Olympia: Zensurvorwürfe gegen Twitter

Die Übertragungspolitik des US-Fernsehsenders NBC bei Olympia und die Kritik daran bringt nun auch den Internet-Dienst Twitter in die Bredouille. [...]

Die Übertragungspolitik des US-Fernsehsenders NBC bei Olympia und die Kritik daran bringt nun auch den Internet-Dienst Twitter in die Bredouille. Twitter sieht sich innerhalb der Internet-Community mit Zensurvorwürfen konfrontiert, da der Kurznachrichtendienst den NBC-kritischen „Independent“-Journalisten Guy Adams von Twitter ausgeschlossen und dessen Account gesperrt hat.
NBC und Twitter kooperieren während der Olympischen Spiele in London. Hintergrund des Konflikts, der inzwischen zigtausende wütende Twitter-Botschaften ausgelöst hat, ist die umstrittene Übertragungspolitik des US-Senders bei Olympia. NBC hat sich die US-Übertragungsrechte für eine Milliardensumme gesichert. Um die Quoten und Werbeeinnahmen zu steigern, hat der Sender in den vergangenen Tagen Live-Material aus London um mehrere Stunden zeitversetzt erst in der US-Prime Time übertragen und mit Online-News zu den zurückgehaltenen Sportereignissen gegeizt. So wurden etwa Live-Bilder von der Eröffnung am Freitag, dem Schwimm-Duell zwischen Ryan Lochte und Michael Phelps am Samstag oder die ersten Auftritte des US-Baketball-Dreamteams dem US-Publikum mit mehreren Stunden Verzögerung präsentiert.
In Internet formierten sich Kritiker dieser Vorgangsweise unter dem Hashtag #NBCFail, darunter Guy Adams, Los Angeles-Korrespondent des britischen „Independent“. Er fasste die Social-Media-Kritik zusammen und riet der Twitter-Community Beschwerde-Mails an den bei NBC für Olympia zuständigen Gary Zenkel zu schicken. In der Veröffentlichung der Mail-Adresse Zenkels sah man bei Twitter einen Verstoß gegen Nutzungsbestimmungen des Netzwerks. Persönliche Informationen wie Adressen oder Telefonnummern dürften nicht weitergegeben werden, hieß es. Adams Twitter-Konto wurde gesperrt. Dieser hielt den Twitter-Verantwortlichen entgegen, dass aufgrund der NBC-Mail-Vergabe ohnehin jeder Zenkels E-Mail-Adresse nachvollziehen könne. Er habe keine private E-Mail-Adresse getwittert, sondern eine bekannte Firmen-Mail-Adresse. „Ich dachte das Internet-Zeitalter hätte diese Form der Zensur beendet“, erklärte Adams auf der Internet-Seite des „Independent“.
Unterstützung bekam Adams neben tausenden Twitter-Usern auch von CNN-Moderator Piers Morgan, dem BBC-Journalisten Jeremy Vine oder dem britischen Schriftsteller und „Trainspotting“-Autor Irvine Welsh. Adams sprach von einem „bedrohlichen Präzedenzfall“ und forderte die Rücknahme seiner Twitter-Sperre. Kritik kam auch vom Digitale-Medien-Experten Dan Gillmor, der von einem „entscheidenden Moment“ für Twitter sprach. Was die Causa zu einem „ernsten Problem“ mache, sei der Umstand, dass Twitter während Olympia mit NBC kooperiert, schrieb der Direktor des Knight Center for Digital Media Entrepreneurship an der Walter Cronkite School of Journalism and Mass Communication Arizona im „Guardian“. Wenn sich herausstellen sollte, dass Twitter von seinem Geschäftspartner zu der Vorgangsweise gedrängt worden sei, dann würde das Glaubwürdigkeit und Image des Netzwerks beschädigen, so Gillmor. Twitter sollte sich deshalb rasch entschuldigen und Adams Konto wieder freischalten.


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