Wie gut sind die Webauftritte der österreichischen Parteien knapp vor der Nationalratswahl? Anwendungs- und Websiteperformance-Spezialist Compuware hat für Computerwelt.at die Performance der Internetseiten von BZÖ, FPÖ, Die Grünen, ÖVP, Piratenpartei, SPÖ und Team Stronach gemessen. Glanzleistungen sind dabei spärlich gesät. [...]
Das Internet ist gerade im Vorfeld von Wahlen ein wichtiger Faktor bei der Informationsbeschaffung der Wähler. Wie bei anderen Webangeboten auch ist auch bei den Webseiten von Parteien nicht nur der Inhalt, sondern auch die Performance wichtig. Die User werden immer ungeduldiger, lange Ladezeiten werden seltener in Kauf genommen. Der Benchmark-Test von Compuware beleuchtet daher die drei Kategorien Ladezeit, generelle Verfügbarkeit und Konsistenz des Angebots, also wie stark die Ladezeiten der einzelnen Websites schwanken. Compuware unterscheidet dabei zwei Arten von Messungen: Den „Backbone-Wert“, der durch Messungen aus einem Rechenzentrum mit starker Datenleitung erzeugt wird, und den „Last-Mile-Wert“, der direkt von verschiedenen Endgeräten gemessen wird und damit eher der Realität des Anwenders entspricht. Während der Backbone-Wert Aufschluss über die potenzielle Performance einer Internetseite sowie deren Verfügbarkeit liefert, lässt sich an den „Last-Mile-Werten“ erkennen, wie stark sich unterschiedliche Konfigurationen und Verbindungsqualitäten auf die Schnelligkeit auswirken.
Geprüft wurden die Webseiten im Zeitraum von 17. bis 24. September, aus den gemessenen Zahlen wurden Durchschnittswerte gebildet. Die Werte von Team Stronach sind jedoch laut André Brust, Senior Sales Engineer bei Compuware, mit Vorsicht zu genießen: „Die Seite ist extrem groß, unsere Messroboter haben in der Standardkonfiguration ein bestimmtes Limit, das bei dieser Seite überschritten wurde. Deswegen hatten wir Abbrüche, die durch das Messverfahren aber nicht die Seite bedingt sind.“ Das beträfe jedoch Brust zufolge nur die Backbone-Messung, nicht die Last-Mile-Messung.
SCHNELL ZUM WÄHLER
Bei den Messungen aus dem Rechenzentrum liegt das BZÖ an erster Stelle mit einer Response Time von 1,901 Sekunden, gefolgt von der ÖVP mit 2,170 Sekunden, der Piratenpartei mit 2,233 Sekunden, der SPÖ mit 2,435 Sekunden, der FPÖ mit 4,594 Sekunden, dem Team Stronach mit 4,988 Sekunden (der Wert ist jedoch wie erwähnt nur bedingt aussagekräftig) und den Grünen mit 6,182 Sekunden. Auf der letzten Meile wird dieses Ranking gehörig durcheinandergewirbelt. Team Stronach steht hier an erster Stelle mit 4,614 Sekunden – was geringer ist als der Wert der Backbone-Messung und somit eigentlich nicht gewertet werden kann. André Brust zufolge ist auf der Stronach-Webseite ein Flash-Video zu finden, das bei der Last-Mile-Messung rausgenommen wurde – dadurch ergibt sich die kürzere Ladezeiten. Dann folgen die Piratenpartei mit 5,843 Sekunden, die ÖVP mit 6,4 Sekunden, die SPÖ mit 7,031 Sekunden, das BZÖ mit 8,223 Sekunden, die FPÖ mit 12,245 Sekunden sowie als Schlusslicht neuerlich die Grünen, diesmal mit 12,465 Sekunden.
„Die Grünen fallen mit relativ langen Antwortzeiten auf. Im Durchschnitt sind die Anwender mit Werten im Bereich zwischen fünf und acht Sekunden zufrieden. Alles darüber empfinden sie als langsam“, so André Brust im Gespräch mit Computerwelt.at.
Bei der Verfügbarkeit ihrer Webseiten (Backbone-Wert) geben sich fast alle Parteien keine Blöße, jeweils mit Werten deutlich über 99 Prozent, Grüne und ÖVP erreichen sogar 100 Prozent. Nur die FPÖ reißt mit 91,04 Prozent nach unten aus, Team Stronach fällt hier wegen der Probleme mit der Webseiten-Größe komplett aus der Wertung. Auch die Schwankungsbreite der Ladezeiten bei Messung über den Backbone sieht ganz gut aus. BZÖ und Piratenpartei liegen hierbei unter einer Sekunde, ÖVP und Grüne immerhin unter 2 Sekunden, die SPÖ bei rund 2,5 Sekunden. Auch hier bildet die FPÖ mit rund 5,3 Sekunden das Schlusslicht.
Auf der Last Mile sehen die Messungen gleich ganz anders aus. Hier erreicht keine der Parteien mehr eine hundertprozentige Verfügbarkeit. ÖVP und die Piratenpartei liegen immerhin noch bei über 98 Prozent, SPÖ, BZÖ und Team Stronach über 97 Prozent, die Grünen knapp darunter und die FPÖ bei rund 95,5 Prozent. Die Schwankungsbreite der Ladezeiten unterscheidet sich bei den Messungen von privaten Rechnern aus deutlich von den „Optimal-Werten“ aus dem Rechenzentrum. Nur die Piratenpartei liegt noch knapp unter 5 Sekunden, gefolgt von Team Stronach mit etwas mehr als 5 Sekunden. Bei ÖVP und SPÖ beträgt der Wert zumindest noch weniger als 7 Sekunden, Grüne und BZÖ liegen zwischen 7 und 8 Sekunden und die FPÖ bei rund 9,5 Sekunden.
QUELLEN BEEINFLUSSEN LADEZEIT
Die Ursachen für geringere Verfügbarkeit und hohe Schwankungen bei den Ladezeiten sieht André Brust beispielsweise in der Überlastung der internen Server, die dann Anfragen nicht mehr entgegen nehmen können. „Ein anderes Beispiel ist, wenn Facebook mit der Zulieferung des Facebook-Buttons Probleme hat. Das ist ein wichtiger Aspekt: Die Inhalte der Seiten kommen von sehr unterschiedlichen, teilweise externen Quellen. Wenn man eine Seite designt muss man berücksichtigen, dass die Verfügbarkeit externer Quellen auch die Antwortzeiten beeinflusst. FPÖ und Grüne haben etwa viele verschiedene Hosts. Wenn eine dieser Quellen nicht zur Verfügung steht gibt es ein Performance-Problem, auf das man selber keinen Einfluss nehmen kann. Man muss das Risiko abwägen: Aus welchen Quellen kommen meine Inhalte und welche Auswirkungen hat das auf meine Seite, wenn eine Quelle ausfällt“, erklärt Brust weiter. Die auf der Webseite der Grünen gemessenen Werte legen seiner Meinung nach etwa nahe, dass die vorhandenen Serverkapazitäten bereits sehr stark ausgelastet sind.
Aber wie ausschlaggebend kann die Performance einer Parteien-Webseite für die Entscheidung des Wählers überhaupt sein? „Wir haben in Deutschland erlebt, dass Wahlentscheidungen von vielen Wählern erst relativ kurzfristig getroffen werden. Der Besuch einer Internetseite kann dafür entscheidend werden. Fatal ist, wenn ein Wähler auf eine Seite kommt und nur eine Fehlermeldung erhält. Der ist dann weg“, so Brust.
Rückschlüsse auf das Ergebnis der kommenden Nationalratswahl lassen sich aus diesen Messungen natürlich keine ziehen. In Deutschland, wo Compuware diese Untersuchungen ebenfalls durchführt, gab es aber zumindest kleine Übereinstimmungen: So haben dort beim Performance-Check die auch bei der Bundestagswahl erfolgreichen CDU/CSU das beste Ergebnis erzielt. Die eigentlich sehr online-affinen Piraten lagen jedoch eher im Mittelfeld und waren teilweise unterdurchschnittlich bei Performance und Verfügbarkeit. Und auch die FDP machte keine sonderlich gute Figur.
André Brust sind auch kleine Unterschiede zwischen den Parteien-Webseiten in Österreich und Deutschland aufgefallen: „Viele Auftritte in Österreich enthielten YouTube-Videos, das sieht man in Deutschland nicht so oft. Das hat sich auf die Ladezeit deutlich ausgewirkt. Bei den Grünen beispielsweise wird gleich auf der Startseite automatisch ein Video geladen, was recht lange dauert. Auch auf deutschen Seiten werden zum Teil Videos eingebaut, aber die werden nicht gleich geladen – sondern erst nach einem Klick. Die deutschen Seiten hatten eher das Problem, dass Bildmaterial mit einer zu hohen Auflösung verwendet wurde.“ Die Parteien könnten also – zumindest was ihre Internetauftritte betrifft – durchaus von einander lernen. Mal sehen, ob sie bis zu den nächsten Wahlen ihre Hausaufgaben machen.(rnf)
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