Menschen, die im Internet eine Restaurantkritik verfassen, geben durch die Wahl ihrer Worte mehr von sich preis, als man gemeinhin meinen könnte. [...]
Dieser Auffassung sind Wissenschaftler der University of Stanford, die in einer aktuellen Studie fast 900.000 Restaurantkritiken auf dem US-Empfehlungsportal Yelp untersucht haben. „Unser Ziel war nicht Online-Kritiken zu studieren, um zu erfahren, was diese Menschen über die Restaurants sagen, sondern eher was die Kritiken über Menschen aussagen“, sagt Dan Jurafsky, Linguistik-Professor auf Stanford. „Wir studierten die versteckten Botschaften der Menschen. Und untersuchten daher die Art und Weise, wie Wörter und Konnotationen verwendet wurden.“
Die Forscher analysierten die Kritiken unter bestimmten Blickwinkeln: Die Zahl der Wörter, die Verwendung spezieller Pronomen und Wortstämme. Dabei entdeckten Sie, dass positive Kritiken für teure Restaurants sehr oft Metapher für Sex und sinnliches Vergnügen beinhalteten.
Hingegen verwendeten die Kritiken von billigen Restaurants öfter Metapher von Drogen oder Sucht, wobei die Frauen eher zu den Drogenmetaphern neigten als Männer. Negative Kritiken wurden häufig mit der Sprache von traumatisierten Personen vorgetragen und bezogen sich meist auf schlechten Service.
Die Sprache der negativen Yelp-Kritiken war der von traumatisierten Menschen, die an einer Tragödie oder an dem Tod eines geliebten Menschen litten, sehr ähnlich. „Aber egal ob teure oder billige Restaurants, negative oder gute Kritiken. Die Menschen sind sehr darauf bedacht, sich selbst ins Licht zu setzten“, so Jurafsky.
„Die Tatsache, dass viele negative Kritiken auf das ‚Service-Trauma‘ Bezug nehmen, könnte die Restaurants dazu ermutigen, die Kundenzufriedenheit in diesem Bereich zu priorisieren, falls sie es noch tun“, meint Jurafsky. Diese Studie könnte laut dem Experten einen neuen Weg in den Verhaltenswissenschaften ebnen.
Online-Kritiken sind eine wertvolle Quelle, um einen Blick in das Innere der Menschen im Internetzeitalter zu werfen. „Wenn man eine Kritik im Web verfasst, so stellt das immer auch ein Fenster in seine eigene Psyche dar. Und die enorme Zahl an Texten im Web bedeutet, dass Forschern eine riesige Anzahl an Daten über die Denkart der Menschen zur Verfügung steht“, so Jurafsky. (pte)
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