Anders als beim Smartphone können Kunden in Österreich nicht frei darüber entscheiden, welches Endgerät sie an ihrem Internetanschluss nutzen. Dabei ließe sich diese digitale Abhängigkeit leicht beenden. Letztlich würden davon nicht nur Internetnutzer profitieren, sondern auch der hiesige Handel. [...]
Als das Management- und Technologieberatung BearingPoint vor zwei Jahren Internetnutzer in acht europäischen Ländern dazu befragte, wie zufrieden sie mit ihrem Festnetzangeboten seien, fiel das Ergebnis ernüchternd aus. Lediglich 11,9 Prozent der in Österreich Befragten gaben damals an, mit ihrem Festnetzanschluss zufrieden zu sein. Damit lag Österreich beim Festnetzanschluss europaweit an letzter Stelle. Daran dürfte sich seither wenig geändert haben.
Im Mobilfunkland Österreich, so scheint, wird der Festnetzanschluss äußerst stiefmütterlich behandelt. Dabei sind sich Experten einig, dass die Zukunft des Internets im Glasfaseranschluss liegt. Schließlich nutzt selbst der ganz normale Durchschnittsverbraucher daheim immer mehr Geräte und Anwendungen wie Tablets, Spielkonsolen, Smart-Home-Komponenten und Streaming-Dienste wie Netflix und Disney+. Zudem arbeiten immer mehr Menschen im Home Office. Damit steigen zwangsläufig auch die Ansprüche ans Festnetzinternet. DSL-Kupferleitungen, die früher den Standard bildeten, können die steigenden Anforderungen nicht erfüllen.
Abhängigkeit von eingeschränkter Hardware aus Fernost
Dass mittel- und langfristig kein Weg an Glasfaser vorbeiführt, scheint auch den Entscheidern in der Politik klar zu sein. Kommunen stehen deshalb entsprechende Fördergelder zur Verfügung, beispielsweise aus der Initiative Breitband Austria 2030.
Kurzum: Es bestehen Pläne und Ambitionen, den Glasfaserausbau in Österreich voranzutreiben. Ein anderes Problem bleibt derweil bestehen: die digitale Abhängigkeit. Gemeint ist damit in diesem Fall nicht die Abhängigkeit von proprietärer Software aus den USA, sondern die Abhängigkeit von eingeschränkter Hardware. Denn im Gegensatz zu anderen EU-Ländern wie Deutschland, Italien, Finnland, Belgien oder den Niederlanden können Internetnutzer in Österreich nicht frei darüber entscheiden, welches Endgerät sie direkt an ihrem Internetanschluss nutzen.
Viele Internetnutzer in Österreich fragen sich, wieso sie nicht ihren eigenen Router an ihrem Festnetz-Internetanschluss anschließen können, um das Beste für ihr Heimnetz oder Büro herauszuholen. Denn heuer geben weiterhin die Internet-Provider vor, welche Endgeräte verwendet werden dürfen. Zumeist sind das ausschließlich die Produkte, die sie selber anbieten. Das ist in etwa so, als würde Vodafone seinen Kunden vorschreiben, sie könnten nur iPhones nutzen, die aus dem Vodafone-Shop kommen. Was beim Mobilfunk undenkbar wäre, ist am Glasfaser-, Kabel- und DSL-Anschluss also Realität.
Urteile stellen klar: Es gibt keine stichhaltigen Gründe für fehlende Wahlfreiheit
Dass es keine technischen Ursachen bzw. Probleme gibt, die derartige Einschränkungen rechtfertigen, wurde jüngst in Deutschland und Belgien bekräftigt. In beiden Fällen wurden Einsprüche von Providern gegen eine Endgerätefreiheit abgewiesen, da die Internetanbieter keine stichhaltigen Argumente vorbringen konnten. Bemerkenswert ist dabei, dass sich die Deutsche Telekom bereits im Vorfeld auf die Seite der Verbraucher gestellt hatte. Der größte deutsche Anbieter sieht nämlich keine technischen Probleme, die für Zwangsgeräte sprächen – auch nicht am Glasfaseranschluss.
Auch der Einzelhandel wird benachteiligt
Wieso sich die meisten Provider so sehr gegen die digitale Unabhängigkeit ihrer Kunden sträuben, ist unklar. Klar ist dagegen, dass Endkunden hier ohne gute Gründe eingeschränkt werden. Und klar ist auch, dass nicht zuletzt die Internetanbieter von Produkten aus Fernost profitieren. Denn oftmals sind es keine hochwertigen Premium-Produkte, die vom Provider zur Verfügung gestellt werden, sondern Massenware aus China.
Am Ende werden also nicht nur die Internetkunden bevormundet und benachteiligt, sondern auch der Einzelhandel. Denn die meisten Kunden wollen nicht den teuren und umweltschädlichen Weg gehen und einen zweiten Router im Handel erwerben, um diesen hinter dem Zwangsgerät des Providers zu betreiben. Dies ist jedoch derzeit oftmals der einzige Weg – der mitunter sogar als „Routerfreiheit“ bezeichnet wird. Dabei müssen in diesem Fall letztlich zwei Geräte genutzt und mit Strom versorgt werden. Mit Endgerätefreiheit und digitaler Unabhängigkeit hat dies also nichts zu tun.
Hoffnung von Kunden und Händlern liegt auf neuer Regierung
Nun stellt sich die Frage, wie das Problem gelöst werden kann. Eigentlich könnte in Österreich die Regulierungsbehörde RTR einfach den sogenannten Netzabschlusspunkt so festlegen, dass die Internetprovider die Freiheit der Endkunden nicht mehr einschränken können. Doch bislang hat die RTR nicht signalisiert, dass sie diesen Schritt gehen wird. So bleibt die Hoffnung, dass die neue Regierung tätig wird. Helfen dürfte dabei das Argument, dass nicht nur Hundertausende von Endnutzern von einer Endgerätefreiheit profitieren würden, sondern auch der Wirtschaftsstandort Österreich. Denn wer sich, wie beim Smartphone, frei entscheiden kann, welches Gerät er nutzt, wird eher kein Billigprodukt aus China mehr nutzen wollen.

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