Österreich: Neuer Vorstoß in Richtung Vorratsdatenspeicherung

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach sich wieder für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Österreich aus. "Es geht hier um Kampf gegen Terrorismus und Aufklärung schwerster Kriminalität, da braucht es auch die notwendigen Instrumentarien für die Polizei", so Mikl-Leitner. Man müsse das Instrumentarium anpassen, denn wir befänden uns "in einem neuen Zeitalter". Auch ein nationaler Alleingang wurde dabei nicht ausgeschlossen, obwohl es zuvor noch hieß, man werde die Entwicklung auf gesamteuropäischer Ebene abwarten. [...]

Der aktuelle Vorstoß von Mikl-Leitner, den sie heute in einem Interview mit dem Ö1 Morgenjournal über den Äther schickte, passiert mit Rückenwind aus Deutschland, wo letzte Woche ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) beschlossen wurde. Telekommunikationsunternehmen, Internetprovider und andere Zugangsanbieter werden dort nun dazu verpflichtet, die Verkehrsdaten zehn Wochen lang zu speichern. Standortdaten, die bei der Nutzung von Mobildiensten anfallen, sollen vier Wochen lang gespeichert werden. Als Verkehrsdaten gelten die Rufnummern bei der Telefonie, die im Internet genutzte IP-Adresse und der Standort, wenn ein Mobilgerät für beispielsweise den Versand einer SMS genutzt wird.

SPÖ UND GRÜNE „NOT AMUSED“

Die ÖVP-Ministerin braucht für eine Einführung natürlich auch die Zustimmung des Koalitionspartners SPÖ. Doch dort ist man von der Idee wenig begeistert: Andrea Heigl, Pressesprecherin von Technologie- und Telekommunikationsminister Alois Stöger (SPÖ), erklärte dazu gegenüber dem Nachrichtenportal futurezone: „Wir wollen das nicht. Dass Deutschland die Vorratsdatenspeicherung wieder einführt, ist für uns kein Grund, hier nachzuziehen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Grundrechte zu schützen: Nicht jeder Mensch ist potenziell ein Verdächtiger.“

Nicht nur die SPÖ ist „not amused“. Auch der Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, lehnt den Vorschlag von Johanna Mikl-Leitner ab: „Von der EU-Kommission wurde einem Neuanlauf der Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene eine Absage erteilt. Mikl-Leitner sollte sich daher die Urteile des Verfassungsgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs genauer ansehen.“ Die Innenministerin ignoriere völlig, dass die Vorratsdatenspeicherung keine Präventivmaßnahme im Kampf gegen Terror sei und auch zur Klärung schwerster Verbrechen faktisch keinen Beitrag geleistet habe, so Steinhauser.

VERFASSUNGSWIDRIG

„Eine neue VDS wäre sowohl europarechtswidrig als auch verfassungswidrig“, stellte letzte Woche im Zuge unserer Berichterstattung über das deutsche VDS-Gesetz Lukas Feiler, IT-Rechtsexperte von Baker & McKenzie in Wien, im Gespräch mit Computerwelt.at klar. Schon damals befürchtete er, dass Österreich trotzdem nachziehen werde: „Was auch immer der deutsche Gesetzgeber – gerade im Bereich der Vorratsdatenspeicherung, aber auch in anderen Bereichen des Internetrechts – tut, dem folgt der österreichische Gesetzgeber meistens sehr bereitwillig. Und dass das österreichische Innenministerium schon lange vorhat, einen neuen Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung zu starten ist hinlänglich bekannt“, so der IT-Rechtsexperte.

Damals äußerte er gegenüber Computerwelt.at aber auch die Befürchtung, dass es diesmal klappen könnte, denn: „Als der EuGH das Gesetz das letzte Mal aufgehoben hat, war Snowden in aller Munde. Jetzt hingegen ist die IS in aller Munde und die Aufdeckungen von Snowden im Rückspiegel verschwunden.“ (rnf)


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