„Ohne Daten müssen Firmen schließen“

Der Wiener Datenrettungs-Spezialist Attingo hat die höchste staatliche Auszeichnung des österreichischen Wirtschaftsministeriums erhalten. [...]

Das Bundeswappen zeichnet Unternehmen für außergewöhnliche Leistungen um die Wirtschaft aus. pressetext sprach mit Attingo-CEO Nicolas Ehrschwendner über die Bedeutung des Wirtschaftszweigs Datenrettung, Herausforderungen der Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung und das Wachstumspotenzial der Branche.

Attingos Verdienste bestehen darin, potenzielle Schäden durch Datenverlust zu minimieren. Wie hoch sind die abgewandten Schäden pro Jahr?
Datenrettung reduziert den finanziellen Schaden, der durch einen Datenverlust entsteht, doch die Quantifizierung dieses Schadens in Euro ist schwer. Wir hören immer wieder von Kunden, dass der Schaden in die Zehntausende oder gar Hundertausende Euro geht, aber konkrete Zahlen sind so gut wie nicht zu erheben.

Wie kommt es zu diesen teils horrenden Summen?
Man muss sich vorstellen, dass Betriebe oft mit hunderten Mitarbeitern stillstehen, weil infrastrukturkritische Daten nicht mehr verfügbar sind, egal ob zum Beispiel in der Industrie oder im Handel. Ohne EDV geht heute oft gar nichts mehr. Der Worst Case ist „ohne die Daten müssen wir den Betrieb schließen“.

Stehen immer materielle Schäden, beispielsweise durch Server-Downtimes, im Vordergrund, oder gibt es auch Fälle, wo immaterielle Schäden die größere Rolle spielen?
Der größte Teil unserer Datenrettungsfälle wird aufgrund eines sonst erheblichen finanziellen Schadens beauftragt. Doch es gibt auch genauso Fälle mit ideellen Werten. Meist handelt es sich dabei um Fotos und Videos, vor allem Kinder- und Hochzeitfotos, die nicht reproduzierbar sind und einen hohen emotionalen Wert haben.

Gerade Österreich und Deutschland nehmen es mit dem Datenschutz sehr genau. Welche Auswirkungen hat das auf die Arbeit eines Datenretters?
Datenschutz ist uns wie auch unseren Kunden sehr wichtig. Daher bearbeitet Attingo alle Fälle in den hauseigenen Reinraumlabors. Denn aufgrund von Datenschutzgesetzen dürfen gewisse Daten überhaupt nicht außer Landes oder außerhalb der EU gegeben werden, beispielsweise Patientendaten oder personenbezogene Daten.

Ist Letzteres in der Praxis denn häufig ein Problem?
Ja! Wenn der Kunde das erste Mal mit Datenverlust konfrontiert wird, ist dieser in einem Ausnahmezustand: Panik, Angst. Da wird oft ein Datenretter sehr schnell ausgewählt, ohne zu berücksichtigen, ob dieser tatsächlich ein lokales Labor betreibt, oder – wie leider sehr oft der Fall – die Datenträger einfach zu einem Subunternehmer ins Ausland sendet.

Datenschutz ist also mit ein Grund dafür, dass Attingo bereits Niederlassungen in Deutschland und den Niederlanden eröffnet hat?
Genauso ist es. Einer der Gründe ist der Datenschutz und die Datensicherheit für den Kunden. Zudem bietet Attingo eine 24/7-Datenrettung an. Da ist es notwendig, dass innerhalb weniger Stunden defekte Datenträger und Sever in eines unserer Labors gebracht werden; deshalb die drei strategischen Standorte in Wien, Hamburg und Amsterdam.

Plant Attingo darüber hinaus in absehbarer Zeit noch eine weitere internationale Expansion?
Ja! Wir sind gerade in der Planung eines Labors in der Schweiz sowie in Italien, da wir laufend eine größere Zahl an Fällen aus diesen Ländern bearbeiten.

Anfragen, das genaue Gegenteil zu machen – also kritische Daten wirklich sicher zu löschen?
Sehr häufig ist das der Fall. Auf Messen fragt fast jeder Besucher danach. Das ist ein sehr schwieriges Thema. Eine softwareseitige Löschung kann nie alle Daten 100-prozentig löschen, selbst wenn die Software nach diversen Standards zertifiziert ist. Wir arbeiten auch für Behörden in der Computerforensik. Daher wissen wir, dass man auch in solchen Fällen zumindest Fragmente der Daten rekonstruieren kann.

Wie gehen Unternehmen auf Nummer sicher, wenn sie Daten sicher löschen wollen?
Nachträglich bleibt nur die physische Vernichtung der Datenträger, wobei nur ein Zermalmen zu 100 Prozent sicher ist. Ein anderer Ansatz ist, im Vorfeld neue, leere Datenträger zu verschlüsseln. Wenn man danach den Datenträger vollständig, beispielsweise mit Null-Zeichen, überschreibt, können vermutlich auch wir nichts mehr rekonstruieren.

Zum Abschluss noch eine Frage für potenzielle Kunden: Was ist Ihr bester Tipp, wie Unternehmen vermeiden können, tatsächlich einen Datenretter bemühen zu müssen?
Generell ist unser Motto ja „Daten sichern, ist feige“. Nein, im Ernst: Das Einzige, was hilft, ist Redundanz. Wichtig ist, dass die Datensicherung auf anderen Medien erfolgt als die Datenspeicherung. Zudem sollte die Sicherung auf Vollständigkeit geprüft und außer Haus gebracht werden, damit sie beispielsweise bei Feuer oder Einbruch sicher ist. Ideal ist es, auf mehreren unterschiedlichen Datenträgern zu sichern, am besten in Generationen, um bei Bedarf ältere Versionen von Dateien wiederherstellen zu können.


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