Nach dem Beschluss des OGH vor wenigen Wochen bestätigt nun auch das Oberlandesgericht Wien im Verfahren "austromechana gegen Nokia Austria" die Rechtmäßigkeit einer Speichermedienabgabe auf "Musik-Handys". [...]
Sind moderne Smartphones das Pendant der leeren Kassetten vergangener Tage? Laut einer aktuellen Entscheidung sieht das zumindest die österreichische Justiz so. Denn im Handy-Musterprozess austromechana gegen Nokia hat das Oberlandesgericht Wien nun bestätigt, dass Mobiltelefone mit MP3-Funktion grundsätzlich vergütungspflichtig sind – was heute für praktisch jedes im Handel erhältliche Smartphone zutrifft. „Allein der Umstand, dass der Speicher auch für andere Funktionen des Mobiltelefons verwendet werde, lasse keine Aussage über die jeweilige Speicherintensität zu“, so der Beschluss. Der Beschluss besagt weiter: „Die Speicherkapazität der in Musik-Handys integrierten bzw. für diese bestimmten Trägermaterialien diene der Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Audio- und audiovisueller Werke und werde für andere Zusatzfunktionen kaum benötigt.“ Das lässt natürlich außer Acht, das Smartphones auch gerne für selbst aufgenommene Fotos und Videos genutzt werden, die bei vielen Nutzern schnell das Volumen der gespeicherten Musikstücke übersteigen.
Für Gernot Graninger, Geschäftsführer der austromechana, ist der Entscheid nach dem OGH-Beschluss Ende 2013 dennoch ein „weiterer wichtiger Schritt für eine faire Vergütung der heimischen Künstler“: „Wir sehen uns einmal mehr bestätigt, dass unsere Forderungen nach einer modernen Speichermedienabgabe völlig legitim sind. Eine solche Vergütung sichert aber nicht nur die Einkommen der Kreativwirtschaft, sondern schafft auch Rechtssicherheit für Konsumentinnen und Konsumenten.“
Wer derzeit urheberrechtlich geschützte Werke auf Festplatten, Smartphones oder Tablets kopiert, bewege sich rechtlich in einer Grauzone, argumentiert die Verwertungsgesellschaft. Die Anpassung der bestehenden Leerkassettenvergütung auf moderne Speichermedien sei das „treffsicherste und effektivste Modell“. „Es darf nicht sein, dass zugunsten der Margen großer Konzerne die Künstlerinnen und Künstler um ihr Einkommen bangen müssen“, so Sandra Csillag, Geschäftsführerin der Verwertungsgesellschaft literar-mechana. „Auch die vom Handel vorgeschlagene Alternative einer Haushaltsabgabe ist inakzeptabel. Damit wird lediglich die Verantwortung von rund 160 Unternehmen auf 3,6 Millionen österreichische Haushalte abgewälzt.“
Die heimische Initiative „Plattform für ein modernes Urheberrecht“ von Industrie und Handel hat kürzlich als Alternative vorgeschlagen, eine monatliche Kulturabgabe von 50 Cent pro Haushalt einzuheben. Sie soll zusammen mit der für alle Haushalte geplanten Rundfunkgebühr kassiert werden und die Leerkassetten- sowie Reprografievergütung auf einen Schlag ersetzen.
20 EURO MEHR PRO SMARTPHONE
Damian Izdebski, Sprecher der Plattform für ein modernes Urheberrecht sowie Gründer und Geschäftsführer von Ditech, ist mit dem OLG-Urteil nicht einverstanden: „Ich bin der Ansicht, dass Handys keine Leerkassetten sind und daher nicht der Leerkassettenvergütung unterliegen. Heute werden Smartphones vor allem zum Telefonieren, SMS Senden, für Apps, E-Mails und soziale Medien verwendet. Handys werden nur geringfügig als ‚Kopiergeräte‘ genutzt und vor allem nur minimal für Privatkopien.“
Er sieht durch das Urteil keine Rechtssicherheit entstehen, wie die Verwertungsgesellschaften, sondern im Gegenteil: „Das Urteil zeigt erneut die enorme Rechtsunsicherheit die durch Geräteabgaben entsteht. Zudem droht dem Konsumenten dadurch eine Belastung von Euro 21,60 je Smartphone und dem österreichischen Handel eine enorme Benachteiligung gegenüber dem Online-Handel aus dem Ausland.“
Zum Abschluss erneuert Izdebski seine Forderung: „Die Festplattenabgabe ist ein Relikt des vergangenen Jahrhunderts und ich sehe die Politik jetzt aufgerufen endlich eine technologieneutrale Lösung zu implementieren, die nicht an Dingen wie einem Cloud-Speicher scheitert.“ (rnf)
Be the first to comment