Das Web ist ein Schlaraffenland mit unzähligen schicken Produkten und toll klingenden Angeboten. Mit unseren Tipps vermeiden Sie Ärger und Enttäuschungen. [...]
Nähert sich Ihr Drucker dem Ende seiner Lebensdauer oder hat Ihr Smartphone-Hersteller die SicherheitsUpdates für Ihr bestehendes Gerät eingestellt, muss demnächst ein neues Gerät her. Wenn es um den sofortigen Ersatz eines defekten Geräts geht, haben Sie meist keine große Wahl für den richtigen Zeitpunkt für den Neukauf.
Die Tipps zeigen wir primär am Beispiel elektronischer Produkte. Sie gelten sinngemäß aber auch für alles andere, sei es Bekleidung, Möbel, Spielsachen – oder was man sonst noch alles online kaufen könnte.
Zeitpunkt
Wann lohnt sich ein Neukauf? Sofern ein Gerätedefekt nicht «sofort!» schreit, empfehlen sich einige kluge Erwägungen.
Impulsbremse
Unsere Mailkonten sind immer häufiger Sammelbecken für kommerzielle Angebote aller Art, ob erwünscht oder nicht. Oder Sie treffen beim Lesen eines Onlineartikels auf eine Anzeige zu einem interessant wirkenden Produkt.
Sagt Ihnen das Produkt spontan zu?
Vermeiden Sie unnötige Ausgaben, Enttäuschungen und Abfall, indem Sie sich stets fragen: Wollte ich so ein Produkt schon haben, bevor ich der Werbung begegnet bin? Welches meiner Probleme löst das Produkt? Gibt es ähnliche Produkte, die vielleicht besser oder billiger wären? Oder die aus seriöseren Shops stammen?
Auch wenn die meisten Werbeanzeigen wahrscheinlich seriös sind, empfiehlt es sich, mehr zum Produkt und Shop herauszufinden, bevor Sie zuschlagen.
Neugeräte-Schwemme
Besonders bei teureren Anschaffungen lohnt es sich, die Termine der größten Produktmessen ausfindig zu machen.
So findet etwa jeweils im Januar die weltgrößte Elektronikmesse CES (Consumer Electronics Show) statt. Bei Smartphones ist zusätzlich der MWC (Mobile World Congress) von Bedeutung (jeweils Ende Februar/Anfang März), bei Uhren die Baselworld und die Genfer Messe Watches & Wonders (meist im Frühling).
Und warum sagen wir Ihnen das? Warten Sie mit dem Kauf möglichst bis nach der Veranstaltung. Dies aus zwei Gründen. Vielleicht wird ein Neugerät vorgestellt, das Ihnen besser zusagt als die bereits verfügbaren. Wenn nicht, werden die Vorjahresgeräte im Nachgang der messebedingten Produkt-Schwemme meistens billiger.
Verbrauchsmaterial
Ist noch viel Verbrauchsmaterial für das alte Gerät vorhanden? Wir denken da etwa an Toner- oder Tintenkartuschen. Versuchen Sie rechtzeitig, Ihren allfälligen Toner- oder Tintenkauf anzupassen, damit Sie bei Ankunft des Neugeräts nicht auf einem Berg teurer Nachschubfarbe sitzen.
Gerät und Ausstattung
Jedes Produkt ist das beste, schönste, wertvollste und praktischste – so will Sie das Marketing der jeweiligen Hersteller glauben machen. Nehmen Sie nicht jeden Superlativ für bare Münze!
Testberichte
Verfüttern Sie verschiedenen Suchmaschinen den Begriff Test in Kombination mit dem Produktnamen. Passen Sie aber auf, welche «Tests» Sie finden. Jenen der bekannten Fachmedien können Sie in der Regel trauen.
Wollen Sie sich auf Tests aus seriösen Quellen konzentrieren, suchen Sie bei Ihrem Lieblingsportal (etwa bei pctipp.ch) direkt nach dem Produktnamen. Vielleicht werden Sie schon fündig. Eine weitere Anlaufstelle ist die Webseite testberichte.de.
Als Zusatztipp:
Das Portal geizhals.de dient eigentlich dem Preisvergleich und bezieht sich nur auf Shops in Österreich und Deutschland. Dennoch bringt es auch für Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten einen guten Zusatznutzen.
Suchen Sie auf geizhals.de nach einem bestimmten Produkt. Klicken Sie das gefundene Gerät an. Scrollen Sie an den für uns wenig interessanten Preisen vorbei und klicken Sie auf einen Link wie 7 Testberichte. Hier finden Sie in der Regel einige Tests aus entsprechenden Fachmagazinen, Bild 1. Und die können auch für uns in der Schweiz informativ sein.
Kundenbewertungen
Bei testberichte.de , aber auch bei Amazon und eBay finden Sie Bewertungen von Personen, die ein Produkt (angeblich) gekauft haben. Ich konnte auf verschiedenen Portalen diverse klassische Typen von User-Bewertungen ausmachen: Die minimalistischen im Stil von «Läuft» oder «Völliger Mist».
Ferner epische Verrisse eines Produkts durch User, die das Produkt schlicht nicht verstehen oder es falsch einsetzen (häufig bei App-Bewertungen anzutreffen). Dann natürlich die Lobeshymnen mit fünf Sternen, die dem Hersteller mutmaßlich selbst aus der Tastatur gefallen sind.
Nicht zuletzt die wirklich nützlichen: Einige User verfassen kurz und bündig sachliche, begründete Kurzreviews, listen Pro und Kontra auf und geben eine nachvollziehbare Note. Das Schwierige ist es, diese im Bewertungsgrundrauschen aufzuspüren.
Nichts ist selbstverständlich!
Es gibt Ausstattungsmerkmale, die man für selbstverständlich halten mag. Jeder Fernseher hat doch einen Kopfhöreranschluss und jedes Smartphone eine Benachrichtigungs-LED! Falsch – und beides habe ich selbst schon erlebt (beim Fernseher ist es ein gutes Jahrzehnt her).
Gerade, wenn Sie auf ein angebliches Schnäppchen stoßen, prüfen Sie, welche Ausstattung in genau diesem Modell steckt. Der Grund: Manche Geräte (z. B. Notebooks) werden in verschiedenen Konfigurationen auf den Markt gebracht. Da fehlt dem Schnäppchen-Modell vielleicht der Touchscreen oder es hat weniger RAM oder eine kleinere Festplatte.
Schauen Sie genau hin und achten Sie auf Dinge wie Anschlüsse, Größe, Stellfläche, Touch-Funktionen, Lüfter, WLAN, Bluetooth, Knöpfe, LEDs, Gewicht, Betriebssystem und die erwartete Update-Unterstützung.
Durchlaufen Sie in Ihrem Kopf am besten einmal einen durchschnittlichen Tag oder eine Woche, wie Sie sich das Leben mit dem Gerät vorstellen.
Was soll das Gerät in welcher Situation genau machen und können? Mit welchen Diensten und anderen Geräten wollen Sie es allenfalls verbinden? Beispiele: Soll ein Smartphone bei einer Benachrichtigung blinken?
Dann braucht es eine Benachrichtigungs-LED (die etwa dem Fairphone 4 fehlt). Oder beim Druckerkauf: Muss das Drucken auch ab Smartphone klappen, recherchieren Sie, was der Druckerhersteller dazu sagt. Beispiel: Brother bietet für Android und iOS hierfür die App Brother iPrint&Scan. Prüfen Sie, ob etwa Ihr Wunschdrucker das auch kann, falls Sie das brauchen.
Bei Merkmalen wie Gewicht, Größe, Speicherplatz etc. nutzen Sie auch die Produktfilterfunktionen in Onlineshops, Bild 3.
Damit grenzen Sie die Produkte auf jene ein, die das Gewünschte mitbringen. Zeigen zwei Shops für dasselbe Produkt nicht die gleichen Eigenschaften, buddeln Sie auf der Herstellerwebseite am besten die Liste mit den Spezifikationen aus.
Dort finden Sie oft mehrere Modellvarianten mit unterschiedlichen Details.
Zubehör/Ersatzteile
Die tollste elektrische Zahnbürste nützt Ihnen nichts, wenn Sie nicht auch die Ersatzbürstenköpfe bequem und zeitnah erhalten; Ähnliches bei Staubsaugern und passenden Beuteln, bei Druckern und Tonern oder bei Kaffeemaschinen und Entkalkungstabs.
Versuchen Sie auf Hersteller und Shops zu setzen, von denen Sie zumindest annehmen können, dass diese in zwei Jahren noch da sind. Das ist bei bekannten Läden, die es bereits ein Weilchen gibt, eher der Fall als beim unbekannten Shop, auf den man zufällig in einer Google-Anzeige stößt.
Shops und Preise
Der Preis ist nicht alles. Die Redensart «Wer billig kauft, kauft zweimal» kommt nicht von ungefähr. Zu oft kommt es vor, dass ein No-Name-Produkt zwar die Hälfte vom Marktüblichen kostet, aber auch nach kürzester Zeit im E-Schrott landet.
China-Shopping?
Ob Sie Produkte direkt in China oder in anderen fernen Ländern bestellen wollen, müssen Sie selbst entscheiden. Meist ist der Preis der einzige Grund, der auf den ersten Blick für eine Fernost- oder Übersee-Bestellung spricht.
Es gibt jedoch zahlreiche gute Gründe, davon abzusehen. Erstens haben Sie kaum eine Handhabe, falls Sie über den Tisch gezogen werden. Zweitens betragen die Lieferzeiten bei solchen Bestellungen oft mehrere Wochen. Drittens können Liefer- und Zollkosten den ursprünglichen Preisvorteil zunichtemachen.
Ferner ist ein Umtausch im Fall eines Defekts mindestens schwierig bis unmöglich. Nicht zuletzt ist gerade bei Elektronikprodukten nicht garantiert, dass diese in jeder Hinsicht mit europäischen Produkten, Apps, Sprachen und Stromanschlüssen kompatibel sind.
Fake-Shops
In der freien WWW-Wildbahn sind leider viele Abzocker unterwegs. Manche gehen sogar so weit, dass sie bekannte Shops 1:1 kopieren, inklusive Impressum. Prüfen Sie, ob Sie bei der Suche nach dem Shop-Namen auf unterschiedliche Webadressen stoßen.
Versuchen Sie herauszufinden, welches die echte ist. Spätestens bei der Bezahlmethode sollten Sie aufpassen. Nach Betrug riecht es auf jeden Fall, wenn ausschließlich eine PayPal-Bezahlung via «Freundschaftsüberweisung» möglich ist.
In diesen Fällen wäre nämlich der PayPal-Käuferschutz hinfällig. Ebenfalls zu Stirnrunzeln sollten Shops führen, die Ware ausschließlich gegen Vorauszahlung liefern.
Preise vergleichen
Ist das Wunschprodukt gefunden und in Ihrem Lieblings-Shop nicht erhältlich, klappern Sie einige Preisvergleichsportale ab. Achten Sie je nach Komplexität des Produkts darauf, identische Modelle zu vergleichen. Als nützlich erweisen sich in der Schweiz die folgenden Preisvergleichsportale.
Starten Sie eine Google-Suche nach dem genauen Produkt Namen und klicken Sie oben auf Shopping. Google bietet links eine Spalte mit weiteren Filteroptionen, die allerdings nicht immer Sinn ergeben, Bild 4. Je nach Produkt kann Google aber schon erste Hinweise liefern.
Auch comparis.ch bietet nicht nur einen Tarif-, sondern auch einen leider etwas versteckten Preisvergleich. Klicken Sie auf der Comparis-Webseite oben rechts aufs Hamburger-Menü, entdecken Sie den Menüpunkt Preisvergleich; alternativ rufen Sie comparis.ch/preisvergleich direkt auf.
Nicht zuletzt führt auch das Toppreise-Portal unter toppreise.ch eine Schweizer Niederlassung für den Preisvergleich zahlreicher Schweizer Onlineshops.
Aufgepasst bei «Zeitdruck»
Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen von einem «Preis nur noch gültig bis»-Countdown oder von Aussagen wie «Nur noch 1 Stück zu diesem Preis an Lager».
Das ist ein Trick, mit dem Konsumentinnen und Konsumenten daran gehindert werden sollen, über das Angebot nachzudenken und weitere Preis- oder Produktvergleiche anzustellen.
Dynamische Preise
Gelegentlich unterscheiden sich Preise für ein Produkt im gleichen Shop sogar, wenn Sie zweimal am gleichen Tag nachschauen. Das kann von vielerlei Dingen abhängen, etwa von der Tageszeit oder davon, ob Sie im Shop eingeloggt sind oder nicht, in welcher Gegend der Shop Sie verortet (Zürichberg oder Spreitenbach) oder sogar, ob Sie mit einem teuren Apple-Gerät oder einem billigen Gerät zugreifen.
Aus Schweizer Shops sind mir zwar keine Preismanipulationen in Bezug aufs mutmaßliche Einkommen des Besuchers bekannt. Dennoch sollten Sie diese Tricks mancher Shop-Betreiber kennen. Mehr dazu lesen Sie auch unter pctipp.ch/1224853.
TCO (Total Cost of Ownership)
Unter «Total Cost of Ownership» versteht man die Gesamtsumme der Ausgaben, die der Kauf und der Betrieb eines Produkts bis zu dessen Lebensende kosten.
Erkundigen Sie sich beim Hersteller oder Händler, welches die Verschleißteile oder Verbrauchsmaterialien sind, wie lange diese im Durchschnitt halten und was diese kosten. So sind Sie auf der sicheren Seite.
Umtauschmöglichkeit
Die Hersteller beziehungsweise Händler müssen auf die meisten Geräte zwei Jahre Garantie geben. Tritt in dieser Zeit ein Mangel zutage, haben Sie das Recht auf eine kostenlose Reparatur oder einen Ersatz. Anders verhält es sich beim Umtausch wegen Nichtgefallens.
Während die EU verlangt, ein Produkt innerhalb einer bestimmten Frist umtauschen zu dürfen, fehlt den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten diese Option. Sie sind allein auf den Goodwill der Händler angewiesen.
Prüfen Sie allenfalls in den AGB, wie der Händler die Sache mit dem Umtausch handhabt. Meistens werden originalverpackte Produkte zurückgenommen, wenn man den Umtausch innerhalb einer Woche in die Wege leitet.
Tipp zum Schluss
Haben Sie ein Gerät ersetzt, geben Sie das alte Gerät ins Recycling. Das können Sie hierzulande bei jedem Händler tun, der gleichartige Produkte verkauft. Schließlich haben Sie VEG (Vorgezogene Entsorgungsgebühr) dafür bezahlt.
Vergessen Sie auch nicht, allenfalls Batterien, SIM- oder Speicherkarten oder Datenträger wie DVDs aus dem Gerät zu nehmen, bevor Sie es ins Recycling geben oder verkaufen. Es wäre nicht das erste PlayStation-3-Spiel, das auf diesem Weg unfreiwillig einen neuen Besitzer findet oder verloren geht.
Ebenfalls wichtig: Löschen Sie wenn möglich alle Ihre Daten auf alten Geräten und Datenträgern vor dem Entsorgen.
*Gaby Salvisberg ist Autorin bei PCtipp.ch.
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