Das Austrian Institute of Technology entwickelt gemeinsam mit der TU Wien ein innovatives Messverfahren zur Evaluierung beliebter Motorradstrecken. [...]
Seit Jahren sinkt in Österreich die Zahl der Verkehrstoten. Kamen im Jahr 2007 noch 686 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, so verunglückten 2017 auf Österreichs Straßen 413 Menschen tödlich. Auch die Zahl der bei Motorradunfällen Getöteten ging zurück, wenn auch nicht im selben Ausmaß – von 97 (2007) auf 83 (2017). Das erste Halbjahr 2018 zeigt jedoch eine Trendumkehr – so sind bisher deutlich mehr Motorradfahrer ums Leben gekommen als 2017.
Die Wahrscheinlichkeit, mit dem Motorrad zu verunglücken, ist nach wie vor um ein Vielfaches höher als mit einem Pkw. Komplexe Fahrdynamik und Fahrphysik führen insbesondere bei ungeübten Bikern zu Fahrfehlern. Diese wiederum wirken sich naturgemäß schwerer aus, da eine schützende Karosserie bzw. eine Knautschzone fehlt.
MoProVe: ein High-Tech-Bike im Dienste der Zweirad-Sicherheit
Um die Ursachen für Motorradunfälle besser zu verstehen, haben die VerkehrssicherheitsexpertInnen des AIT Austrian Institute of Technology, Center for Mobility Systems, gemeinsam mit Wissenschaftlern der TU Wien, Institut für Mechanik und Mechatronik, im Rahmen eines Forschungsprojekts das MoProVe (Motorcycle Probe Vehicle) entwickelt – eine straßenzugelassene KTM 1290 Super Adventure, umgebaut zu einem Hochleistungsmessfahrzeug mit hochpräziser Sensorik und Videosystemen sowie Seitenboxen voller Technik, die in jeder Sekunde den exakten Zustand des Motorrads erfassen.
Im Rahmen von Testfahrten werden nun bekannte Motorradstrecken abgefahren und Daten zu Fahrdynamik, Fahrlinie und Streckenführung gesammelt. Anschließend werden diese Daten in Zusammenhang mit externen Parametern wie Wetter, Verkehrsstärke und Streckenumfeld gesetzt und mittels Machine-Learning-Methode analysiert. Die Ergebnisse zeigen Straßenabschnitte, die besonders für Motorradfahrer riskant sind.
Sicherheit objektiv messen, Unfälle vermeiden
Peter Saleh, Verkehrssicherheitsexperte am AIT Center for Mobility Systems: „Unser Anspruch ist es, Sicherheit objektiv messbar zu machen. Im Rahmen eines Proof of Concept vergleichen wir unsere Ergebnisse mit den Unfallstatistiken der letzten Jahre und es zeigt sich, dass wir auf einem sehr guten Weg sind, Risiken vorab zu errechnen.“ In anderen Worten – jene Streckenabschnitte, die bei der Befahrung und der anschließenden Analyse als gefährlich eingestuft werden, waren in der Vergangenheit tatsächlich oft Schauplätze schwerer Unfälle. Somit lassen sich im Umkehrschluss Prognosen für künftige Gefahrenstellen errechnen.
Das AIT-/TU Wien-Forschungsteam ist somit in der Lage, zukünftige Unfallentwicklungen vorherzusehen und wissenschaftlich fundierte Aussagen über die Motorradsicherheit zu treffen, schon bevor etwas passiert. Saleh: „Wir verfolgen einen präventiven Ansatz und wollen somit einen entscheidenden Beitrag leisten, insbesondere schwere Motorradunfälle zu verhindern und das Motorradfahren allgemein sicherer machen. Unser Ziel ist es, den Straßenerhaltern punktgenau jene Informationen zu liefern, die sie benötigen, um effizient, kostengünstig und nachhaltig Gefahrenstellen zu entschärfen. Denn jeder Motorradunfall mit tödlichem Ausgang ist einer zu viel!“
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