Weltweit streben Unternehmen und Organisationen danach, ihren Energieverbrauch zu senken und klimaneutral zu arbeiten. Das gilt auch für die Rechenzentrumsbranche. [...]
Besonders die Marktführer forschen ständig an Innovationen und neuen Technologien, um Nachhaltigkeit zu verbessern und neue Möglichkeiten für einen klimaneutralen Betrieb zu schaffen. Tom Kingham, Solutions Engineering Director bei CyrusOne, gibt Einblicke, welche Herausforderungen die Branche für die Umsetzung dieser Ziele bewältigen muss.
Nachhaltigkeit braucht langfristige Herangehensweisen
Die Betreiber europäischer Rechenzentren haben keine andere Wahl, sie müssen ihren derzeitigen Betrieb überdenken: vom Wasserkühlsystem bis zum Energieverbrauch. Die Europäische Union hat entschieden, dass bis 2030 alle Rechenzentren CO2 neutral sein müssen. Sieben Jahre, um eine Branche, die sich ständig weiterentwickelt, zu verändern und neu zu erfinden.
Diese Maßnahmen sind notwendig und natürlich mit Kosten verbunden, aber ist das wirklich ein Problem? Fest steht, dass wir eher das Richtige als das Nötigste tun müssen. Wir sollten uns weniger über die Kosten Gedanken machen, sondern vielmehr sicherstellen, dass wir gut mit der Umwelt und den in den Einrichtungen verbrauchten Ressourcen umgehen. Auf lange Sicht wird es teurer, nicht nachhaltig zu sein, als heute in Nachhaltigkeit zu investieren.
Für eine exakte Einschätzung der Lage: mehr Transparenz bei Metriken
Derzeit besteht die größte Herausforderung nicht so sehr darin, nachhaltigere Ergebnisse zu erzielen, sondern vielmehr darin, zu zeigen, dass dies der Fall ist. Die Branche misst ihren Energieverbrauch mit einer Metrik namens Power Utilisation Effectiveness (PUE), die als Zahl ausgedrückt wird und das Verhältnis zwischen der Gesamtleistung der Einrichtung und der für den Betrieb von Hardware und Systemen verbrauchten Energiemenge darstellt.
Je effizienter ein Rechenzentrum ist, desto niedriger ist sein PUE-Wert, der zwischen 3,0 und 1,2 liegen kann. Liegt der Wert eines Rechenzentrums über 2,0, bedeutet dies, dass es mehr Energie für den Betrieb seiner Kerninfrastruktur verbraucht, als es an seine IKT-Ausrüstung liefert.
Jedoch ist der PUE-Wert nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern nur ein Wert von vielen, der Nachhaltigkeit bemisst. Zum Beispiel wurden Rechenzentren in der Vergangenheit oft mit dem alleinigen Ziel gebaut, wenig Energie zu verbrauchen, hatten jedoch durch ihre Kühlung einen vergleichbar hohen Wasserverbrauch.
Deshalb ist eine weitere wichtige Metrik der Water Usage Effectiveness (WUE). WUE wurde vom Green Grid als die Wassermenge definiert, die vor Ort beim Kühlungsprozess verdunstet. Der Wert sagt jedoch nichts darüber aus, wie viel Wasser man bezieht, wie viel davon zurückgeleitet wird und wie effizient man folglich mit Wasser wirtschaftet.
Mehr Transparenz bei Nachhaltigkeitsmetriken ebenso wie eine Einschätzung zu deren Zusammenspiel und Wechselwirkungen würde der gesamten Branche helfen, noch nachhaltiger zu werden.
Klare Ziele und Selbstverantwortung
Obwohl immer mehr Lösungen und Tools zur Unterstützung der Branchen entwickelt wurden, begann alles mit der Festlegung klarer und greifbarer Ziele. Im globalen Wettbewerb geht es darum, dass sich alle zu denselben Zielen bekennen, wie etwa die CNDCP-Metriken (Climate Neutral Data Center Pact). Das ist ein guter Anfang, und bis zu einem gewissen Grad entfällt dadurch das Totschlagargument der Investitionskosten für Nachhaltigkeit, da alle Akteure denselben Aufwand betreiben müssen.
Aufgrund des wachsenden Interesses der Marktführer in Europa und ihrer Bereitschaft, ihre Kräfte zu bündeln, um bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen, wurde im Januar 2021 der Pakt für klimaneutrale Rechenzentren (CNDCP) gegründet.
Der Pakt umfasst die Bereiche Energieeffizienz, Wasser, saubere Energie, Kreislaufwirtschaft und Wärmerückgewinnung. Die Rechenzentren treten freiwillig bei, um zu den Zielen des europäischen Green Deal beizutragen.
Alle Mitglieder müssen die Einhaltung ihrer Ziele anhand von Daten überprüfen, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember nach dem ersten Jahrestag ihrer Mitgliedschaft erhoben werden. Das Audit-Verfahren stellt sicher, dass die Mitglieder unabhängig nachweisen können, dass sie ihre Verpflichtung erfüllen, Rechenzentren bis 2030 klimaneutral zu betreiben.
Aufklärung und Zusammenarbeit für Nachhaltigkeit
Neben der Entwicklung von Messgrößen und der Festlegung von Zielen ist die Aufklärungsarbeit entscheidend. Auf kommunaler Ebene sollte Zusammenarbeit an erster Stelle stehen, um Alternativen zu finden, von denen alle profitieren. Es geht darum, was das Rechenzentrum für die lokale Umwelt leisten kann, z. B. die Rückgewinnung von Wärme für das Heizen von Wohnhäusern und Schwimmbädern.
Darüber hinaus können sich Rechenzentren auch wertvolle Möglichkeiten für die Menschen in den Gemeinden bieten. Als Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe oder sogar Schulungszentren bilden sie Menschen in technischen Berufen aus oder fort. So entwickeln sich Rechenzentren zu einem wichtigen Teil der Gemeinde vor Ort.
Die Branche wiederum muss die auf dem Weg gewonnenen Erkenntnisse würdigen. Best Practice sollte sein, dass alles, was Betreiber an einem Standort als gutes Beispiel lernen, in einen globalen Aktionsplan einfließt und auf weitere Standorte übertragen werden kann.
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