Immer mehr Unternehmen verfolgen in der digitalisierten Produktion automatisch die Position und die Zustände von Produktionsmitteln im Betrieb – und können mit der Technik auch die Position der Mitarbeiter*innen erfassen. [...]
Das kann die Arbeitssicherheit erhöhen, wirft aber auch Fragen zum Umgang mit persönlichen Daten auf. Ein von der Arbeiterkammer Niederösterreich finanziertes Projekt der Fachhochschule St. Pölten gemeinsam mit der TU Wien und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA untersucht, wie die Privatsphäre der Mitarbeiter*innen beim Einsatz von solchen Systemen geschützt werden kann.
Im Zuge der digitalen Vernetzung in der Industrie 4.0 werden Tracking-Systeme immer bedeutender. Sie erfassen mittels Funktechnologien wie WLAN, Bluetooth oder RFID die Position von Gegenständen im Betrieb, etwa von Transportmitteln, Werkzeugen und Ladungsträgern wie Paletten und Gitterboxen. Damit lassen sich Produktionsabläufe besser nachverfolgen.
„Das Aufzeichnen und Nutzen echtzeitnaher Positions- und Zustandsdaten – sogenanntes ‚Asset Tracking‘ – ist in vielen Industriezweigen bereits Standard. Der Einsatz dieser Nachverfolgungssysteme wird in Zukunft sicher noch häufiger werden“, erklärt Christian Jandl, Forscher am Institut für Creative\Media/Technologies der FH St. Pölten.
Die eingesetzte Technik ermöglicht aber auch neue Wege zum Erfassen und Auswerten des zeitlichen Positionsverlaufes von Mitarbeiter*innen, sogenanntes Mitarbeiter*innen-Tracking. Das kann einerseits aktiv geschehen, um die Arbeitssicherheit an gefährlichen Arbeitsplätzen zu erhöhen oder um Mitarbeiter*innen im Falle eines Unfalls zu lokalisieren. Die Systeme könnten aber auch passiv Positionsdaten von mobilen Geräten der Mitarbeiter*innen wie Smartphones und Smartwatches ohne deren Zustimmung ermitteln.
Private Daten schützten und nur mit Zustimmung abfragen
„Daten zum Standort der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind sensible Informationen. Aus Sicht der Privacy sollten die Informationen nur bei Zustimmung durch und Mehrwert für die betroffenen Personen erhoben werden“, sagt Thomas Moser, Leiter der Forschungsgruppe Digital Technologies am Institut für Creative\Media/Technologies der FH St. Pölten.
Das Forschungsprojekt „SensiTrack – Tracking vs. Privacy in der Arbeitswelt 4.0“ untersucht vor allem zwei Fragen: Wie kann gewährleistet werden, dass die Nutzung von Lokalisierungsdiensten keine Datenschutzprobleme verursacht, und welche Maßnahmen ermöglichen, die positiven Aspekte der neuen Technologie sinnbringend für Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen einzusetzen.
Test in Pilotfabrik der TU Wien und Workshops für Unternehmen und Betriebsräte
Das Projekt entwickelt Maßnahmen, die es ermöglichen sollen, die positiven Aspekte der Technologie hinsichtlich der Arbeitssicherheit zu unterstützen, aber das Potenzial zur Überwachung der Arbeitnehmer*innen bewusst einzuschränken. Das betrifft Maßnahmen im Bereich der Speicherung und Verarbeitung von Daten, aber auch die Einführung neuer Prozesse in den Betrieben.
„Mitarbeiter*innen-Tracking ist als Balanceakt zu sehen und erfordert großes Vertrauen seitens der Mitarbeiter*innen und größtmögliche Transparenz auf Seiten der Arbeitgeber*innen“, bemerkt Martina Hartner-Tiefenthaler vom Institut für Managementwissenschaften an der TU Wien. Daher untersucht das Projektteam, welche Einflussfaktoren es auf die Akzeptanz der Mitarbeiter*innen beim Einsatz von Trackingsystemen gibt und wie vertrauenswürdige Tracking-Systeme aussehen können. So können Richtlinien für Unternehmen formuliert werden, die Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen für das Thema sensibilisieren.
Vor Kurzem nahmen 80 Testpersonen an einem Experiment in der Pilotfabrik der TU Wien in der Seestadt Aspern im Rahmen des Projekts teil. Die Ergebnisse des Tests werden nach der Auswertung der Arbeiterkammer Niederösterreich zur Verfügung gestellt, zum Beispiel in Workshops mit Betriebsräten. Geplant sind die Workshops im Frühjahr 2021.
Projekt Sensitrack
Die FH St. Pölten führt das Projekt gemeinsam mit dem Institut für Managementwissenschaften der TU Wien und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA durch. Finanziert wird das Projekt von der AK Niederösterreich über den Projektfonds Arbeit 4.0.
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