proAlpha setzt auf Datenbrillen

Neben großen Playern wie SAP oder Accenture beginnen sich auch mittelständische IT-Anbieter und ihre Klientel für die Einsatzmöglichkeiten von Smartglasses im Business zu interessieren. So auch die ERP-Schmiede proAlpha Software AG, die hier einen großen Zukunftsmarkt sieht. [...]

„Um weiter zu wachsen, müssen wir konsequent Themen verfolgen, die Mittelständler bewegen“, begründet Dr. Friedrich Neumeyer, CEO der proAlpha Software AG, im CW-Gespräch das Engagement seines Unternehmens im Bereich Smartglasses. Aktuell seien hier zwei Themen besonders gefragt: Industrie 4.0 – hierzu engagiere sich proAlpha im Forschungsverbund SmartFactory mit dem Fraunhofer Institut in Kaiserslautern – und das Thema Mobilität.

Bei Mobility handle es sich um eine Technologie, die man sich zum einen leisten könne, erklärt der proAlpha-Mann, zum anderen eine signifikante Welle an Produktivitätsgewinnen verspreche, die viele Mittelständler – wie erste Pilotprojekte gezeigt hätten – auch heben könnten. Außerdem entstünden durch neue Technologien viele Dinge, die man sich bisher nicht vorstellen konnte, etwa Pick by Vision, Datenbrillen und andere Visionen. „Wir sehen in Datenbrillen einen großen Zukunftsmarkt, Stichwort „Augmented Reality“ in der Fertigungsindustrie“, so Neumeyer.

GEMISCHTE REAKTIONEN
ProAlpha hat auf dem Kundentag im November 2014 erst einmal grundsätzlich vorgeführt, was mit Datenbrillen allgemein und auch unabhängig vom Betriebssystem möglich ist. Das Feedback der Kunden zur Datenbrille sei dabei sehr vielschichtig gewesen, berichtet Neumeyer: von „super cool“ bis zur Aussage „das werden wir nie tun“.

Nichtsdestotrotz geht der proAlpha-Manager davon aus, dass Datenbrillen im Lager- und Produktionsumfeld die Scanner-Technik auf Dauer ablösen werden. So könne man mit ihnen die Fehlerquoten reduzieren, Regalplätze exakt anfahren oder – beispielsweise mit der Microsoft-Brille Holo Lens – Augmented-Reality-Szenarien nutzen.

Nach der Produktion kann sich Neumeyer den Service und Feldaußendienst als weitere Anwendungsgebiete vorstellen: „Wir haben viele Anlagenbauer als Kunden“, erklärte er. Diese könnten sich dann in der Anlage partiell virtuell bewegen. Das sei enorm hilfreich, etwa wenn bestimmte Teile rot markiert sind, an denen man besser nicht herumschrauben sollte.

Obwohl Neumeyer aktuell noch kein großes Vermarktungspotenzial sieht, will proAlpha in den nächsten drei Jahren ein Portfolio von Apps vorweisen, die standardmäßig Datenbrillen ansteuern. „Es geht uns primär darum, mit solchen Technologien unsere Innovationsfähigkeit und Zukunftssicherheit zu demonstrieren“, erklärt der proAlpha-Chef, „um dadurch neue Kunden zu gewinnen. Unsere Rolle als ERP-Anbieter ist es, solche Technologien für den breiten Markt zugänglich und beherrschbar, beziehungsweise greifbar zu machen.“ Bei den Entwicklungskosten komme proAlpha der Umstand zu Hilfe, dass der Markt ein Stück weit von anderen, größeren Anbietern vorbereitet werde. Dies erhöhe die Affinität zu dem Thema, so dass man seine Prozesse auch noch einmal streamlinen könne, so Neumeyer.

KLASSISCHE SCANNER UND LAGERLÖSUNGEN IM FOKUS
Neumeyer räumt allerdings ein, dass es bislang von der Kundenseite noch eine gewisse Skepsis und Diskussionen rund um die Themen Datensicherheit, Datenschutz und Privatsphäre gebe. Außerdem interessierten sich die meisten Kunden heute erst einmal für Lagerlösungen, klassische Scanner-Handys und für Lösungen für den Außendienst und Vertrieb. Ein weiteres Thema seien plattformunabhängige, Android-fähige Scanner, da kein großes Vertrauen mehr in die Zukunft von Windows CE herrsche.

Aus Sicht von proAlpha ist der technische Sprung vom Scanner zur Datenbrille dank Designprinzipien wie Responsive Design in der Regel allerdings nicht mehr groß. Schwieriger werde es, wenn in den Apps gerätespezifische Funktionen angesprochen werden sollen. Um diese gängig zu machen, würden Zusatztechnologien zu HTML 5 und wiederum Technologiepartner benötigt, erklärt Neumeyer. Um Partnern einen Anreiz zu bieten und ein kommerzielles Interesse zu wecken, müsse proAlpha aber erst einmal mit einer breiteren Anzahl von Szenarien und Use-Cases in Vorleistung gehen.

PILOTPROJEKT
Aktuell betreibt die ERP-Schmiede zum Thema Datenbrillen ein Pilotprojekt mit Anlagenbauern. Dort würden täglich zigtausende von Teilen blindlings bewegt, beschreibt Neumeyer die Ausgangssituation. Die Firmen würden die Teile zwar nur einmal beim Wareneingang verbuchen, hätten danach aber keine Ahnung, wo sie sich im Lager befinden. Schuld daran sei der hohe Aufwand, stationär oder auch papierbasiert Umbuchungen über ihr ERP-System zu veranlassen. „Solche Unternehmen warten schon auf diese Technologien und werden das jetzt nutzen“, erklärt der proAlpha-CEO. „Unsere Aufgabe für Mittelständler lautet deshalb: Wir müssen zeigen, dass diese Technologien zwar nicht ganz neu sind, jetzt aber für den breiten Markt beherrschbar gemacht werden können.“

* Manfred Bremmer ist Redakteur der deutschen Computerwoche.


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