Neue Anwendungen der Quantenkommunikation für Europa

In den vergangenen dreieinhalb Jahren wurden im Rahmen des multidisziplinären EU-Projekts UNIQORN neue Geräte und Anwendungen der Quantenkommunikation für den Massenmarkt entwickelt. Ende des Monats läuft nun das Projekt aus. [...]

In einem innerstädtischen Glasfasernetz in Bristol (UK) wurden verschiedene QKD-Links aufgebaut, um die künftige Verschlüsselung von 5G-Stationen zu testen. (c) Unsplash
In einem innerstädtischen Glasfasernetz in Bristol (UK) wurden verschiedene QKD-Links aufgebaut, um die künftige Verschlüsselung von 5G-Stationen zu testen. (c) Unsplash

Das Forschungskonsortium konnte darin zeigen, dass quantenoptische Setups auf eine Größe von nur wenigen Zentimetern miniaturisiert werden können. Dadurch eröffnen sich neue Anwendungsszenarien, die zur Lösung zentraler europäischer Herausforderungen wie Datensouveränität und nachhaltige Technologienutzung beitragen können. Die Entwicklungsarbeiten erfolgten im Rahmen der Ramp-up-Phase der europäischen Initiative „Quantum Technologies Flagship“.

Quantenkommunikation ist ein wichtiger Eckpfeiler der zweiten Quantenrevolution und eröffnet ein enormes Potential für informationstheoretische Datensicherheit. Um dieses Versprechen einlösen zu können, müssen jedoch leistungsfähige, kompakte und kosteneffiziente Module für die praktische Umsetzung zur Verfügung stehen. Das europäische Horizon 2020 Projekt “UNIQORN – Affordable
Quantum Communication for Everyone: Revolutionizing the Quantum Ecosystem from Fabrication to Application” wurde 2018 von der Europäischen Kommission für die Ramp-up-Phase der europäischen Initiative „Quantum Technologies Flagship“ ausgewählt. Ziel von UNIQORN war die Verbindung innovativer nutzerorientierter Pionierforschung im Bereich der Quantentechnologie mit der zeitnahen
Verwertung von Prototyp-Komponenten und System-on-Chip-Lösungen in einem Wachstumsmarkt mit enormem Potential. Mit dem Abschluss des Projekts endet gleichzeitig auch die Ramp-up-Phase des „Quantum Technologies Flagship“.

Im Projekt konnte die Miniaturisierung von optischen Setups erfolgreich demonstriert werden. Ein voll funktionsfähiger Transmitter zur Quantenschlüsselverteilung (QKD) wurde zusammen mit Lasern, Modulatoren und optischen Abschwächern auf einem nur 2×4 mm großen photonischen Chip realisiert. Da diese Technologie eine absolut sichere Datenverschlüsselung garantiert, können in Zukunft
kleine und kostengünstige QKD-Komponenten in nahezu alle optischen Kommunikationsgeräte integriert werden.

Quantenkommunikation künftig industriell einsetzbar

Neben der Chip-Integration erforschten die Expertinnen und Experten im Rahmen von UNIQORN auch neue Anwendungen sowie die Netzwerkfähigkeit der Quantenschlüsselverteilung. In einem innerstädtischen Glasfasernetz in Bristol (UK) wurden verschiedene QKD-Links aufgebaut, um die künftige Verschlüsselung von 5G-Stationen zu testen. Dieses Netzwerk verfügte über einen neuartigen Controller, der die Leistung der QKD-Links überwachte und die Verbindungen zwischen den Stationen aktiv umschalten konnte, um so unterbrochene Links zu umgehen bzw. zu kompensieren und damit die Resilienz des gesamten QKD-Netzwerks zu erhöhen. Das Projekt konnte darüber hinaus unter Beweis stellen, dass QKD-Dienste über flexible Glasfasernetze für Haushalte auch der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden könnten.

Die im Rahmen von UNIQORN erzielten Meilensteine sind ein wichtiger Schritt, um die Vision eines Quanteninternets für Europa zu verwirklichen. Verschränkte Photonenquellen, die zur Verbindung von weit voneinander entfernten Quantencomputern und Quantenrepeatern von zentraler Bedeutung sind, wurden auf kleinen Polymer-Plattformen realisiert und für die Massenproduktion ausgelegt. Da das
Quanteninternet neben QKD auch andere neue Anwendungen ermöglichen soll, wurden darüber hinaus quantengesicherte Methoden für Einmal-Tokens entwickelt, die bei Finanztransaktionen ebenso zum Einsatz kommen können wie im Onlinehandel.

Hannes Hübel, Koordinator des Projekts UNIQORN und Leiter der Forschungsgruppe Quantum Technologies am AIT Austrian Institute of Technology ist stolz auf die im Projekt erzielten Ergebnisse. “Dank der Fortschritte im Bereich der photonischen Integration können Systeme zur absolut sicheren Quantenkommunikation einfach in bestehende Kommunikationsgeräte wie etwa Modems integriert werden und bringen damit die Quantentechnologie in jedes Wohnzimmer“, so der Experte. “Das Projekt UNIQORN endet zwar jetzt, wird aber trotzdem weiterleben – denn die meisten Partner werden ihre Forschungen in der nächsten Phase des ‚Quantum Technologies Flagship‘ weiterführen und auch an der Schaffung eines europäischen Quantennetzwerks im Rahmen der EuroQCI Initiative mitwirken.”

Abhörsichere Kommunikation für österreichische Behörden

Die ersten Schritte in Richtung eines einsatztauglichen Quantennetzwerkes werden bereits jetzt in Wien unternommen. Im Rahmen des Projektes „QKD4GOV“, das im KIRAS Sicherheitsforschungsförderprogramm des BMLRT und der FFG finanziert wird, werden Ministerien und Behörden in Wien mit QKD-Links verbunden und die Technologie unter alltagstauglichen Bedingungen getestet. Die ersten strategischen Standorte verschiedener Behörden sind bereits an das QKD-Netz angebunden. Der Vollausbau zusammen mit den ersten Demonstrationen von QKD gesicherter Kommunikation zwischen Sicherheitsbehörden ist für den Herbst geplant.


Mehr Artikel

News

Bad Bots werden immer menschenähnlicher

Bei Bad Bots handelt es sich um automatisierte Softwareprogramme, die für die Durchführung von Online-Aktivitäten im großen Maßstab entwickelt werden. Bad Bots sind für entsprechend schädliche Online-Aktivitäten konzipiert und können gegen viele verschiedene Ziele eingesetzt werden, darunter Websites, Server, APIs und andere Endpunkte. […]

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*