Österreichischer Satellit greift nach den Sternen

Seit 23. Juni 2017 befindet sich der österreichische Nanosatellit Pegasus im Orbit und erforscht die Thermosphäre. Erste Daten werden bereits ausgewertet. [...]

Pegasus ist ein Nanosatellit mit den Kantenlängen 10x10x20cm (2U CubeSat) und einer Masse von 2kg. In mehr als vierjähriger Arbeit wurde der Satellit von einem Team bestehend aus der Fachhochschule Wiener Neustadt, dem TU Wien Space Team und der Space Tech Group (STG) entwickelt. 
Der Satellit ist Teil des QB50 Projekts, welches zum Ziel hat, durch ein Netzwerk von 36 Kleinsatelliten nähere Informationen über die am wenigsten erforschte Schicht der Erdatmosphäre, die so genannte Thermosphäre, zu erhalten. Die 36 Satelliten wurden von Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus 23 verschiedenen Ländern rund um den Globus entwickelt. Pegasus ist der österreichische Beitrag dazu.
Pegasus wird im Netzwerk der QB50-Satelliten die Thermosphäre in ca. 200-500 km Höhe erforschen. Über diesen wichtigen Teil der Erdatmosphäre ist derzeit nur wenig bekannt. Jedenfalls schützt er vor energiereicher, also gesundheitsschädlicher Strahlung. Nur wenige Forschungsmissionen wurden bisher in dieser Höhe geflogen, da die Reibung der dünnen, aber immer noch vorhandenen Restatmosphäre die Satelliten bereits nach wenigen Monaten zum Absturz bringen würde. Wird ein großer und daher teurer Satellit eingesetzt, ergibt sich eine kurze wie auch kostspielige Mission. 

Die Testumgebung im Forschungslabor. Foto: Thomas Dorn

Zusätzlich zur Redundanz bietet der Einsatz eines Netzwerks von Kleinsatelliten gegenüber Einzelmissionen den Vorteil, dass auf gleichzeitige Messdaten von vielen Messpunkten zurückgegriffen werden kann. Das erhöht die wissenschaftliche Aussagekraft der Daten und hilft dabei, etwaige Messfehler auszusortieren. Atmosphärische Modelle, die z.B. für Wettervorhersagen oder Veränderungen der Ozonschicht herangezogen werden, sollen durch diese Messdaten spezifischere Informationen liefern können.
Die Mission
Um 05:59 (MESZ) verließ Pegasus gemeinsam mit 30 anderen Satelliten an Bord der vierstufigen indischen Trägerrakete PSLV-C38 das Satish Dhawan Space Centre in Indien. 23 Minuten nach dem Start wurde Pegasus in seine Umlaufbahn ausgesetzt. Die Überflughöhe des Satelliten beträgt 519 km und die Inklination 97,44°. Er ist dabei mit einer Geschwindigkeit von rund 27.000 km/h unterwegs und benötigt etwas mehr als 90 Minuten um die Erde einmal zu umkreisen. „Sein Orbit führt den Satelliten schräg über beide Pole, was den Vorteil hat, dass für Pegasus die Nacht sehr kurz ist, ungefähr 20 bis 25 Minuten, die restliche Zeit scheint für ihn die Sonne“, so Michael Taraba von der Space Tech Group, „dadurch kann sehr viel Energie über die Solarzellen des Satelliten gewonnen werden, was für das reibungslose Funktionieren der Systeme und Komponenten an Bord des Satelliten sehr wichtig ist“. 
Bereits um 09:06 konnte das erste Telemetrie-Signal von der STG Bodenstation in Langenlebarn (NÖ), empfangen werden. Kurz danach wurde auch an der FH Wiener Neustadt Kontakt zum Satelliten hergestellt. „Die Auswertung der unzähligen empfangenen Telemetrie Pakete wird noch einige Zeit dauern“, so Michael Taraba, „aber auf den ersten Blick könnten die Werte nicht besser sein“. 
Die nächste Herausforderung für das Pegasus Team ist der Aufbau einer stabilen Kommunikation zum Satelliten. Bis jetzt sind drei Subsysteme in Betrieb: die Stromversorgung, der On-Board Computer und die Kommunikationseinheit. Mit Hilfe von Kommandos, die von den Bodenstationen zum Satelliten gesendet werden, werden nun nach und nach die weiteren Komponenten an Bord des Satelliten eingeschaltet und getestet, bevor sie in Betrieb genommen werden. Dies betrifft das Attitude Control System, welches die Lage des Satelliten stabilisiert, die GPS Einheit, die für verbesserte Positionsdaten sorgt, sowie das wissenschaftliche Instrument und die Triebwerke des Satelliten.
Die Forschungsteams rund um Pegasus & deren Beiträge
Um einen Satelliten zu entwickeln, benötigt es viele Partner mit ebenso vielen Kompetenzen. Aus diesem Grund haben sich die FH Wiener Neustadt und ihr Forschungsunternehmen FOTEC, das Space Team der TU Wien und die Space Tech Group zusammengeschlossen, um die herausfordernden Aufgaben zur Entwicklung von Pegasus gemeinsam zu meistern. Bis auf das GPS und die Antenne wurden alle Systeme in Österreich entwickelt, gebaut und implementiert.
„Wir leben in einer Zeit, wo es unendlich viel Hardware gibt. Das Zusammenbauen dieser Hardware zu einem Satelliten erfordert allerdings viel technisches Knowhow und größte Fertigkeit bei dessen praktischer Anwendung. Das ist der eine Teil, den die StudentInnen des TU Space Teams und die Space Tech Group wunderbar gemeistert haben“, meint Chefentwickler Thomas Dorn im Interview mit der Computerwelt.
„Der andere Teil ist die Software, die all diese Hardwareteile miteinander kommunizieren lässt. So war es Aufgabe der STG nicht nur eine Funkstation aus dem Satelliten zu machen, sondern auch saubere Protokolle zu liefern und Bodenstationen auszurüsten, um mit dem Satelliten zu kommunizieren. Daher gibt es jetzt ein Netzwerk aus Bodenstationen von Vorarlberg bis Wien, die den Satelliten tracken. Die Daten werden zusammengefasst und in einem mehrstufigen Prozess ausgewertet“, so Dorn weiter.
Kurz vor Fertigstellung gab es noch einmal einen Supergau: Die von QB50 gelieferte Wissenschaftseinheit musste aufgrund eines Defekts zu einem Zeitpunkt ausgetauscht werden, wo es bereits hieß: noch 14 Tage bis zur Abgabe! Stress pur – die Nächte wurden länger, aber eine neue Einheit konnte noch rechtzeitig in das System eingebunden werden. „Wir hoffen, dass wir dem QB50-Projekt mit dem Satelliten PEGASUS viele wertvolle Daten liefern können“, so Dorn. 
Pegasus wird finanziert von der Fachhochschule Wiener Neustadt, dem Land Niederösterreich und zahlreichen privaten Sponsoren.


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