Generative künstliche Intelligenz (GenAI) verändert laut einer aktuellen Studie des Project Management Institute (PMI) grundlegend, wie Projekte geplant und umgesetzt werden. IT Welt.at hat sich die Studie angesehen. [...]

Die Untersuchung mit dem Titel „The Project Professional’s GenAI Journey: From Quick Wins to Leading the Transformation“ basiert auf einer weltweiten Befragung von 2.000 Projektverantwortlichen und beleuchtet die zunehmende Bedeutung von GenAI im Projektmanagement. Dabei zeigt sich: Erste Erfolge durch automatisierte Routineaufgaben sind häufig, doch das Potenzial reicht weiter – bis hin zu tiefgreifenden strukturellen Veränderungen in Unternehmen.
Von schnellen Erfolgen zum strategischen Wandel
Viele Projektverantwortliche nutzen GenAI bereits für einfache Aufgaben wie das Erstellen von Besprechungsnotizen oder die Recherche – Anwendungen, die rasch Effizienzgewinne bringen. Diese sogenannten „Quick Wins“ stellen jedoch nur den Anfang dar. Die Studie zeigt, dass bei tiefergehender Nutzung – etwa bei komplexeren Tätigkeiten wie Entscheidungsunterstützung oder Kostenmanagement – deutlich höhere Produktivitätssteigerungen möglich sind.
Dafür bedarf es zweier zentraler Voraussetzungen: technischer und fachlicher Preparedness (Vorbereitung) sowie der persönlichen Initiative zum kontinuierlichen Lernen, Experimentieren und Kollaborieren.
Zwei Nutzergruppen: Explorers und Trailblazers
Die Studie unterscheidet zwischen zwei Gruppen: Explorers, die GenAI bei bis zu 15 Prozent ihrer Projekte einsetzen, und Trailblazers, die GenAI bei mehr als der Hälfte ihrer Projekte integrieren. Letztere erreichen laut PMI signifikant höhere Produktivitätsgewinne – bis zu 16-mal häufiger als die weniger aktiven Nutzer.
Besonders auffällig: Trailblazers zeichnen sich durch eine hohe technologische Neugier, einen experimentierfreudigen Umgang mit neuen Tools und ein starkes Projektmanagement-Knowhow aus. Sie setzen sich intensiv mit der Funktionsweise von GenAI auseinander, erkennen relevante Einsatzmöglichkeiten und nutzen gezielt Fachwissen, um realistische Anwendungsfälle zu entwickeln.
Technologische Neugier und Beharrlichkeit als Erfolgsfaktoren
Ein zentrales Merkmal der erfolgreichen Anwender ist ein sogenannter Tech-curious Mindset. Fast die Hälfte der Trailblazers bezeichnet sich selbst als Pioneers, also als besonders technologieoffen und innovationsfreudig. Diese Anwender experimentieren regelmäßig mit neuen GenAI-Methoden, während fast ein Drittel der Explorers neue Anwendungen selten ausprobiert.
Dabei sind technische Grundkenntnisse von Vorteil, aber keine zwingende Voraussetzung. Entscheidend ist vielmehr das Interesse an digitalen Technologien und die Bereitschaft, sich fehlendes Wissen aktiv anzueignen. Einige Befragte berichten, sie hätten sich durch Online-Kurse, interne Lernplattformen oder den Austausch mit Experten notwendige Grundlagen selbst erarbeitet.
Organisationen als Beschleuniger oder Bremse
Auch das Umfeld beeinflusst den GenAI-Erfolg maßgeblich. In sogenannten Peak Organizations – also Unternehmen mit klaren Strategien, Governance-Strukturen und gezielten Ressourcen für GenAI – berichten bis zu 46 Prozent der Befragten von erheblichen Produktivitätssteigerungen. In Foundational Organizations, die erst am Anfang der GenAI-Integration stehen, sind es nur fünf Prozent.
Gleichzeitig zeigt sich: Auch in wenig unterstützenden Umfeldern erzielen engagierte Einzelpersonen Fortschritte – wenngleich unter höherem persönlichen Aufwand und mit dem Risiko, mittelfristig das Unternehmen zu verlassen, wenn dort kein struktureller Wandel erfolgt.
Fachwissen bleibt essenziell – auch im KI-Zeitalter
GenAI kann Projektmanagement nicht ersetzen, sondern fungiert als Unterstützung. Für eine wirksame Anwendung ist es unerlässlich, über solides Fachwissen und Projekterfahrung zu verfügen. Projektverantwortliche mit zwei oder mehr Zertifizierungen nutzen GenAI deutlich effektiver als Kollegen ohne formale Qualifikation. Wichtig ist auch ein sicheres Urteilsvermögen, um potenzielle Fehlinterpretationen durch KI-Modelle – sogenannte Halluzinationen – zu erkennen und zu korrigieren.
Selbstbestimmtes Lernen dominiert
Der Lernprozess zur GenAI-Nutzung ist bei vielen Teilnehmenden selbstinitiiert. Zwar bieten viele Organisationen mittlerweile Workshops, Seminare oder Expertenrunden an, doch den größten Teil der Entwicklung übernehmen die Fachkräfte selbst. Sie probieren Tools eigenständig aus, nutzen Online-Ressourcen und informieren sich über Fachliteratur. Diese Eigenverantwortung hebt insbesondere die Trailblazers von den übrigen Nutzern ab.
Komplexe Anwendungsfälle bringen den größten Nutzen
Die größten Produktivitätsgewinne erzielen jene, die GenAI für anspruchsvolle Aufgaben wie Risikomanagement, Entscheidungsfindung, Talentsteuerung oder Budgetplanung einsetzen. Diese Anwendungen erfordern ein fundiertes Verständnis der Aufgaben und eine präzise Formulierung der Anforderungen an die KI – was wiederum technisches Knowhow und Fachwissen voraussetzt.
Fünf Empfehlungen für Projektverantwortliche
Die Studie empfiehlt, den eigenen GenAI-Weg aktiv zu gestalten:
- Lernpfad eigenverantwortlich gestalten: Durch Online-Kurse, Fachliteratur und Peer-Austausch lässt sich Knowhow zielgerichtet aufbauen.
- Experimentieren und iterieren: Die Bereitschaft, Fehler zu machen und daraus zu lernen, ist entscheidend.
- Ressourcen aktiv einfordern: Auch wenn die Organisation keine Angebote bereitstellt, lohnt sich das Nachfragen und Aufzeigen von Potenzialen.
- Vorbildfunktion übernehmen: Wer GenAI erfolgreich einsetzt, sollte seine Erfahrungen mit anderen teilen und zum Kulturwandel beitragen.
- Strategischen Mehrwert schaffen: GenAI sollte zur datenbasierten Entscheidungsfindung und Effizienzsteigerung beitragen – und damit die eigene Rolle im Unternehmen stärken.
Das Fazit der ITWelt-Redaktion
Die PMI-Studie unterstreicht, dass generative künstliche Intelligenz das Projektmanagement nicht nur effizienter machen, sondern langfristig auch grundlegend verändern könnte. Erfolgreich sind dabei vor allem jene Fachkräfte, die sich frühzeitig mit der Technologie auseinandersetzen, kontinuierlich dazulernen und bereit sind, neue Wege zu gehen. Organisationen, die diesen Wandel aktiv unterstützen, können sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil sichern.
Die Studie kann hier heruntergeladen werden.
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