Next Edge: Mastercard verlagert Zahlungsverkehr ans Edge

Das Kreditkarten-Unternehmen stellt seinen Zahlungsverkehr auf Public Cloud und Edge Computing um. Ziel ist es, den Umsatz in einer von APIs und digitalen Plattformen bestimmten Welt zu steigern. [...]

Mastercard hat seine Zahlungsdienste für die dezentrale Edge-Welt optimiert (c) pixabay.com

Mastercard lebt von seinem globalen Zahlungsnetzwerk. Es ermöglicht dem Unternehmen 300 Millionen Finanztransaktionen weltweit am Tag – garantiert durch ein komplexes, KI-basiertes, hochsicheres . Dieses System hat der Finanzdienstleister nun umgerüstet: An die Stelle von jahrzehntelang genutzten On-Premises-Lösungen tritt jetzt ein Mix aus Public-Cloud– und Edge-Computing-Technologien.

Mastercard spricht dabei von „Next Edge“: Das Zahlungsnetzwerk werde überall dort verfügbar sein, wo Kunden ihre Geschäfte abwickeln wollten, erklärt Ed McLaughlin, President of Operations and Technology. Man verspreche sich zusätzliches Umsatzwachstum durch eine schnellere Produktbereitstellung und -integration sowie das Schaffen besserer Kundenerlebnisse. Auch die betriebliche Effizienz nehme zu, da Kunden künftig kurzfristiger bedient und Entscheidungen, die von regulatorischen Anforderungen abhängen, zeitnah und automatisiert getroffen werden könnten.

Mastercard reagiert auf veränderte Gepflogenheiten

Bislang hatte Mastercard den Kunden sein Payment-Netzwerk über eine in deren Rechenzentren installierte Appliance zur Verfügung gestellt. Das funktionierte reibungslos, solange der bargeldlose Zahlungsverkehr von kartenbasierten Transaktionen dominiert war. Doch heute setzen immer mehr Händler und Fintechs auf mehr Vielfalt bei den digitalen Zahlungsdiensten. Sie nutzen etwa Bezahlen via Phone, Konto-zu-Konto-Überweisungen oder Open Banking. Diesen Unternehmen will Mastercard in der Cloud einen Schritt entgegengehen und Wege anbieten, APIs zu nutzen und neue Verbindungen zwischen Plattformen zu schaffen.

Next Edge wird in einer sicheren HybridCloud-Umgebung gehostet und ist für Kunden über standardisierte Netzwerkschnittstellen und Connectivity-Lösungen erreichbar. Ziel ist, dass die Klientel über einen zentralen Zugang auf alle Produkte und Services von Mastercard zugreifen kann. Da die vielfältigen internationalen Vorschriften für Finanzdienstleistungen von einigen Kunden verlangten Transaktionen auch vor Ort zu verarbeiten, sei diese hybride Infrastruktur mit einer Private-Cloud-Komponente unverzichtbar.

Auffällig ist, dass Mastercard sich genauso dem Cloud wie dem Edge Computing verschreibt. Dabei geht es darum, Datenverarbeitung und -speicherung näher an den Ort der Datenentstehung zu bringen, um die große Datenlast so schnell wie möglich zu verarbeiten und Latenzprobleme in den Griff zu bekommen. Oft ist Edge Computing die Voraussetzung dafür, dass Anwendungen an bestimmten Ort überhaupt Daten in Echtzeit bereitstellen können.

Zahlungstransaktionen direkt am Edge

Anstatt sich auf ein zentrales, manchmal Tausende von Kilometern entferntes CloudRechenzentrum zu verlassen, wollen Unternehmen lokal entstehende Massendaten, wie sie etwa von mobilen Endgeräten oder den oft unzähligen, in ein IoT-Netz eingebundenen Maschinen erzeugt werden, vor Ort verarbeiten. In Kombination mit 5G-Mobilfunk und WiFi-6-Netzen lässt sich mit Edge Computing eine schnelle Verarbeitung vor Ort umsetzen.

Mit Next Edge reagiert Mastercard auf diesen Trend und hat ein ereignisgesteuertes Framework entwickelt, mit dem sich Workloads am Edge verarbeiten lassen. Services wie „Edge Decisioning“ sollen dabei helfen, Entscheidungen dezentral an Standorten zu treffen, ohne dass Verbindungen zu zentralen Rechenzentren benötigt werden. Mastercard liefert seinen Kunden über seine Collaborative Intelligence Hubs auch Dienste für die Betrugsprävention, die weltweit verteilt genutzt werden und unabhängig voneinander laufen können, während Die Kunden Daten aus anderen Domänen oder Quellen nutzen.

„Das Edge ermöglicht uns eine Zero-Mile-Schnittstelle zu Kundensystemen und unseren Issuern (Karten-ausgebende Banken oder Finanzdienstleister, Anm. d. Red.), die ihre Verarbeitung in die Cloud verlagert haben“, sagt McLaughlin. Die Verarbeitungslogik werde so nah wie möglich an das jeweilige Quellgerät verlagert.

Laut Gartner wird sich bis 2025 jedes zweite Unternehmen, das heute auf Cloud Computing setzt, auch mit Edge Computing anfreunden. Die weltweiten Ausgaben für Content-Delivery- und Edge-Netzwerke sollen in diesem Jahr 12,4 Milliarden US-Dollar erreichen, gegenüber 10,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020. Bis 2024 werde der Prozentsatz der Unternehmen, die Edge Use Cases produktiv laufen haben, von etwa fünf Prozent 2019 auf 40 Prozent ansteigen.

Mastercard stand vor technischen Herausforderungen

Mastercard hatte mit Next Edge einige technische Herausforderungen zu stemmen. So mussten zentral eingesetzte Security-Lösungen aufgebrochen und für Edge-Umgebungen lauffähig gemacht werden. Um dies zu erreichen, hat der Kreditkarten-Konzern beispielsweise eine neue Lösung für Authentifizierung und Autorisierung am Edge eingeführt und Partnerschaften mit bestimmten Anbietern von IT-Sicherheitsdiensten aus der Cloud abgeschlossen, die sich für den Finanzsektor eignen.

Darüber hinaus musste Mastercard seine Zahlungsdienste für die dezentrale Edge-Welt optimieren, also moderne Technologie-Stacks und schnelle Netzwerk-Interfaces mit geringer Latenz und hohem Durchsatz garantieren. Um eine vergleichbare Leistung wie bisher zu erreichen, setzt das Unternehmen auf Bidirectional-Streaming-gRPC-Services, eine quelloffene, besonders leistungsfähige Remote-Procedure-Call-(RPC-)Technologie, die in jeder Umgebung laufen kann.

Der Schlüssel für den Erfolg lag laut McLaughlin aber darin, dass an der Netzwerkstruktur und den ergänzenden Systemen nur sehr kontrolliert Veränderungen vorgenommen wurden, damit das neue Edge-Netzwerk mit der vorherigen Architektur rückwärtskompatibel blieb. Mastercard startete das Next-Edge-Projekt, das mit einem CIO 2021 FutureEdge 50 Award ausgezeichnet wurde, im dritten Quartal 2019 und führte es im zweiten Quartal 2020 teilweise ein. Es läuft derzeit in Nordamerika, Europa und Lateinamerika; der Einsatz im asiatisch-pazifischen Raum ist in Vorbereitung.

Derzeit sind bei Mastercard weltweit gut 3.700 Edges ins Netzwerk eingebunden, von denen aus mehr als 30.000 Kunden bedient werden. Allein im Dezember 2020 wurden dort mehr als zehn Milliarden Zahlungstransaktionen abgewickelt. das Netzwerkvolumen sowohl von Banken als auch von Fintechs und Händlern werde zweistellig wachsen, hieß es. „Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass man einen Schritt zurückgeht und schaut, wohin sich der Markt entwickelt, um dann die Verschiebung zu nutzen und seinen Kunden eine viel größere Reichweite und mehr Dienstleistungen sowie mehr Einfachheit zu bieten“, sagt McLaughlin.

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*Clint Boulton ist Senior Writer bei der US-Schwesterpublikation cio.com.


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