EU-Forscher arbeiten derzeit an der Entwicklung einer neuen, Cloud-basierenden Breitbandinfrastruktur, die Benutzern mit besonderen Bedürfnissen den Zugang zum Internet erleichtern soll. Dank dieses neuen "Netzwerks" sollen Personen, denen IKT bis dato verwehrt blieben, Unterstützung bei der Nutzung dieser Technologien erhalten. Zudem soll ihr Feedback in die Entwicklung neuer Apps und Services einfließen. [...]
Viele Menschen, darunter Senioren, Menschen mit Behinderung, Blinde und sehbehinderte Personen, fühlen sich aus der Welt der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ausgeschlossen, weil sie Schwierigkeiten haben, diese zu nutzen. Anderen ist diese Technologie schlicht zu kompliziert, und standardmäßige Benutzeroberflächen verwirren sie. Die EU unterstützt sogenannte „E-Inklusions“-Projekte, die auch diesen Personengruppen den Zugang zu IKT ermöglichen möchten – sei es um online einzukaufen, sich auf einen Arbeitsplatz zu bewerben oder um Rat zu suchen.
PROSPERITY4ALL, ein Projekt mit einer Laufzeit von vier Jahren, das 2018 beendet sein wird, ist ein Folgeprojekt von CLOUD4ALL. Im Rahmen dieses Projekts war ein Verwaltungstool für Einstellungsprofile für Personen mit besonderen Bedürfnissen entwickelt worden, dank dem sie Computer, Tablets und Smartphones nun automatisch konfigurieren und somit einfacher bedienen können.
Ziel des PROSPERITY4ALL-Projekts ist es nun, die zugrunde liegende technische Infrastruktur zu entwickeln, die dieser Benutzergruppe den Zugriff auf assistive Technologien und Services ermöglicht. Dazu wurden Entwickler von Software und IT-Komponenten mit der gemeinsamen Entwicklung innovativer Lösungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen betraut. „Wir haben das Projekt ‚Wohlstand für alle‘ genannt, weil auch die verschiedenen Interessensvertreter, die die einfacher zugänglichen Technologien anbieten, von der Entwicklung dieses technischen und sozialen Netzwerks profitieren“, so Projektkoordinator Matthias Peissner vom Fraunhofer Institut.
NETZWERK FÜR BENUTZER UND ENTWICKLER
Mit CLOUD4ALL konnten Benutzer ihre gängigen Einstellungen in einem Profil festhalten und in Form eines „Schlüssels“ in der Cloud speichern. In diesem sind bevorzugte Voreinstellungen gespeichert, beispielsweise in puncto Bildschirmfarben, Schriftgröße und -art, die für die benutzerdefinierte Anzeige von Informationen sorgen. Mit diesem „Schlüssel“ können sie von jedem Ort – sei es in einer öffentlichen Bücherei, einem Museum oder zu Hause – auf jedes kompatible Gerät zugreifen und die Informationen auf benutzerdefinierte Weise anzeigen. Zudem „umfasst“ der „Schlüssel“ ein Tool zur Sprachausgabe, das Blinden den Zugriff auf schriftlich veröffentlichte Informationen und das Abspielen dieser in der von ihnen bevorzugten Geschwindigkeit, Sprache und Stimme ermöglicht.
Das Ziel des PROSPERITY4ALL-Projekts, die Verbreitung dieser Art von Technologie, soll mithilfe drei miteinander verknüpfter Plattformen erreicht werden: Eine davon ist „Unified Listing“, ein durchsuchbarer Online-Katalog, in dem Benutzer mit besonderen Bedürfnissen eine große Auswahl an verschiedenen assistiven Produkten und Services finden. Eine weitere ist „The DeveloperSpace“, ein gemeinsames Portal für Software- und Produktentwickler, das ihnen Zugang zu zahlreichen Ressourcen – von herkömmlichen Programmierschnittstellen (APIs) bis hin zu Leitfäden zu den Standards für Komponenten – und Möglichkeiten für Crowdsourcing bietet. Und schließlich „The OpenMarketplace“, eine kommerzielle Plattform, auf der Lösungen international angeboten werden können.
Ein weiteres Ziel des Projekts ist es, einen nachfragegesteuerten Markt für assistive Technologien zu schaffen. Dazu untersuchen Forscher Mechanismen, dank der Benutzer Entwicklern Feedback dazu geben können, welche Funktionen die besten sind und welche ihnen fehlen. Auf Basis dieser Informationen können anschließend Unternehmen dazu motiviert werden, neue Lösungen zu entwickeln, die das Leben der Benutzer einfacher machen. Die Forscher möchten darüber hinaus „Assistance on Demand“-Services für bedarfsbasierte Unterstützung einrichten, sodass schutzbedürftige Personen Verwandte oder Pflegekräfte über ihre Geräte um Hilfe bitten können, sollten sie beispielweise gestürzt sein oder sich verlaufen haben.
Das Projekt ist dem Projekt Global Public Inclusive Infrastructure (GPII) untergeordnet, einer größer angelegten internationalen Initiative, an der mehr als 60 Wissenschafts-, Branchen- und Nichtregierungsorganisationen beteiligt sind, die weltweit an verschiedenen E-Inklusions-Projekten arbeiten. „PROSPERITY4ALL könnte man als den Beitrag Europas zu der größeren globalen Initiative bezeichnen, die erreichen möchte, dass die gesamte Weltbevölkerung zumindest auf irgendeine Art und Weise direkten Zugang zu Technologie, Geräten, Services und dem Internet hat“, so Matthias Peissner.
An PROSPERITY4ALL, das im Rahmen des RP7 mit 7,7 Mio. Euro bezuschusst wird, sind 24 Partner aus 13 Ländern beteiligt. Dazu zählen Endbenutzergruppen, Forschungsinstitute, Entwickler und Technologieanbieter. (pi)
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