Wenn es um den Schutz fester elektronischer Bauteile auf beweglichen Oberflächen geht, steht die Materialforschung vor einer enormen Herausforderung. Ein Team Schweizer Wissenschaftler hat nun erstmals einen neuartigen Verbundstoff auf Polyurethan-Basis vorgestellt, der gewissermaßen einen fließenden Übergang von weichen zu harten Materialien ermöglicht. [...]
„Unser Material ist auf der einen Seite weicher als Haut und auf der anderen Seite härter als Knochen“, erklärt Projektleiter André Studart, Professor für Komplexe Materialien am Departement Materialwissenschaft der ETH Zürich, die grundlegende Innovation im Gespräch mit der Nachrichtenagentur pressetext.
Die Inspiration für ihre Entwicklung haben sich Studart und seine Kollegen aus der Natur geholt: „Um bewegliche Sehnen mit starren Knochen zu verbinden, musste sich die Natur etwas einfallen lassen: Sie löst das Problem, indem sie die geschmeidigen Bestandteile der Sehnen und die festen Teile der Knochen fließend ineinander übergehen lässt“, erläutert Studart. Dieser nahtlose Übergang von weich zu hart sei dabei wesentlich strapazierfähiger, als wenn die beiden Materialien übergangslos zusammengefügt werden. „Denselben Trick wenden wir auch an“, so der Forscher.
Im Gegensatz zu den natürlichen Beispielen überbrückt der Härtegradient zwischen der weichsten und der härtesten Schicht des neuen Stoffes allerdings einen 100.000-fachen Härteunterschied. „Härteunterschiede in diesem Umfang sind innerhalb von Verbundmaterialien bislang völlig undenkbar gewesen“, betont Studart den Wert der eigenen Entwicklung. Zum Vergleich: Sehnen und Knochen unterscheiden sich lediglich um das Hundertfache, was ihren eigenen Härtegrad betrifft.
Die Anwendungsmöglichkeiten für einen derartigen Verbundstoff sind enorm vielseitig. Wie die Schweizer Forscher im Rahmen ihrer neuesten Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ aufzeigen, könnte ihre Entwicklung beispielsweise helfen, Elektronikbauteile auf flexiblen Oberflächen zu schützen. Der Trick dabei: Die Elektronikteile werden auf Schutzinseln aus dem neuen Verbundmaterial aufgesetzt. „In Belastungstests haben wir die flexible Polyurethan-Unterlage um mehr als 350 Prozent gedehnt. Die aufgesetzten Bauteile blieben dabei unbeschädigt“, schildert Studart.
Daneben sieht Studart aber etwa auch Einsatzpotenzial im Bereich von medizinischen Implantaten oder in der Automobil- und Luftfahrtindustrie. „Sogar als Trägermaterial für flexible Elektronik, die in Kleidung eingearbeitet werden kann, oder für rollbare Bildschirme wäre das neue Material denkbar“, ergänzt der Forscher. Derzeit stecke seine Entwicklung allerdings noch im Experimentierstadium. „Wir werden die Technik in Zukunft noch weiterentwickeln“, so Studart abschließend. (pte)
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