Network as a Service: Wie Carhartt WIP seine Filialen vernetzt

Der Betrieb eines Netzwerks zählt nicht unbedingt zum Kerngeschäft der Mode- und Lifestyle-Marke Carhartt WIP. Deshalb entschloss sich das Unternehmen dazu, seine Stores in Europa über eine Network-as-a-Service-Lösung zu vernetzen. [...]

Die 64 europäischen Carhartt WIP Stores (im Bild eine der Filialen in London) sind dank einer Network-as-a-Service-Lösung mit der Zentrale in Weil am Rhein vernetzt (c) pixabay.com

Street Fashion und den zugehörigen Lifestyle bietet die Textilmarke Carhartt Work in Progress (WIP) in ihren insgesamt 64 Stores europaweit an – in Großstädten wie London oder Frankfurt ebenso wie auf den Party-Inseln Mallorca und Ibiza. Als Lizenznehmer des 1889 gegründeten US-amerikanischen Workwear-Herstellers Carhartt bedient das Unternehmen seit 1994 mit seinen Street-Fashion-Kollektionen den Geschmack seiner zumeist jungen Kundinnen und Kunden – und prägte seither auch das Erscheinungsbild zahlreicher Subkulturen, von der Hip-Hop-, über die Punk- und Graffiti- bis hin zur Skater-Szene.

Ausfallgeplagte Carhartt-Filialen

Orientiert an der jugendlichen Klientel ist in den Stores die bargeldlose Zahlung daher ebenso etabliert wie WLAN-Nutzung und der Einsatz von Tablets. Zudem sind alle Geschäfte mit dem Hauptsitz in Weil am Rhein vernetzt, wo alle Daten zusammenlaufen. Ein Ausfall der Internetverbindung oder der angeschlossenen Geräte stört den Geschäftsablauf daher empfindlich und könnte den Verkauf möglicherweise komplett lahmlegen.

Für den Betrieb des Netzwerks hatte Carhartt WIP bis vor Kurzem einen kleineren, lokalen Provider unter Vertrag, der ausschließlich in Deutschland angesiedelt war. Dessen Übernahme durch ein größeres Unternehmen zog jedoch verschiedene Probleme nach sich. So kam es immer häufiger zu Ausfällen der Internetverbindung in einzelnen Stores.

Im Zuge solcher Ausfälle war beispielsweise die bargeldlose Zahlung ebenso unmöglich wie die Übertragung der Kassenabschlüsse an das Backend-System in der Unternehmenszentrale. Da Teile des Service zur Behebung von Ausfällen an Subunternehmer delegiert waren, mussten bei einem Ausfall bis zu drei Firmen kontaktiert werden. Das verlängerte die Reaktionszeit.

Angesichts dieser Situation suchte der Modehersteller per Ausschreibung nach einem neuen IT-Dienstleister, der eine stabile und verschlüsselte Infrastruktur herstellen konnte. Dabei sollte der neue Dienstleister nicht nur das Migrationsprojekt durchführen, sondern anschließend auch den Service übernehmen. Ferner sollte er in der Lage sein, mit lokalen Ansprechpartnern in ganz Europa einen 24-Stunden-Service und schnellere Reaktionszeiten zu garantieren.

Warum Carhartt WIP auf Axians setzt

Nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens entschied sich Carhartt WIP schließlich für Axians Network & Solutions. Der Dienstleister überzeugte die Modemarke in Bezug auf Service und Preisgestaltung. Zudem ist er mit Niederlassungen in allen für den Modehersteller relevanten Ländern vertreten. Im Zuge des Migrationsprojektes sollte sowohl die Internetanbindung als auch die Netzwerkinfrastruktur der 64 Stores als cloudbasierte Netzwerklösung neu aufgesetzt werden. Des Weiteren galt es für die Betreuung ein Managed-Service-Modell zu realisieren.

Den Austausch der Hardware – also Switches, Router und Accesspoints – übernahm Axians mit eigenen Teams direkt vor Ort. Je nach Größe der Shops wurde neue Cisco-Hardware in verschiedenen Dimensionen eingebaut – auch für besondere Anforderungen. „In speziellen Fällen, etwa wenn ein Geschäft im Souterrain liegt, gewährleistet ein Repeater die Kommunikation“, erzählt Christian Würger, CIO bei Carhartt WIP.

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Die größte Herausforderung für das Projektteam war die Planung: So sollten die Stores sukzessive nach vier Kategorien geordnet umgestellt werden, wobei die am häufigsten von Störungen betroffenen Stores zuerst an die Reihe kommen mussten. Gleichzeitig durfte durch die Umstellung auf die neue Netzwerklösung der Verkauf nicht unterbrochen werden, so dass auch die unterschiedlichen Öffnungszeiten ein wichtiger Faktor bei der Planung waren. Insgesamt war für die Umstellung ein Zeitraum von zwölf Monaten und für jedes Geschäft rund ein Tag vorgesehen.

„Alle diese Parameter machten die Planung sehr komplex“, blickt Würger zurück. „Trotz Widrigkeiten wie den veränderten Erreichbarkeiten der Carrier aufgrund der Pandemie, konnte der Rollout der Hardware innerhalb der vorgesehenen Zeit umgesetzt werden. Bereits nach drei, vier Stores war die Umsetzung Routine.“

Mit Network as a Service in die Zukunft

Umfangreiches Projektmanagement und andere Vorarbeiten während der Migration zahlten sich aus. Dank der nun stabilen Netzinfrastruktur wurden Verbindungsprobleme und Ausfallzeiten signifikant reduziert – und zwar um 80 Prozent über alle Standorte hinweg. Allerdings reduzierten sich nicht nur Ausfallzeiten, gleichzeitig war der Streetwear-Hersteller auch alle Sorgen um die Performance seiner Verbindungen los.

Der Servicevertrag mit dem Dienstleister sieht vor, dass dieser auch das Monitoring der Netzwerkkomponenten im Sinne einer Network-as-a-Service-Lösung übernimmt. Für das Monitoring kommt eine cloudbasierte Lösung zum Einsatz. Wenn ein Standort kurzfristig offline ist, wird dies sofort visualisiert. So lassen sich kleinere Störungen ohne Verzug remote beheben. Bei größeren Störungen stellt Axians weitere Analysen an und behebt das Problem, meist ohne dass der betroffene Store dies überhaupt mitbekommen hat. Fällt eine Hardwarekomponente dauerhaft aus, tauschen Experten von Axians diese am nächsten Arbeitstag vor Ort aus. Auf diese Weise sei die Handlungsfähigkeit der Stores jederzeit gewährleistet.

Nachdem die Läden von Carhartt WIP jetzt wieder mit zuverlässigen Internetverbindungen ausgestattet sind, arbeitet das Unternehmen an den nächsten Projekten. „Wir wollen nach den Netzwerkkomponenten nun auch die Geräte und Kabel in den Stores standardisieren, um den Technikern zu ermöglichen, auch hier Störungen zügig zu beseitigen,“ sagt Isa Federer, Projektmanagerin bei Carhartt WIP. „Das zweite Projekt ist der gesetzlich geforderte Austausch veralteter Kassensysteme.“

Darüber hinaus sind auch andere Funktionen im neuen Netzwerk denkbar: So könnten etwa Kameras oder Sensoren für eine Überwachung der Eingänge oder von auffälligen Temperaturschwankungen eingesetzt werden. Ebenso ließe sich die WLAN-Infrastruktur weiter ausbauen. Themen, die allerdings nicht im Vordergrund der Planungen stehen, solange die Läden wegen der Pandemie nur gering ausgelastet sind.

Unter dem Strich brachte das Migrationsprojekt nicht nur dem Unternehmen selbst Vorteile, sondern auch den Kunden. Diese können nun zuverlässig bargeldlos bezahlen und die interne WLAN-Anbindung problemlos nutzen. Carhartt WIP selbst hat nun einen zuverlässigen Service und die nötige Verlässlichkeit, die es braucht, um seine Stores ohne Störungen zu betreiben.


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