Projekt IMPEx: Grazer Forscher arbeiten an „Daten-Dolmetscher“ für Weltraum-Missionen

Einem Konsortium aus europäischen Wissenschaftlern ist es gelungen, eine gemeinsame Informationsdrehscheibe zu entwickeln, um Daten aus verschiedenen Weltraummissionen vergleichbar zu machen. Eine Aufgabe, die bislang durch unterschiedliche Datenverarbeitungsstandards einzelner Missionen erheblich erschwert wurde. So ist es nun möglich, Messdaten mit Daten, die aus theoretischen Modellen gewonnen wurden, zu vergleichen – unabhängig von den verwendeten Datenprotokollen. Das neu entwickelte System mit dem Namen IMPEx (Integrated Medium for Planetary Exploration) hilft Wissenschaftlern, komplexe Messdaten besser zu verstehen, Lücken in den Messungen mit Simulationsdaten aufzufüllen und Simulationen besser mit tatsächlichen Beobachtungen zu vergleichen. Erste Anwendungen erlauben detaillierte Vergleiche von Daten der Weltraummissionen Venus Express (ESA) und Messenger (NASA) mit bereits existierenden Modellen. Auch für die berühmte Rosetta-Mission werden in naher Zukunft Vergleiche zwischen Simulations- und Messdaten möglich sein. [...]

Aufgrund der enormen Komplexität von Weltraummissionen kommen bei deren Instrumenten und Geräten meist Einzelanfertigungen zum Einsatz. Auch die Datenerfassung und Auswertung folgt in der Regel den proprietären Standards der jeweiligen Mission. Der Nachteil: Austausch und Vergleich von Messdaten zwischen verschiedenen Missionen und den meist von Dritt-Instituten entwickelten theoretischen Modellen sind praktisch unmöglich. Doch es gibt bereits eine Anzahl an Initiativen, die versuchen, diese Diversität zu überbrücken, indem sie Standards für bestimmte Bereiche der Physik definieren. Das EU-Konsortium IMPEx leistet hier einen signifikanten Beitrag im Hinblick auf modellierte Daten durch die Erweiterung des Datenmodells SPASE (Space Physics Archive Search and Extract). Das Projektteam konnte durch die Einführung des IMPEx-Portals, dem Benutzer-front-end des IMPEx-Protokolls, einen gebündelten Zugang zu einer Sammlung an Funktionalitäten und Werkzeugen bereitstellen, um die Arbeit mit verschiedensten Mess- und Modellierungsdaten aus dem Bereich der Plasmaphysik zu ermöglichen.

WERKZEUGKISTE FÜR WELTRAUMFORSCHER
Projekt-Koordinator und Senior-Wissenschaftler Dr. Maxim Khodachenko vom Institut für Weltraumforschung (IWF, Graz) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften kommentiert diesen Erfolg folgendermaßen: „Das IMPEx-Portal bietet Werkzeuge für die Visualisierung und Analyse von Datensätzen verschiedener Weltraummissionen. Zusätzlich sind mehrere Simulations-Datenbanken in das System integriert.“ Und in der Tat, die Möglichkeiten des IMPEx-Portals sind beeindruckend. So bietet es Zugriff auf eine Vielzahl an Messdaten sowie Simulationsläufen des Magnetfeldes und der Plasmaumgebung verschiedener Monde und Kometen des Sonnensystems, die auch Ziele mehrerer vergangener, aktueller und zukünftiger europäischer und internationaler Weltraummissionen waren und sind. Internetdienste (engl. web services), die vom Modellierungssektor von IMPEx unterstützt werden, erlauben die Reproduktion der Magnetfelder sowie der Plasmaumgebungen verschiedener Planeten. Jederzeit abrufbar und zum Teil sogar in Echtzeit.

Ausgangspunkt für die Datenverarbeitung im IMPEx-Portal ist das Tool CDPP-AMDA (Automated Multi-Dataset Analysis). AMDA ermöglicht eine effektive Verarbeitung von Daten durch Zugriff auf einfach zu benutzende Funktionen zur Datenauswertung. Die web-basierte Applikation ist auf die Analyse und Visualisierung von Mess- und Simulationsdaten spezialisiert – der Schwerpunkt liegt dabei auf Weltraumplasmaphysik. Ein weiteres Werkzeug mit Zugriff auf IMPEx ist CDPP 3DView. Mit seinen umfangreichen Funktionen im Bereich der 3D-Visualisierung erlaubt es die Darstellung von Raumschiff-Trajektorien und Planetenbewegungen sowie die wissenschaftliche Repräsentation von Mess- und Simulationsdaten. Tatsächlich sind alle IMPEx-Datenbanken auch direkt in 3DView verfügbar, wodurch eine interaktive Kombination aus Raumschiff-Orbits und entsprechender Messungen vor Ort möglich wird.


Mehr Artikel

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

News

KI ist das neue Lernfach für uns alle

Die Mystifizierung künstlicher Intelligenz treibt mitunter seltsame Blüten. Dabei ist sie weder der Motor einer schönen neuen Welt, noch eine apokalyptische Gefahr. Sie ist schlicht und einfach eine neue, wenn auch höchst anspruchsvolle Technologie, mit der wir alle lernen müssen, sinnvoll umzugehen. Und dafür sind wir selbst verantwortlich. […]

Case-Study

Erfolgreiche Migration auf SAP S/4HANA

Energieschub für die IT-Infrastruktur von Burgenland Energie: Der Energieversorger hat zusammen mit Tietoevry Austria die erste Phase des Umstieges auf SAP S/4HANA abgeschlossen. Das burgenländische Green-Tech-Unternehmen profitiert nun von optimierten Finanz-, Logistik- und HR-Prozessen und schafft damit die Basis für die zukünftige Entflechtung von Energiebereitstellung und Netzbetrieb. […]

FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02
Interview

Krankenanstalten im Jahr 2030

Um sich schon heute auf die Herausforderungen in fünf Jahren vorbereiten zu können, hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) die Strategie 2030 formuliert. transform! sprach mit Michael Georg Grasser, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*