Mit seinem neuen 3D-Druck-System Multi Jet Fusion will HP die nächste industrielle Revolution einläuten. Grob auf den Punkt gebracht lautet das Motto: Massenfertigung von individualisierten Einzelstücken. [...]
HP steht mit seiner Technologie trotz jahrelanger Forschung noch am Anfang, wenn auch jetzt die ersten marktreifen Produkte präsentiert wurden. Doch trotzdem verspricht der Hersteller
Anwendern seiner Geräte eine im Vergleich zu anderen Systemen auf dem Markt zehnmal höhere Geschwindigkeit bei halbierten Kosten und höherer Qualität.
OFFENE PLATTFORM FÜR NEUE BUSINESS-MODELLE
Die nackte Technologie ist nur eine Seite der Medaille – und außerdem die langweiligere. Denn HP bezweckt mit seinen 3D-Druck-Systemen eigentlich, eine offene Plattform zu schaffen, die neue Möglichkeiten und Businessmodelle ermöglichen soll. Die sind derzeit allerdings ebenso interessant wie noch größtenteils theoretisch. Ein Baustein dieser Vision ist die Partnerschaft mit Unternehmen wie BASF, die neue Materialien entwickeln, um das System vielseitiger zu machen, sowie die unternehmenseigene Forschung, um verschiedene Farb- und Material-Kombinationen, das Einbetten elektronischer Komponenten oder die Veränderung der Materialeigenschaften (etwa die thermische oder elektrische Leitfähigkeit) zu ermöglichen. So ließen sich zum Beispiel Kettenglieder herstellen, die jedes für sich mit der Außenwelt kommunizieren und einen drohenden Materialverschleiß rechtzeitig melden, bevor es zu einem Unfall kommt.
Daneben hat sich HP mit Softwarepartnern zusammengetan, um den Weg vom Design zum Druck einfacher und intuitiver zu gestalten. Zu diesen Partnern zählen unter anderem Autodesk, Materialise und Siemens. Durch die Zusammenarbeit mit Anbietern von Fertigungssoftwarelösungen will HP für eine weitreichendere Integration des 3D-Drucks in die Fertigungsprozesse sorgen. HP ist außerdem ein Gründungsmitglied des Industriekonsortiums, das das 3D-Druckformat 3MF entwickelt hat. Die HP Jet Fusion 3D-Druckerlösung ist der erste 3D-Drucker, der alle Vorgaben dieses Standards erfüllt.
Richtig spannend wird es aber, wenn HP von den neuen Businessmodellen spricht, die in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein könnten. Denn mit einem über den ganzen Globus verteilten Netz von Unternehmen, die das Ausdrucken der Waren übernehmen, könnte beispielsweise ein Startup seine Waren ganz ohne klassischen Versand oder Lagerhaltung auch am anderen Ende der Welt anbieten, sogar mit Lieferung am Tag nach der Bestellung. Nach Eingang der Order schickt es dazu einfach einen Auftrag an einen Druckpartner in der Nähe des Kunden, der es dann verschickt. Anbieter könnten ihre Waren quasi zu ihren Kunden „beamen“, ganz ohne Schiff, Flugzeug, Zug oder LKW. Wen wundert es da, dass auch der 3D-Printing-Dienstleister Shapeways zu den Partnern von HP zählt.
Das ist jedoch alles noch Zukunftsmusik. Was heute wirklich existiert, sind die Geräte und die Software. Was Drucker betrifft rollen bei HP zwei Maschinen mit leicht unterschiedlichen Konfigurationen und Preisen vom Band: Der Drucker HP Jet Fusion 3D 3200 eignet sich den Angaben zufolge für die Prototyp-Entwicklung. Er biete eine verbesserte Produktivität und die Möglichkeit, bei gleichzeitiger Senkung der Stückkosten die Nutzung zu steigern, so HP. Der Drucker HP Jet Fusion 3D 4200 wiederum wurde für die Prototyp-Entwicklung und für Fertigungsläufe mit kurzer Durchlaufzeit konzipiert. Er soll sich durch eine hohe Produktivität auszeichnen, um tagesaktuelle Anfragen zu niedrigen Stückkosten zu bewältigen.
Das aufeinander abgestimmte Werkzeugset beinhaltet Software, HP Jet Fusion 3D-Processing Station mit Schnellkühlung, die den richtigen Baustoff für die jeweilige Druckaufgabe mischt, die Build
Station und das „Verbrauchsmaterial“, also Pulver und Agents. So ganz billig ist der 3D-Spaß freilich nicht: Der Drucker HP Jet Fusion 3D 3200 ist ab 120.000 Euro erhältlich, die komplette End-to-End-Lösung schlägt mit Preisen ab 145.000 Euro zu Buche.
Verkaufen will HP seine 3D-Drucker-Systeme über den Channel und ausgesuchte Reseller, die Erfahrung auf dem 3D-Gebiet haben und einen Großteil der „Evangelisierung“ übernehmen sollen. Zu den ersten 11 Ländern, in denen die Geräte im Laufe des Jahres angeboten werden, zählt unter anderem auch Österreich. Daneben können auch Unternehmen in Belgien, Irland, Italien, Frankreich, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Spanien und der Schweiz als Erste Teil der nächsten industriellen Revolution werden. Ab 2017 sollen die Geräte dann in ganz EMEA zu haben sein. (rnf)
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