NIS‑2 umsetzen: So schaffen Unternehmen die Grundlage für Resilienz und Compliance

Mit der NIS-2-Richtlinie hat die EU die Anforderungen an Cybersicherheit deutlich verschärft. Anders als ihr Vorgänger betrifft sie nicht nur Betreiber kritischer Infrastrukturen, sondern auch zahlreiche mittelständische Unternehmen, die digitale Dienste erbringen oder in sicherheitsrelevanten Lieferketten tätig sind. Wer die Vorgaben ignoriert, riskiert strenge Strafen und vor allem den Verlust von Vertrauen bei Kunden und Partnern. [...]

NIS-2 ist mehr als eine regulatorische Hürde. Sie ist eine Chance, die eigene IT-Sicherheit und Resilienz auf ein neues Niveau zu heben. Unternehmen, die jetzt handeln, vermeiden nicht nur Sanktionen, sondern gewinnen langfristig Vertrauen, Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit. (c) stock.adobe.com/Aong

Ein zentrales Thema ist die nationale Umsetzung der Richtlinie. Die NIS-2-Umsetzung in Deutschland läuft derzeit auf Hochtouren – mit einer deutlichen Ausweitung der Anforderungen auf den Mittelstand. Dadurch geraten viele Unternehmen in den Anwendungsbereich, die bislang nicht im Fokus standen.

In Österreich ist die Umsetzung ebenfalls weit fortgeschritten. Unterschiede bestehen vor allem bei Fristen, Meldewegen und organisatorischen Anforderungen. Für international tätige Unternehmen bedeutet das: Sie müssen beide Regelungen im Blick haben und ihre Sicherheits- und Compliance-Strategie entsprechend anpassen.

Neue Pflichten im Überblick

NIS-2 bringt klare Vorgaben mit sich, die Unternehmen in ihrer IT-Strategie berücksichtigen müssen. Dazu gehört zunächst ein umfassendes Risikomanagement. Unternehmen sind verpflichtet, Gefahrenpotenziale systematisch zu identifizieren, zu bewerten und geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Hinzu kommt die Pflicht zum Incident Reporting. Sicherheitsvorfälle müssen spätestens 24 Stunden nach Bekanntwerden an die zuständigen Behörden gemeldet werden. Wer hier keine Prozesse etabliert hat, läuft Gefahr, Fristen zu verpassen und mit Sanktionen belegt zu werden.

Ein weiterer Punkt betrifft die Governance. Die Richtlinie schreibt vor, dass die Verantwortung für Cybersicherheit nicht allein in der IT-Abteilung verbleiben darf, sondern bis in die Geschäftsführungsebene hinein verankert sein muss.

Schließlich sind Unternehmen verpflichtet, ihre getroffenen Maßnahmen nachzuweisen. Diese Nachweispflichten können nur erfüllt werden, wenn Dokumentationen vorliegen, die Prozesse, Systeme und Zuständigkeiten nachvollziehbar abbilden. Eine strukturierte Vorgehensweise zeigt, warum eine kontinuierliche Einhaltung von Compliance-Vorschriften wichtig ist und wie sich gesetzliche Vorgaben sowie interne Standards dauerhaft erfüllen lassen.

Der Faktor Resilienz: Technik und Organisation zusammendenken

Compliance ist nur ein Teil der NIS-2. Das eigentliche Ziel ist Resilienz, also die Fähigkeit, Angriffe oder Störungen abzufedern und den Betrieb schnell wiederherzustellen. Dafür braucht es eine robuste und widerstandsfähige IT-Architektur, die nicht nur auf Prävention, sondern auch auf schnelle Reaktionsfähigkeit ausgelegt ist.

Ebenfalls entscheidend sind Notfallpläne, die im Ernstfall sofort greifen und keine Interpretationsspielräume lassen. Solche Pläne müssen regelmäßig überprüft und in realistischen Szenarien getestet werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass sie im Ernstfall auch tatsächlich funktionieren.

Ein weiterer Baustein der Resilienz sind Schulungen. Mitarbeitende müssen wissen, wie sie mit Bedrohungen umgehen und welche Schritte im Fall eines Vorfalls einzuleiten sind. Das Bewusstsein für Sicherheit darf nicht auf die IT-Abteilung beschränkt bleiben, sondern muss Teil der gesamten Unternehmenskultur werden.

IT-Dokumentation und IT-Inventarisierung als Schlüssel

Viele Unternehmen unterschätzen, wie sehr strukturierte IT-Dokumentation und IT-Inventarisierung die Umsetzung der NIS-2 erleichtern. Eine vollständige Dokumentation sorgt für Transparenz und zeigt, welche Systeme existieren, wie Prozesse ablaufen und wer für bestimmte Bereiche verantwortlich ist. Besonders hilfreich ist dabei eine moderne Dokumentation von Anwendungen, die Veränderungen lückenlos abbildet und jederzeit einen aktuellen Überblick ermöglicht.

Die Inventarisierung wiederum schafft einen Überblick über die eingesetzte Hard- und Software. Ohne dieses Wissen ist es kaum möglich, Risiken zuverlässig einzuschätzen oder Sicherheitslücken zu identifizieren. Wenn etwa unbekannte oder nicht mehr gewartete Systeme im Netzwerk laufen, entstehen schnell unbemerkte Schwachstellen.

Beide Disziplinen, Dokumentation und Inventarisierung, tragen somit dazu bei, die Nachweispflichten zu erfüllen, Risiken frühzeitig zu erkennen und eine schnelle Reaktion auf Vorfälle zu ermöglichen.

Praktische Schritte zur Umsetzung

Wer NIS-2 erfolgreich umsetzen möchte, sollte strukturiert vorgehen;

  • Am Anfang steht eine Bestandsaufnahme. Dabei wird geklärt, welche Systeme, Prozesse und Dienste tatsächlich unter die neuen Anforderungen fallen.
  • Anschließend folgt eine Gap-Analyse, bei der die vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen den Anforderungen der Richtlinie gegenübergestellt werden. So lassen sich Schwachstellen und Handlungsfelder klar benennen.
  • Darauf aufbauend wird ein Maßnahmenplan erstellt. Dieser legt Prioritäten fest, definiert Zuständigkeiten und bestimmt die notwendigen Budgets. Wichtig ist, dass die Geschäftsführung hier eingebunden ist, damit Cybersicherheit auch auf strategischer Ebene verankert wird.
  • Mit der Einführung von Governance-Strukturen wird sichergestellt, dass die Verantwortung für Sicherheit nicht im Tagesgeschäft verloren geht. Dazu gehören klare Rollen, Entscheidungswege und Kontrollmechanismen.

Da Bedrohungen und Technologien einem ständigen Wandel unterliegen, endet die Arbeit nicht mit der Erstumsetzung. Eine kontinuierliche Verbesserung ist unverzichtbar. Dazu zählen regelmäßige Überprüfungen, Anpassungen und Schulungen, um den Schutz dauerhaft wirksam zu halten.

Fazit: von der Pflicht zur Chance

NIS-2 ist mehr als eine regulatorische Hürde. Sie ist eine Chance, die eigene IT-Sicherheit und Resilienz auf ein neues Niveau zu heben. Unternehmen, die jetzt handeln, vermeiden nicht nur Sanktionen, sondern gewinnen langfristig Vertrauen, Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit.

Wer frühzeitig in eine saubere IT-Dokumentation und konsequente Inventarisierung investiert, schafft die Basis für nachhaltige Compliance und stärkt gleichzeitig seine Fähigkeit, auf die wachsenden Cyberbedrohungen flexibel und souverän zu reagieren.

* Stefan Effenberger ist Content Marketing Manager und IT-Content-Spezialist bei der itelio GmbH sowie der Docusnap GmbH, dem Unternehmen hinter der IT-Dokumentationssoftware Docusnap.


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