Nächste Runde im Streit um Festplattenabgabe

Es scheint ein ewiges hin und her zu sein: Die jeweilige Seite – seien es die Verwertungsgesellschaften oder die IKT-Branche – bringt ihre Argumente, Zahlen und Expertenmeinungen vor, das Gegenüber versucht sie zu entkräften. Heute waren die österreichischen Verwertungsgesellschaften an der Reihe, die Attacken der IKT-Branche zu kontern. Sie sprechen sich für Fairness in der Dikussion um die Festplattenabgabe aus und kritisieren die Verwendung von "falschen und massiv irreführenden Zahlen" durch ihre "Gegner". [...]

IRREFÜHRENDE ZAHLEN
Heute waren die österreichischen Verwertungsgesellschaften an der Reihe zu kontern. Sie sprechen sich für Fairness aus und kritisieren die Verwendung von „falschen und massiv irreführenden Zahlen“ durch ihre „Gegner“.  „Wir haben den Elektrohandel und die Geräteindustrie stets eingeladen, sich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen. Diese Einladung ist nach wie vor aufrecht. Es macht mehr Sinn zu verhandeln anstatt mit unfundierten Zahlen zu argumentieren“, betont Gernot Graninger, Geschäftsführer der austro mechana.

Gegenüber Computerwelt.at kritisierten die Vertreter der Verwertungsgesellschaften etwa den von der  „Plattform für ein modernes Urheberrecht“ errechneten Betrag von 200 Euro pro Jahr und Familie. Nicht nur wären wohl nur wenige Familien finanziell in der Lage, sich diese Anzahl an Geräten zuzulegen, zudem wäre auch die Rechnung nicht korrekt und teilweise überzogen. Manche der Geräte, etwa das Navigationsgerät im Auto oder die Spielkonsole, wären zudem von der Regelung überhaupt nicht betroffen. Wobei allerdings unklar ist, wo hier tatsächlich die Grenze gezogen wird: Denn schließlich ist es auch möglich, Filme und Musik auf der Festplatte einer Spielkonsole zu speichern, ebenso wie bei den meisten Navigationsgeräten. Das sei dann Gegenstand von Verhandlungen, so die Vertreter auf die Frage von Computerwelt.at.

Im Auftrag der österreichischen Verwertungsgesellschaften hat die Ökonomin Agnes Streissler-Führer nachgerechnet und die Festplatten- der Haushaltsabgabe gegenübergestellt: „Die von den Verwertungsgesellschaften vorgeschlagenen Tarife würden für die Kunstschaffenden insgesamt rund 39,5 Mio. Euro einbringen. Das Modell einer mit der ORF-Gebühr eingehobenen Haushaltsabgabe würde deutlich weniger Einnahmen lukrieren und träfe fast jeden Haushalt – also auch Personen, die gar keine Festplatten oder Speichermedien besitzen. 3,5 Millionen Haushalte in Österreich haben eine Rundfunkbewilligung, davon sind 300.000 gebührenbefreit. Gemessen an den 3,2 Millionen Haushalten, die ORF-Gebühren bezahlen, würden mit einer Haushaltsabgabe von monatlichen 50 Cent nur rund 19,2 Mio.  Euro an die Verwertungsgesellschaften und damit an die Kunstschaffenden fließen.“

Wollte man über die Haushaltsabgabe eine Summe von rund 40 Mio. Euro für die Künstler erreichen, so würde die GIS-Rechnung im Monat um mehr als einen Euro steigen, was fast fünf Prozent wären. „Staatliche Rundfunkgebühren sind ein sensibles und hochpolitisches Thema. Und ich erachte es volkswirtschaftlich als nicht sinnvoll, das Einkommen von Kunstschaffenden von politischen Diskussionen um die ORF-Gebühren abhängig zu machen“, meint die Ökonomin.

In ihrer Studie setzt sich Streissler-Führer vor allem auch mit den öffentlich von der WKO geäußerten Befürchtungen auseinander, wonach die Festplattenabgabe zu Kaufkraft- und Arbeitsplatzverlusten führen würde: „Das ist in keiner Weise nachvollziehbar. Wie die WKO auf 2.000 gefährdete Arbeitsplätze kommt, wird ein Rätsel bleiben. Erstens würde eine Regelung selbstverständlich alle Händler treffen, unabhängig von ihrem Firmensitz. Damit wären auch Einkäufe über ausländische Internet-Plattformen erfasst. Und die Kausalität zwischen einem geschätzten Umsatzrückgang von 15 Prozent und dem Verlust von bis zu 2.000 Arbeitsplätzen ist weder rechnerisch noch rational nachvollziehbar.“

„Wenn wir von gefährdeten Arbeitsplätzen sprechen, dann wohl von jenen der Künstler, die für ihre kreative Leistung immer schlechter entlohnt werden. Für sie stellt das Urheberrecht und speziell die Festplattenabgabe ein wesentliches Fundament für ihre berufliche Existenz dar. Die Haushaltsabgabe würde nur dem Elektrohandel und der milliardenschweren Geräteindustrie, also Apple, Samsung & Co, nützen. Wo ist da das Schutzbedürfnis?“, betont Franz Medwenitsch, Geschäftsführer der österreichischen Verwertungsgesellschaft LSG.


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