Post Corona: was bleibt von den neuen Freiheiten?

85 Prozent der Mitarbeiter und Führungskräfte glauben, dass Home Office und mobile Arbeit sich als alternative Arbeitsform etabliert haben und dass digitale Kommunikationstools zukünftig zum Alltag gehören. [...]

Für die Post- Corona-Zeit wünschen sich drei Viertel der Mitarbeiter ein hybrides Modell aus Büro und Home Office. (c) Nattakorn - stock.adobe.com

Es begann wie ein ungeplantes Experiment: Plötzlich mehr Flexibilität, Home Office, Video-Meetings, Vertrauen und ergebnisorientierte Arbeit. Die Krise hat die Arbeitswelt grundlegend verändert. „Plötzlich brechen verkrustete Strukturen auf – der Druck von außen hat vielerorts für einen Wandel gesorgt“, analysiert Martin Beims, geschäftsführender Gesellschafter der aretas GmbH. Doch wie sieht diese neue Normalität eigentlich aus? „Eines steht fest: Die gänzliche Rückkehr zu alten Mustern wird es nicht geben. Dämme brachen und New Work wurde selbst dort zum Thema, wo es bisher kaum jemand erwartet hatte.“ Doch sind die Neuerungen wirklich gekommen, um langfristig zu bleiben?

Remote erobert die Teams

Als wirklich neu erweisen sich die Veränderungen der Arbeitswelt nicht: Home Office, Konferenzen per Video und mobile Arbeit gab es vor der Corona-Krise auch schon. „Neu war hingegen der Zwang, sich großflächig mit diesen Themen zu beschäftigen und Lösungen für die Weiterführung der täglichen Arbeit anzubieten. Die Pandemie warf gewohnte Muster über Bord und Unternehmen mussten sich für neue Arten des Arbeitens öffnen“, berichtet Roland Fleischer, Mitbegründer der aretas GmbH. In der heißen Phase im Frühjahr nutzten über 40 Prozent der Beschäftigten die Option, regelmäßig aus dem Home Office heraus zu arbeiten, gleichzeitig nahm die Akzeptanz dieser flexibleren Arbeitsform erheblich zu und ganze 75 Prozent der Neulinge im Bereich Remotework gaben an, die neue Möglichkeit sehr zu schätzen zu wissen. Für die Post- Corona-Zeit wünschen sich drei Viertel ein hybrides Modell aus Büro und Home Office. „Auch nach der Corona-Krise hat die flexiblere Art zu arbeiten eine echte Chance auf Fortführung“, sagt Fleischer.

Führung auf Distanz

Tief verwurzelt war die Präsenzkultur – doch mit der Zeit und der Erkenntnis, dass flexibleres Arbeiten funktionieren kann, wandelt sich auch langsam das Verständnis von Arbeit. „Zu beobachten ist in dem Zuge eine Entwicklung weg von der 40-Stunden-Anwesenheits-Woche zu einer stärker ergebnisorientierten Bewertung von Zeit“, betont Beims. „Es geht im Kern um die Erfüllung von vereinbarten Zielen und weniger darum, wo und wann die Ergebnisse entstehen.“

Langfristig kann sich dieses Modell aber nur durchsetzen, wenn sich die Führung wandelt, das meint auch der aretas-Geschäftsführer: „Besonders für hierarchisch gewachsene Unternehmen bedeutet dies eine einschneidende Umstellung, speziell was die Führung und Zusammenarbeit betrifft. Agile Arbeitsformen benötigen einen kooperativen Führungsstil: Vertrauen, Verantwortung, Empathie und Freiräume spielen hierbei eine große Rolle.“

Krisenbedingt hat sich bereits einiges getan – das Mindset vieler Führungskräfte beginnt sich mehr oder weniger gezwungenermaßen zu verändern. Die Rolle der Führung verschiebt sich stärker in Richtung Leadership, die Aktivitäten in Richtung Moderation, Motivation und Mentoring. Diese Entwicklung verlangt wiederum mehr Selbstmanagement und Eigenverantwortung von den Teams. Corona hat den Stein ins Rollen gebracht – doch was bleibt zukünftig von mehr Führungsintelligenz, Empathie und Selbstbestimmung?

Back to normal oder New Work für immer?

Enden die neuen Errungenschaften vielleicht schneller als sie sich überhaupt durchsetzen konnten? Dagegen spricht: Die Fähigkeiten der Gegenwart sind auch in Zukunft gefragt. Zusätzlich dazu haben mittlerweile Mitarbeiter und Führungskräfte die Vorteile erkannt, 85 Prozent glauben, dass Home Office und mobile Arbeit sich als alternative Arbeitsform etabliert haben und dass digitale Kommunikationstools zukünftig zum Alltag gehören. „In der Arbeitswelt von morgen geht es daher um mehr Selbstständigkeit, Selbstorganisation, Verantwortung und Vertrauen. Alle Beteiligten entfalten ihre Potenziale und gestalten das Unternehmen maßgeblich mit“, führt Fleischer aus. Zukunftsorientiertes Leadership setzt auf einen moderierenden und auf den Kunden ausgerichteten Stil. So lassen sich Mitarbeitern Freiräume geben, vernetzte und agile Teams arbeiten selbstbestimmt.

„Wünschenswertes Ziel ist eine Kultur der Offenheit in Bezug auf Spielräume, in denen Kreativität und Innovation gedeihen können“, fasst Beims zusammen. „Das wirkt sich positiv sowohl auf den Einzelnen als auch auf die gesamte Organisation aus. Daher kommt daran in Zukunft – auch nach der Krise – fast keiner mehr vorbei.“


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*