Die Privatkopie ist ein Auslaufmodell

In den 1980er und 1990er Jahren war es üblich, Musik oder Filme für den Eigenbedarf auf selbstgebrannten CD oder DVDs zu kopieren – als Sicherungskopie falls die Original-CD Schaden nimmt bzw. um diese zu schützen. Diese Zeiten sind laut Bitkom offenbar vorbei. [...]

CDs brennen wird kaum mehr gemacht. (c) Mahesh Patel / Pixabay
Musik oder Videos auf CDs brennen wird kaum mehr gemacht. (c) Mahesh Patel / Pixabay

In den vergangenen zehn Jahren hat die Bedeutung dieser sogenannten Privatkopien stark abgenommen, hat eine repräsentativen Bevölkerungsumfrage des deutschen Digitalverbandes Bitkom ergeben. So kopierte im Jahr 2010 gut jeder vierte Deutsche (27 Prozent) zumindest hin und wieder Videoinhalte, beispielsweise von DVDs. Inzwischen machen dies nur noch sechs Prozent häufig, neun Prozent hin und wieder. Zwei Drittel (65 Prozent) machen dies nie.

Bei den Musik-CDs vervielfältigte vor zehn Jahren noch mehr als jeder Fünfte (22 Prozent) zumindest hin und wieder, heute sind es nur noch neun Prozent (davon häufig gar nur noch zwei Prozent). Und drei von vier (75 Prozent) sagen im Jahr 2020: Ich kopiere nie Musik-CDs. Die klassische Privatkopie – eine Aufnahme aus dem Radio – ist heute fast vollständig verschwunden. Nur noch vier Prozent der Bundesbürger sagen, dass sie zumindest hin und wieder solche Aufnahmen anfertigen. Selbst TV-Sendungen werden kaum noch aufgezeichnet: Zwölf Prozent zeichnen häufig TV-Inhalte auf, 19 Prozent hin und wieder. Und auch hier hat das Interesse abgenommen: Vor zehn Jahren zeichneten noch zwei von fünf (39 Prozent) zumindest hin und wieder TV-Inhalte auf. „Verbraucher machen immer seltener Privatkopien, weil es bessere und bequemere Alternativen gibt“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „Gerade junge Menschen, die vor kurzem noch CD-Rohlinge im 100er Pack kauften, wissen heute überhaupt nicht mehr, was eine Kopie ist. Für Musik und Videoinhalte gibt es eine Vielzahl an Streaming-Anbietern, die Millionen Inhalte jederzeit und überall verfügbar machen. Das rechtliche Konstrukt der Privatkopie hat seine praktische Relevanz verloren.“

Das Erstellen einer Privatkopie hat in den letzten Jahren dramatisch abgenommen. (c) Bitkom

Bitkom fordert Reform der Verbraucherabgaben für Privatkopien

Das sehen auch die Verbraucher so. Sieben von zehn Bundesbürgern (70 Prozent) sagen, dass Streaming-Angebote das Kopieren von CDs und DVDs überflüssig machen. Zudem werden nach Ansicht der allermeisten Verbraucher (89 Prozent) CDs und DVDs in zehn Jahren völlig an Bedeutung verloren haben.

Bisher wird das legale Kopieren von urheberrechtlich geschützten Inhalten wie Musik, Film, Foto oder Text für den privaten Gebrauch durch Urheberabgaben abgegolten. Die Pauschalabgaben werden u.a. auf Smartphones, Notebooks, PCs und Drucker fällig. Hersteller und Importeure sind verpflichtet, die Abgaben einzupreisen und damit Verbrauchern indirekt das unterstellte private Kopieren zu berechnen. So werden in Deutschland für ein Notebook 13,19 Euro, für ein Smartphone 6,25 Euro, ein Tablet 8,75 Euro und ein Multifunktionsdrucker je nach Geschwindigkeit sogar bis zu 87,50 Euro fällig. Für die Erhebung und Ausschüttung an die Urheber sind Verwertungsgesellschaften wie die GEMA oder VG Wort zuständig, die ihrerseits ca. 10 Prozent der Abgaben als Verwaltungskosten für sich einbehalten.

Das über fünfzig Jahre alte System der Pauschalabgaben auf Geräte und Medien ist aus Bitkom-Sicht überholt. Auch die deutsche Bundesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, dieses Modell anzupassen. „Das derzeitige System mit seinen starren Abgabensätzen geht am Nutzerverhalten völlig vorbei. Wer nicht kopiert, sollte auch keine Kopierabgabe zahlen müssen“, fordert Rohleder. Die Bundesregierung müsse ihren Worten Taten folgen lassen und eine faire Lösung vorschlagen. „Wir brauchen ein zukunftsorientiertes Abgabenmodell. Niemand sollte für Leistungen zahlen müssen, die er gar nicht in Anspruch nimmt. Mit ihrem Fonds-Modell machen uns die skandinavischen Länder vor, wie Urheberrechte zeitgemäß vergütet werden können.“

Abgaben in Österreich

In Österreich gehen die Urheberrechtsabgaben bis auf Leerkassettenvergütung zurück, die um die Speichermedienvergütung und Festplattenabgabe für die neuen Medien erweitert wurde. Die Tarife betragen nach Angabe der WKO 2,50 Euro für integrierte Speicher in Mobiltelefone; 3,75 Euro für integrierte Speicher in Tablets; 5 Euro für integrierte Speicher in PC, Desktop Computer, Notebook, SubNotebook, Ultrabook, Netbook, Laptop; 4,50 Euro für Festplatten als Einzelspeichermedium; 0,35 euro für externe Speicherkarten; 2 Euro für digitale Bilderrahmen; und 1 Euro für Smartwatches. Für die Einhebung ist die Verwertungsgesellschaft Austro Mechana zuständig.


Mehr Artikel

News

Bad Bots werden immer menschenähnlicher

Bei Bad Bots handelt es sich um automatisierte Softwareprogramme, die für die Durchführung von Online-Aktivitäten im großen Maßstab entwickelt werden. Bad Bots sind für entsprechend schädliche Online-Aktivitäten konzipiert und können gegen viele verschiedene Ziele eingesetzt werden, darunter Websites, Server, APIs und andere Endpunkte. […]

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*