Ergebnisse spezifisch auswerten. Denn so erfahren sie, was sich ihre Talente wirklich vom Arbeitgeber wünschen, und können von ihnen lernen, um diese Dinge für neue Talente bereitzustellen.

Dazu eignen sich natürlich regelmäßige persönliche Gespräche, aber auch Umfragen, etwa regelmäßige Pulse Checks, Befragungen neuer Beschäftigter, entsprechende Auswertungen der etablierten firmenweiten Mitarbeiterbefragungen oder gar Auswertungen intern zugänglicher Chats, von Feedback in sozialen Medien, u.a. Wer dann gezielt an den identifizierten Schwerpunktthemen arbeitet und dies kommuniziert, verbessert nicht nur die Employee Experience (EX), sondern zeigt das eigene Bemühen, was einem hohen Maß an Wertschätzung gleichkommt.

Wie sollten Unternehmen KI nutzen, um den Arbeitsplatz so attraktiv und produktiv wie möglich zu gestalten?

In einfachen Worten: So, dass die KI hilft, die Arbeit einfacher zu gestalten, und gleichzeitig Transparenz über die Verwendung im Sinne der Datenschutzrichtlinien schaffen, um Misstrauen zu minimieren.

Es wird immer wieder deutlich, dass gerade in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern viele Mitarbeitende KI immer noch besonders skeptisch gegenüberstehen. Hier muss Aufklärungsarbeit geleistet werden. Ebenso muss der Nutzen klar werden, beispielsweise um langwierige Aufgaben zu beschleunigen und schnellere Erkenntnisse zu gewinnen, um die eigenen Arbeitsziele zu erreichen. Sicherlich geht es auch um Hilfestellung im Umgang mit KI und die Kommunikation der Möglichkeiten, denn bei nur geringer Nutzung seitens der Belegschaft wird sich der gewünschte Effekt kaum einstellen. Aber auch hier gilt, dass genauer auf die Anwendungsfälle für verschiedene Beschäftigtengruppen geschaut werden muss, denn diese nutzen unterschiedliche KI-basierte Tools und Instrumente. Fragen, Verstehen und Handeln ist hierbei ebenfalls ein sinnvoller Weg. Die intensive und zugleich bedachte Nutzung von KI herauszustellen ist auch eine neue Komponente im Ringen um neue Talente, die bei der Wahl des Arbeitgebers fragen, ob dieser eher von gestern oder auf Höhe der Zeit ist.


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