Lange Zeit hat man in der Elektronik etwas Wichtiges vernachlässigt: Wenn man elektronische Bauteile immer kleiner machen will, braucht man dafür auch die passenden Isolator-Materialien. [...]
Immer kleiner und immer kompakter – das ist die Richtung, in die sich Computerchips getrieben von der Industrie entwickeln. Daher gelten sogenannte 2D-Materialien als große Hoffnungsträger: Sie sind so dünn wie ein Material überhaupt nur sein kann, im Extremfall bestehen sie nur aus einer einzigen Schicht von Atomen. Das ermöglicht die Herstellung neuartiger elektronischer Bauteile, mit winzigen Abmessungen, hoher Geschwindigkeit und optimaler Effizienz.
Allerdings zeigt sich dabei ein Problem: Elektronische Bauteile bestehen nämlich immer aus mehr als einem Material. 2D-Materialien sind nur dann sinnvoll einsetzbar, wenn man sie mit passenden Materialsystemen kombinieren kann – etwa mit speziellen isolierenden Kristallen. Wenn man das nicht bedenkt, dann wird der Vorteil zunichtegemacht, den 2D-Materialien eigentlich bieten sollen. Diese Erkenntnisse präsentiert ein Team der Fakultät für Elektrotechnik der TU Wien nun im Fachjournal „Nature Communications“.
Endstation auf atomarer Skala
„Die Halbleiterindustrie verwendet heute Silizium und Siliziumoxid“, sagt Professor Tibor Grasser vom Institut für Mikroelektronik der TU Wien. „Das sind Materialien mit sehr guten elektronischen Eigenschaften. Lange Zeit hat man beim Miniaturisieren elektronischer Bauteile einfach immer dünnere Schichten dieser Materialien verwendet. Das ging lange Zeit gut – aber irgendwann stößt man an eine natürliche Grenze.“
Wenn die Silizium-Schicht nur noch wenige Nanometer dünn ist, also nur noch aus wenigen atomaren Lagen besteht, dann verschlechtern sich die elektronischen Eigenschaften des Materials sehr deutlich. „Die Oberfläche eines Materials verhält sich anders als das Innere des Materials – und wenn das gesamte Objekt praktisch nur noch aus Oberflächen besteht und kein Inneres mehr hat, kann es völlig andere Materialeigenschaften haben als man das von dickeren Schichten kennt.“
Daher muss man auf andere Materialien ausweichen, wenn man ultradünne elektronische Bauteile herstellen möchte. Und hier kommen die sogenannten 2D-Materialien ins Spiel: Sie verbinden ausgezeichnete elektronische Eigenschaften mit minimalen Dicken.
Dünne Schichten brauchen dünne Isolatoren
„Wie sich zeigt, sind diese 2D-Materialien aber nur die erste Hälfte der Geschichte“, sagt Tibor Grasser. „Die Materialien müssen auf dem passenden Untergrund angebracht werden, und auch darüber braucht man eine Isolatorschicht – und wenn dieser Isolator nicht ebenfalls extrem dünn und von extrem guter Qualität ist, dann hat man durch die 2D-Materialien nichts gewonnen. Das ist als würde man einen Ferrari auf schlammigem Untergrund fahren und sich wundern, warum man keinen Geschwindigkeitsrekord aufstellt.“
Ein Team an der TU Wien rund um Tibor Grasser und Yury Illarionov hat deshalb analysiert, wie man dieses Problem am besten löst. „Siliziumdioxid, das normalerweise in der Industrie als Isolator eingesetzt wird, eignet sich in diesem Fall nicht“, sagt Tibor Grasser. „Es hat eine sehr ungeordnete Oberfläche und viele freie, nicht gesättigte Bindungen, die die elektronischen Eigenschaften im 2D-Material stören.“
Besser ist es, nach einer möglichst geordneten Struktur Ausschau zu halten: Mit speziellen Kristallen, die Fluor-Atome enthalten, konnte das Team bereits ausgezeichnete Ergebnisse erzielen. Ein Transistor-Prototyp mit einem Kalzium-Fluorid-Isolator lieferte bereits überzeugende Daten, weitere Materialien werden noch analysiert.
„Laufend werden derzeit neue 2D-Materialien entdeckt. Das ist schön, aber mit unseren Ergebnissen wollen wir zeigen, dass das alleine noch nicht reicht“, sagt Tibor Grasser. „Diese neuen elektrisch leitenden 2D-Materialien müssen auch mit neuartigen Isolatoren kombiniert werden. Nur dann können wir es tatsächlich schaffen, eine neue Generation von effizienten und leistungsfähigen elektronischen Bauteilen im Miniaturformat herzustellen.“
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