Roboter können sich von Babys einiges abgucken – etwa wie diese erste Bewegungen lernen. Denn Kinder erkunden die Welt spielerisch und entdecken dabei nicht nur ihre Umgebung, sondern auch ihren Körper. Wie Ralf Der, Forscher des Max-Planck-Instituts für Mathematik in den Naturwissenschaften, und Georg Martius, Wissenschaftler des Institute for Science and Technology im österreichischen Klosterneuburg, nun in Simulationen mit Robotern zeigen, braucht deren Gehirn aus künstlichen neuronalen Netzen dafür kein übergeordnetes Zentrum, das Neugier bewirkt. Diese entsteht alleine dadurch, dass ein Roboter Reize seiner Sensoren, die ihn über die Interaktion seines Körpers mit der Umwelt informieren, mit Bewegungsbefehlen rückkoppelt. Anhand der sensorischen Signale erzeugt seine Kontrolleinheit Befehle für neue Bewegungen. Aus anfänglichen kleinen, zunächst sogar passiven Bewegungen entwickelt der Roboter so ohne übergeordnete Vorgaben sein motorisches Repertoire. Bislang bekommen lernfähige Roboter konkrete Ziele gesteckt und werden belohnt, wenn sie diese erreichen. Oder Forscher versuchen ihnen Neugier einzuprogrammieren. [...]
„What fires together, wires together“ ist Neurowissenschaftlern als die Regel des kanadischen Psychologen Donald Hebb bekannt. Diese Gesetzmäßigkeit besagt: Je häufiger zwei Neuronen zusammen aktiv sind, desto eher verknüpfen sie sich und bilden komplexe Netzwerke. Damit lässt sich zwar die Bildung unseres Gedächtnisses erklären, aber nicht die Entwicklung von Bewegungen. Um krabbeln, greifen oder gehen zu lernen, brauchen Menschen und auch lernfähige Roboter eine spielerische Neugier, die sie antreibt, sich neue Bewegungen anzueignen. Dass dafür kein übergeordnetes Zentrum nötig ist, wie viele Forscher heute vermuten, zeigen nun Ralf Der vom Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften und Georg Martius, der der bis vor kurzem am selben Max-Planck-Institut forschte und seine Arbeit nun am Institute for Science and Technology in Klosterneuburg fortsetzt.
„Wir haben festgestellt, dass zumindest Roboter ihre Motorik auch entwickeln können, ohne dafür eigens auf Neugier, also die Vermehrung von Information in ihrem künstlichen neuronalen Netz, programmiert zu werden“, sagt Georg Martius. Gemeinsam mit Ralf Der hat er eine neue sensomotorische Lernregel formuliert, nach der sich Verknüpfungen in künstlichen neuronalen Netzen und möglicherweise auch im Gehirn von Babys bilden könnten, sodass sich Roboter oder kleine Kinder abhängig von der Situation neue Bewegungen aneignen.
NEURONALE NETZE FORMEN SICH, WENN KÖRPER UND UMWELT INTERAGIEREN
Der Lernregel liegt ein Modell zugrunde, das auf einer dynamischen Wechselwirkung dreier Komponenten fußt: Körper, Umwelt und Gehirn beziehungsweise beim Roboter ein künstliches neuronales Netz. Anfangs gibt es im Gehirn des Roboters keine Strukturen, die Bewegungen steuern. Erst wenn der Körper mit der Umwelt interagiert und seine Gliedmaßen etwa angewinkelt werden, weil sie auf ein Hindernis stoßen, formieren sich die entsprechenden neuronalen Netze – der Roboter lernt sich zu bewegen.
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Damit der Lernprozess überhaupt beginnt, braucht es in diesem Modell eine Initialzündung von außen, wie Martius erläutert: „Zunächst passiert nämlich gar nichts. Ist das System in Ruhe, bekommen die Neuronen keine Signale.“ Daher lösen die Forscher in ihrem Roboter einen passiven sensorischen Reiz aus, etwa indem sie ihn an einem virtuellen Faden durch die Gegend schlenkern oder ihn einfach zu Boden sinken lassen, wobei sein Rumpf und seine Arme oder Beine gebeugt werden.
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