Netzhautprojektion und XR-Brillen – so könnten Bildschirme 2030 aussehen

Allein 2020 werden weltweit 3,2 Milliarden neue Bildschirme produziert. Deloitte-Experten haben daher vier Extremszenarien entwickelt, wie unser digitaler Bildschirmalltag im Jahr 2030 aussehen könnte. [...]

Deloitte hat vier extreme, aber plausible Zukunftsszenarien für die „Future of Screens“ im Jahr 2030 entwickelten. Diese unterscheiden sich vor allem anhand von zwei Faktoren: der Anzahl an Bildschirmen, die ein Konsument im Alltag nutzt, und ob Unterhaltung und Medienkonsum oder Funktionalität die stärkeren Treiber für die Nutzung sind. (c) Gandini - stock.adobe.com

Der ein oder andere kann sich vielleicht noch an Zeiten erinnern, in denen die abendliche Nachrichtensendung die einzige Bildschirmzeit des Tages war. Heute begleiten uns Bildschirme durch den ganzen Tag. Das Smartphone ist immer dabei, im Büro wartet der Computer, in der S-Bahn zeigt ein kleiner Screen die Haltestellen an und am Abend flimmert die Lieblingssendung über den TV-Bildschirm.

Deloitte-Experten haben das zum Anlass genommen, sich damit zu beschäftigen, welche Rolle Bildschirme in unserem Leben im Jahr 2030 spielen werden. Schon heute liegt die Anzahl der Bildschirme weltweit im zweistelligen Milliardenbereich. Im laufenden Jahr werden für den Weltmarkt insgesamt weitere 3,2 Milliarden zusätzlich produziert.

„Bildschirme sind eine Schlüsseltechnologie für Medienunternehmen, Gerätehersteller, digitale Plattformen, App-Entwickler, die Werbeindustrie und natürlich für die Konsumenten“, erklärt Klaus Böhm, Leiter Media und Entertainment bei Deloitte. „In allen Größen begleiten sie uns durch unseren Alltag, vom kleinen Smartphone-Bildschirm bis zur meterhohen Anzeigetafel. Bildschirme sind Treiber für innovative Inhalte: Vor ein paar Jahren noch undenkbar, schauen wir mittlerweile viel kurzen Videocontent im Hochkantformat, denn das ist perfekt für den Konsum unterwegs am Smartphone. Aber auch im technischen Bereich gibt es spannende Entwicklungen: von Virtual und Augmented Reality über faltbare Displays bis zur virtuellen Netzhautprojektion.“

Um herauszufinden, wie unser Bildschirmalltag in zehn Jahren aussieht und was das für die einzelnen Stakeholder bedeutet, hat das Deloitte Center for the Long View mit Szenariodesign gearbeitet. „Diese Methode macht es möglich, über den in der Strategieanalyse üblichen Planungshorizont von drei bis fünf Jahren hinauszugehen“, erklärt Florian Klein, Leiter des Bereichs Scenario Planning beim Deloitte Center for the Long View. „Es geht dabei nicht darum, die Zukunft bis ins letzte Detail vorherzusagen, sondern die Risiken und Chancen bestimmter Strategien zu analysieren.“

Auf dieser Basis sind vier extreme, aber plausible Zukunftsszenarien für die „Future of Screens“ im Jahr 2030 entstanden. Diese unterscheiden sich vor allem anhand von zwei Faktoren: der Anzahl an Bildschirmen, die ein Konsument im Alltag nutzt, und ob Unterhaltung und Medienkonsum oder Funktionalität die stärkeren Treiber für die Nutzung sind.

Szenario 1: Army of Interfaces

In diesem Szenario sind Bildschirme omnipräsent, auch im öffentlichen Raum. Das „Internet of Things“ (IoT) durchzieht den Alltag und so steht bei der Nutzung von Bildschirmen Funktionalität im Mittelpunkt. Daten können umfassend genutzt werden. Eine zentrale Rolle spielen dabei die digitalen Plattformanbieter. Sie sammeln und verarbeiten große Datenmengen und über sie läuft die zentrale Verknüpfung der Screens. Für die vielen verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten nutzen die Verbraucher auch eine Vielzahl von Bildschirmen. Mit großen Hardware-Innovationen wartet dieses Szenario allerdings nicht auf. Auf Verbraucherseite gibt es für Technologien wie Virtual Reality oder gar Netzhautprojektion nur wenig Akzeptanz.

Szenario 2: My Personal Assistant

Ein Screen für alles – so lässt sich das zweite Szenario zusammenfassen. Jeder Verbraucher hat ein eigenes High-End-Gerät, das weitere Bildschirme sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich überflüssig macht. Auch hier zählt vor allem die Funktionalität. Neben besonders leistungsfähigen Smartphones schlägt hier die Stunde der Augmented-Reality-Brillen. Die großen Gewinner sind die Gerätehersteller. Neben der Hardware stellen sie die Betriebssysteme zur Verfügung, was bedeutet, dass bei ihnen auch die Verbraucherdaten liegen. App-Entwickler oder digitale Plattformen kommen nur über die Hersteller an die Verbraucher ran.

Szenario 3: Escape from Reality

Bildschirme sind „Privatsache“ in diesem Szenario und dienen primär der Unterhaltung. Eine strikte Datenregulierung verhindert sowohl die Omnipräsenz von Screens im öffentlichen Leben als auch funktionale Anwendungsmöglichkeiten. Verbraucher setzen deshalb auf wenige, aber qualitativ hochwertige Bildschirme im privaten Bereich, wie Augmented-Reality-Brillen oder große, hochauflösende TV-Geräte. Auch bei den Inhalten ist Qualität Trumpf.

Szenario 4: Source of Distraction

Dieses Szenario ist für alle Beteiligten, aber wohl besonders für die Verbraucher vermutlich die anstrengendste Variante. Bildschirme sind omnipräsent. Aufgrund strenger Datenschutzbestimmungen gibt es aber wenig Möglichkeiten für funktionale Anwendungen. Stattdessen werden die Verbraucher überall mit nicht personalisierten und daher für sie oft irrelevanten Inhalten bombardiert. Auch bei der Hardware geht es eher um Quantität als um Qualität. Große, digitale Anzeigetafeln sind vielleicht die exemplarischste Bildschirmform dieses Szenarios.

Diese Faktoren sind entscheidend für die „Future of Screens“

In Richtung welches Szenarios wir uns bewegen, hängt vor allem von drei Faktoren ab, erklärt Klaus Böhm: „Welche Technologien akzeptieren die Verbraucher? Gerade neue Formen wie Netzhautprojektion oder Augmented-Reality-Brillen bedürfen einer Gewöhnung. Technologie darf nicht nur Mittel zum Zweck sein. Damit sie von Verbrauchern angenommen wird, müssen entweder die Funktionalität oder attraktiver Mediencontent überzeugen.“

Ebenfalls entscheidend sei das Thema Datenschutz. Hierbei brauche es das Vertrauen der Verbraucher und das bedeute, dass vor allem die digitalen Plattformanbieter ethische Grenzen akzeptieren müssen. „Wichtig ist zudem die Bildung von Ökosystemen, denn Bildschirme vereinen für den Verbraucher als zentrales User-Interface Anwendungen aus dem funktionalen und aus dem Medienbereich. In einem offenen Ökosystem können Medienunternehmen, Gerätehersteller, digitale Plattformen, App-Entwickler und Werber ihre individuellen Stärken sinnvoll einbringen – und davon profitieren am Ende alle“, bilanziert Klaus Böhm.


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