Online-Auktionen im Einkauf: Volle Transparenz für alle

Online-Auktionen bieten Transparenz und Handlungsspielräume im Einkauf. Was Einkäufer dabei beachten sollten, erklärt dieser Beitrag. [...]

Für den Einkauf über eine Online-Auktion gelten andere Regeln als in einer Ausschreibung (c) pixabay.com

Mit ihren Forschungen zu Auktionen eröffneten die frisch gekürten Nobelpreisträger Paul R. Milgrom und Robert B. Wilson dem Staat als Anbieter neue Möglichkeiten der Auktionsgestaltung. Nach ihrem Modell wurde in Deutschland erstmals die Versteigerung der UMTS-Lizenzen an Mobilfunkunternehmen im Jahr 2000 gestaltet.

Ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeiten von Milgrom und Wilson zur Auktionstheorie war die optimale Versteigerung öffentlicher Güter, von Netzwerklizenzen oder Zertifikaten. Online-Auktionen können jedoch auch im Einkauf von Produkten und Services einzelner Unternehmen ihre Vorteile ausspielen. Dabei ist die konzeptionelle Ausgestaltung der Auktion entscheidend für den Erfolg und das Ergebnis.

Online-Auktionen: Volle Transparenz

Auktionen schaffen, was in Lieferantenmärkten häufig nicht vorhanden ist: Gleiche Spielregeln für alle, volle Transparenz und eine Vergleichbarkeit der Konditionen, denn diese werden vom Einkauf des beschaffenden Unternehmens vorgegeben. Anders als in Verhandlungen, die meist nur mit einzelnen Lieferanten stattfinden, sind in Auktionen keine Nebenabsprachen möglich. Speziell für Online-Auktionen gilt, dass auch soziale Einflussfaktoren ausgeschaltet sind: Sympathie oder Verhandlungsgeschick spielen keine Rolle.

Da das Ergebnis einer Auktion verpflichtend ist, sollte der Einkauf im Vorfeld mit den Fachabteilungen verbindlich festlegen, wer aufgrund einer erfolgreichen Qualifizierung zur Teilnahme eingeladen wird. Auch die Beschaffungsziele und das Auktionsdesign sollten schriftlich festgehalten werden. Bekommt in der Auktion ein neuer Lieferant den Zuschlag, wird so vermieden, dass im Nachhinein das Ergebnis infrage gestellt und schließlich doch der Bestandslieferant beauftragt wird.

Wichtig ist, dass alle beteiligten Lieferanten die gleichen Informationen bekommen und nach gleichen Regeln gegeneinander antreten. So sollte es allen Anbietern vorab bekannt sein, ob etwa ein „Last Call“ zum Einsatz kommt. Auch sollten alle Teilnehmer die Wettbewerber sehen können oder eben keiner. Nur bei gleichen Regeln und voller Transparenz werden Lieferanten eine Auktion als seriöses Mittel der Preisfindung wahrnehmen. Diese Erkenntnis machten Milgrom und Wilson ebenfalls bekannt: Ein Auktionssystem, bei dem die Bieter so viel wie möglich wissen, liefert die besten Ergebnisse.

Daher sollten die eingesetzten Varianten immer individuell auf die jeweilige Auktion zugeschnitten sein. Erfolgsentscheidend ist, dass die Ziele, aus denen sich das Auktionsdesign ableitet, konkret und in Kooperation mit den relevanten Fachabteilungen festgelegt werden. Für Lieferanten wiederum sind transparente Vergabekriterien wichtig.

Insbesondere in der aktuellen, durch das Corona-Geschehen geprägten Zusammenarbeit ist die effektive Ansprache von Lieferanten eine Herausforderung. Mit Hilfe der Auktionen kann es gelingen, starr gewordene Strukturen aufzubrechen, mehr Wettbewerb zwischen Lieferanten zu schaffen und neue Partner in die Lieferkette zu holen.

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Online-Auktion: Beschaffungsziele definieren

Ein Erfolgsfaktor für das bestmögliche Ergebnis einer Auktion ist die Vorauswahl der teilnehmenden Lieferanten. Einkäufer müssen daher eine gründliche Vorarbeit leisten, um nur diejenigen Lieferanten einzuladen, die die geforderten Mengen, Preise und Qualitäten auch bereitstellen können.

Plattformen bieten die Möglichkeit, eine Online-Auktion mit individuellen Beschaffungszielen zu gestalten, in denen auch andere Parameter als der Preis eine Rolle spielen. So lassen sich zum Beispiel Qualitätsvorgaben oder die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien integrieren. Einkäufer arbeiten hier mit Boni und Mali: So erhält ein Anbieter, der zum Beispiel hochwertige Qualität bietet oder mit Rezyklaten produziert, einen Bonus, der von seinem Angebotspreis abgezogen wird. Ein Lieferant, dessen Qualität zwar solide, aber nicht hochwertig ist, bekommt einen Preisaufschlag als Malus. Dadurch werden eigentlich nicht vergleichbare Angebotspreise auf Basis gemeinsam definierter Kriterien objektiv vergleichbar.

E-Auction: Wofür geeignet und wofür nicht?

Auktionen sind eine ideale Lösung für Bedarfe, die marktgängig sind, und bei denen keine Engpässe drohen. Notwendig ist darüber hinaus, dass die Produkte oder Dienstleistungen, die per Online-Auktion vom Einkauf beschafft werden sollen, objektiv definiert und beschrieben werden können.

Allerdings schaffen Auktionen – und Online-Auktionen – eher Wettbewerb und Distanz als Nähe. Geht es um sehr spezifische Bedarfe, für die Absprachen und eine gemeinsame Optimierung der Wertschöpfung im Vordergrund stehen, sind individuelle Verhandlungen die bessere Lösung. Auch eine per Online-Auktion angebahnte Lieferantenbeziehung kann später in eine enge Kooperation münden. Ausgangspunkt sollte aber immer der konkrete, objektiv beschreibbare und marktgängige Bedarf sein.

*Dr. Stefan Benett ist Geschäftsführer im Münchner Büro der Unternehmens- und Einkaufsberatung INVERTO und verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung im Bereich Einkauf und Operational Excellence. Darüber hinaus ist er als Geschäftsführer für das Competence Center Procurement Management verantwortlich.


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